Polestars China-Geschäft steht auf der Kippe

Polestars Verkaufsaktivitäten sind in China fast gänzlich zum Stillstand gekommen. Laut Medienberichten hat Polestar den Online-Vertrieb eingestellt und in ganz China nur noch eine Direktverkaufsfiliale in Betrieb. Im April und Mai soll die Geely-Marke vor Ort kein einziges Auto abgesetzt haben.

polestar 4 tesla supercharger china 2024 01
Bild: Polestar

Wie CarNewsChina berichtet, verkaufte Polestar im ersten Halbjahr 2025 nur noch 69 Fahrzeuge in China – teils wegen mangelnder Nachfrage, teils aber auch wegen bereits eingestellter und zurückgefahrener Aktivitäten. So unterhält Polestar laut verschiedenen Medienberichten nur noch eine Verkaufspräsenz in Shanghai. Parallel hat die chinesisch-schwedische Marke den Online-Vertrieb eingestellt und gewährt Probefahrten nur noch nach telefonischer Vereinbarung. Während das Portal CarNewsChina unter Berufung auf das chinesische Medium NBD Auto dies für Anzeichen eines für den Jahreswechsel geplanten, vollständigen Rückzugs aus China wertet, schreibt die Nachrichtenagentur Yicai, dass Polestar lediglich seinen Vertrieb umstelle, in China aber wieder Fahrt aufnehmen wolle.

Anlässlich der Auflösung des Joint Ventures im April zitierte Yicai den Autobauer noch wie folgt: „Die Parteien beenden das Joint Venture aufgrund einer Änderung des Marktfokus und der Strategie. Polestar wird sich weiterhin voll und ganz dem chinesischen Markt widmen und seine langfristige Strategie für Wachstum und Innovation weiterverfolgen und gleichzeitig seine Position als Premiummarke in China schützen.“

Fakt ist, dass Polestar in China handeln muss, denn die Verkaufszahlen sind erschreckend niedrig. Bereits im April stellte Polestar den Betrieb seines erst 2023 gegründeten Joint Venture („Polestar Times Technology China Co.“) mit Star Meizu ein, das zuvor für das Fahrzeugdesign, Forschung und Entwicklung, Softwareentwicklung und eben auch für den Vertrieb verantwortlich war. Kürzlich verließ zudem Polestars China-CEO Wu Huijing das Unternehmen und wurde durch Hu Shiwen als Rechtsvertreter der Polestar Automobile Sales Co. Ltd. ersetzt.

Das auf der Kippe stehende China-Geschäft steht dabei im krassen Gegensatz zu Polestars Performance in den anderen Weltregionen. Denn umgeachtet des Stillstands in China erreichte die Geely-Marke im ersten Halbjahr global einen Absatz von 30.300 Fahrzeugen, was einer Steigerung von 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Gründe für die andernorts positive Entwicklung sind u.a. eine wachsende Modellpalette und neue Märkte – etwa Frankreich. Außerdem werden Polestars Autos seit Februar nicht mehr nur online, sondern auch über das Volvo-Händlernetz vertrieben.

China ist für Polestar unterdessen nicht nur Absatzmarkt, sondern auch Heimatmarkt und Produktionsort in einem. Als ehemalige Tochter der schwedischen Automarke Volvo Cars, die wiederum schon seit 2010 zum chinesischen Geely-Konzern gehört, hat Polestar zwar genauso wie Volvo Cars seinen Hauptsitz im schwedischen Göteborg. Doch die meisten Polestar-Fahrzeuge werden in China gefertigt und auch sonst ist der chinesische Einfluss sehr groß: Erst im Juni stellte PSD Investment Limited, ein Großinvestor der Geely Holding Group unter der Kontrolle von Chairman Li Shufu, Polestar eine Finanzspritze in Höhe von 200 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Durch diese Transaktion erhöhte sich Li Shufus Anteil an Polestar auf 66 Prozent.

Damit hat sich die dominierende Rolle von Geely bei Polestar weiter zementiert. Die Volvo Cars Group, die zu 79 Prozent zu Geely gehört und einst maßgeblich an Polestar beteiligt war, reduzierte im Juni gleichzeitig ihren Anteil an Polestar auf 16  Prozent (zuvor 18  Prozent). Unterm Strich heißt das zugleich, dass Polestar inkl. der Volvo-Anteile zu rund 80 Prozent zu Li Shufus Imperium gehört. Wir erinnern uns: Volvo Cars hatte bereits 2024 seine Beteiligung an Polestar von 48 auf 18 Prozent reduziert und die Anteile an seine Aktionäre weitergereicht – und damit vor allem an den Volvo-Großaktionär Geely. Erst durch diesen Schritt wurde Polestar zu einem unabhängigen Mitglied der Geely-Gruppe, denn zuvor hatte Geely keine direkte Beteiligung an Polestar gehalten.

Klar ist: Die 200 Millionen US-Dollar Kapitalerhöhung hatte Polestar im Juni bitter nötig, denn das Unternehmen ist hoch verschuldet. Immer neues Geld pumpt die Marke vor allem in die Erweiterung seiner Produktpalette: Die angekündigten Modellneuheiten – darunter der Polestar 5 (ein viertüriges GT-Modell) und der Polestar 6 Roadster – erfordern immense Investitionen in Entwicklung, Fertigung und Markteinführung. Ab 2026 soll mit dem Polestar 7 zudem ein kompaktes SUV-Modell in Europa produziert werden – konkret in der Slowakei.

carnewschina.com, yicaiglobal.com

0 Kommentare

zu „Polestars China-Geschäft steht auf der Kippe“

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert