Unbeirrter Kurs: Freiburgs Mission zu 100% E-Bussen soll 2030 erfüllt sein

Während in Hamburg und Berlin ambitionierte E-Bus-Pläne einkassiert wurden, hält Freiburg an seinem Ziel einer 100-prozentigen Elektrobus-Flotte bis 2030 fest. Zwar ist Freiburg kleiner, die 230.000-Einwohner-Stadt im Breisgau hat aber immerhin 83 Busse im Betrieb. Und fährt dank den neuesten XXL-Stromern nun bereits stets am Wochenende gänzlich elektrisch.

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Bild: VAG Freiburg/Anja Thölking

Die Freiburger Verkehrs AG (VAG) hat sich den klimaneutralen Linienbetrieb bis 2030 auf die Fahnen geschrieben. Und liegt im Zeitplan. Ganz frisch sind 22 neue E-Gelenkbusse des Typs Mercedes-Benz eCitaro G mit Platz für bis zu 147 Fahrgäste angekommen. Gleichzeitig hat der kommunale ÖPNV-Betreiber einen zweiten E-Bus-Port in Betrieb genommen, um die Fahrzeuge zu laden. Und weitere Schritte folgen: Die europaweite Ausschreibung für zusätzliche 25 Elektrobusse ist laut den Verantwortlichen in Vorbereitung und soll 2026 veröffentlicht werden. Zusätzlich wird weitere Ladeinfrastruktur aufgebaut. Erste Förderanträge bei Bund und Land sind bereits gestellt.

„Wir sind optimistisch, unser Ziel zu erreichen und bis 2030 einen vollständig klimaneutralen Linienverkehr zu betreiben“, bekräftigt Oliver Benz, Vorstand der VAG. Mit den neuen E-Bussen werde man bald an den Wochenenden rein elektrisch unterwegs sein. Und: Zu den Hauptverkehrszeiten benötigt die VAG an Werktagen rund 65 Busse. Davon fahren nun bereits zwei Drittel elektrisch. „Grundsätzlich gilt: Wann immer möglich, wird ein E-Bus einem Dieselbus für den Einsatz im Linienverkehr bevorzugt“, so Benz.

Kurz zu den Anfängen: Nach wissenschaftlichen Voruntersuchungen begann die Freiburger Verkehrs AG 2018, erste Ladetechnik aufzubauen und die ersten zwei E-Busse zu bestellen – sie fahren noch heute. Im Februar 2020 startete dann die Pilotlinie 27 (Europaplatz – Herdern), mit der die Freiburger wichtige Elektrifizierungs-Erfahrungen sammelten. „In dieser Zeit spielten sich die Betriebsabläufe ein und wurden kleinere Probleme beseitigt“, erinnern sich die Verantwortlichen. Den nächsten großen Schritt unternahm die VAG 2022 mit der Eröffnung von vier neuen E-Bus-Linien: die Linie 11 (Haid-St. Georgen – Hauptbahnhof), die Linie 14 (Haid – Am Kirchacker – Hauptbahnhof), die Linie 19 (Paduaallee – Lehen) und die Linie 24 (Haid – Rieselfeld – Gundelfingen).

2023 beschloss der Freiburger Gemeinderat dann einen Klima-Mobilitätsplan, der unter anderem die Umstellung der gesamten VAG-Busflotte auf elektrischen Antrieb vorsieht. Auf dieser Basis wuchs die Busflotte weiter – auf nunmehr 45 Einheiten. Inzwischen fahren drei Generationen von E-Bussen durch Freiburg. Die ersten Busse stammen vom polnischen Hersteller Solaris, die neusten von Daimler Buses. Wurden die XXL-Stromer lange nur auf besagten ausgewählten Linien eingesetzt, werden sie ab dem Fahrplanwechsel 2025/26 im Dezember auf allen Linien unterwegs sein. „Dieselbusse werden dann überwiegend im Schulverkehr und von Fremdunternehmen eingesetzt“, heißt es aus der VAG-Zentrale.

Geladen werden die Busse nachts auf dem Betriebshof im Gewerbegebiet Haid im Stadtteil Sankt Georgen – und zwar mit 80 kW. Tagsüber erhalten sie während des Betriebs an Gelegenheitsladern Stromnachschub. Diese stehen an mehreren Endhaltestellen (einer am Europaplatz, sechs in der Munzinger Straße und einer in der Paduaallee) und bieten bis zu 300 kW Leistung, sodass sich die Akkus in zehn Minuten um bis zu 40 Prozent füllen, wie die Freiburger ausführen. Dabei fließt reiner Ökostrom, teils auch aus regionaler Windenergie vom Taubenkopf. Auf dem Berg im Schwarzwald thronen auf 800 Metern Höhe zwei große Windkraftanlagen.

