Brasilien zieht Zölle auf E-Auto-Bausätze vor
Geplant war der Schritt ursprünglich erst für Juli 2028. Derzeit werden sie laut Angaben der Regierung mit einer Abgabe von 14 Prozent belegt. „Durch die Vorverlegung des Zeitplans möchte Gecex seine Tarifpolitik an die in den kommenden Jahren im Automobilsektor des Landes erwarteten Investitionen anpassen, den Verbrauchern neue Technologien zugänglich machen und die nationale Produktionskette zunehmend stärken“, heißt es in der Mitteilung des Gremiums.
Andererseits genehmigte Gecex-Camex eine zusätzliche zollfreie Quote im Wert von 463 Millionen US-Dollar für CKD- und SKD-Importe, die für sechs Monate gültig ist. BYD hatte Anfang des Jahres eine vorübergehende Senkung der Zölle auf CKD- und SKD-Teile beantragt, was zu heftigen Reaktionen von Autoherstellern wie Toyota, Volkswagen, General Motors und Stellantis führte. In einem Brief an den brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva hatten die vier Autobauer Anfang Juli davor gewarnt, dass der Schritt Investitionen in dem Land gefährden könne. Das wiederum hat BYD dazu veranlasst, in einer Stellungnahme noch vor der Entscheidung von Gecex-Camex die anderen Autobauer als „Dinosaurier“ zu bezeichnen, die „gerade einen Meteor am Himmel gesehen haben“ – als Metapher dafür, dass sie kurz vor dem Aussterben stehen.
Der Stein des Anstoßes: Die etablierten Autobauer verfügen über vollständige Fahrzeugwerke in Brasilien, also inklusive Karosseriefertigung. Sie haben in diese Werke investiert und beschäftigen dort viele Menschen. Bei BYD hingegen handelt es sich nur um eine Fahrzeugmontage: Die Teile werden nicht in Brasilien hergestellt, sondern in chinesischen BYD-Werken – und in Brasilien nur zusammengebaut.
Bei diesen Bausätzen wird in der Industrie zwischen SKD und CKD unterschieden – „Semi Knocked Down“ und „Completely Knocked Down“. Bei dieser Methode werden die Fahrzeuge nach der Produktion in einem Werk wieder teilweise oder komplett zerlegt, um das Fahrzeug dann in Teilen in das Importland zu transportieren und dort wieder zu montieren – SKD und CKD unterscheiden sich dabei im Zerlegungsgrad. Diese Methoden kommen zum Einsatz, wenn die Einfuhr von Fahrzeugteilen aufgrund der Zölle deutlich günstiger ist als von ganzen Fahrzeugen.
Hiervon will BYD in Brasilien profitieren. Seit Anfang Juli läuft die Montage in dem Fahrzeugwerg, das BYD auf dem ehemaligen Ford-Industriegelände in Camaçari errichtet hat – angekündigt wurde der Komplex, der auch eine Produktion von Fahrgestellen für Busse und Lkw sowie eine Lithium-Verarbeitung umfassen soll, im Jahr 2023. Der Pkw-Teil des ersten BYD-Werks außerhalb Asiens ist auf 150.000 Fahrzeuge ausgelegt. Das erste Modell, das in BYDs neuem Fahrzeugwerk in Brasilien produziert wird, ist der rein elektrische Seagull, der vor Ort Dolphin Mini heißt und in Europa als Dolphin Surf vermarktet wird. Weitere Modelle, die in Bahia gefertigt werden sollen, sind die beiden Plug-in-Hybride Song Pro und Chaser 05.
Aber: Mit den um anderthalb Jahren vorgezogenen Zöllen von 35 Prozent auf den Import von SKD- und CKD-Kits könnte BYD gezwungen sein, das Geschäftsmodell zu überdenken und doch eine vollständige Fahrzeugfertigung in Brasilien zu etablieren. Die zollfreie Quote hilft vorerst, später wird das Modell aber eher unattraktiv.
reuters.com, gov.br (Mitteilung auf Portugiesisch)
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