Im Depot haben die Verantwortlichen unterdessen dieses Jahr mit einem zweiten Elektrobus-Port mehr Ladekapazitäten geschaffen. Der erste Port ging im August 2022 mit sieben Busspuren und insgesamt 34 Stellplätzen ans Netz. Der zweite Port bietet nun sechs Busspuren und 24 Ladepunkte. Er misst 85 x 25 x 7 Meter und ist seit September in Betrieb.

An einem angrenzenden Technikgebäude sind zudem die Transformatoren und die Ladezentrale untergebracht. Dort sollen nach Willen der VAG künftig auch ausgemusterte Batterien als Energiespeicher Platz finden. „Das Prinzip: Tagsüber, wenn die Busse im Liniennetz unterwegs sind, sollen diese ausgemusterten Akkus über die Photovoltaik-Anlage auf unseren Dächern geladen werden. Mit dem so gespeicherten Strom werden die E-Busse dann nachts mitbetankt“, schildern die Fachleute der VAG.

Parallel werden weitere Gelegenheitslader in der Stadt installiert. Zu den acht Einheiten an den drei erwähnten Standorten werden sich drei in der Bissierstraße, zwei in der Gundelfinger Straße und je einer an der Talstation der Schauinslandbahn, am Moosweiher und am Betriebshof West gesellen. Außerdem wird neben dem bestehenden Lader ein weiteres Exemplar in der Paduaallee installiert. Insgesamt sind also 16 Schnelllader im Netz und einer am Betriebshof geplant.

Klar ist dabei: Die pure Beschaffung von E-Bussen und Ladeinfrastruktur bedeutet noch keinen gelungenen Umstieg. Die E-Mobilität verändere den gesamten Betriebsablauf und erfordere umfassendes Know-how, betonen die VAG-Verantwortlichen. Ein Projektteam aus allen Fachbereichen – von Fahrplanung und Werkstatt bis zu den Finanzen – koordiniert deshalb die Umstellung.

„Bei der Planung von Strecken und Diensten muss etwa berücksichtigt werden, wie lange die Akkus der Busse halten und wo gegebenenfalls nachgeladen werden kann“, führt Maximilian Grasser, bei der VAG stellvertretender Leiter der Angebotsplanung, aus. Den Akkustand der Busse überwacht dabei die Leitstelle ebenso wie die Fahrer – und das ist auch nötig: „Trotz intensiver Planung kann die Akkukapazität witterungsbedingt stark schwanken. Zudem haben die unterschiedlichen E-Bus-Generationen unterschiedliche Batteriekapazitäten, da sich diese in den vergangenen Jahren enorm gesteigert haben“, so Grasser. „Je mehr Erfahrung wir haben, desto besser können wir die Akkukapazitäten bereits bei der Planung berücksichtigen.“

Auch Werkstätten müssen angepasst werden

Und: Mit der Umstellung verändern sich auch die Werkstatt-Anforderungen: So finden viele Reparaturen nicht mehr unter dem Bus, sondern auf dem Dach statt. Batterien und Kühlsysteme erfordern ergo spezielle Arbeitsstände. Bisher verfügt die VAG aber nur über einen Dacharbeitsstand. In den kommenden Jahren sollen nun weitere hinzukommen. „Die Motoren von Elektrobussen sind vergleichsweise wartungsarm. Dafür rücken Hochvolttechnik, komplexe Kühlsysteme und Softwarethemen in den Mittelpunkt. Die Komplexität in der Bus-Werkstatt hat zugenommen“, vergegenwärtigt VAG-Werkstattleiter Michael Zausch. „Wir bedienen zwei unterschiedliche Antriebssysteme und inzwischen drei Generationen von Batteriesystemen.“

Schließlich hat der Antriebswechsel auch Folgen für die Infrastruktur: Dieseltankstellen auf dem Betriebshof werden den Verantwortlichen zufolge „perspektivisch überflüssig und deshalb komplett durch elektrische Ladetechnik ersetzt“. Die Gesamtinvestitionen für die Umstellung auf E-Busse beziffert das Unternehmen für den Zeitraum von 2023 bis 2030 auf rund 59 Millionen Euro. Davon entfallen 44 Millionen Euro auf die Beschaffung der Busse und 15 Millionen Euro auf die neue Infrastruktur.

Dabei kann die VAG aber auf üppige Förderungen setzen: Das Großprojekt wird vom Bundesverkehrsministerium im Rahmen der „Richtlinie zur Förderung von Bussen im Personenverkehr“ mit insgesamt 7,2 Millionen Euro bezuschusst. Das Landesverkehrsministerium Baden-Württemberg fördert die Ladeinfrastruktur über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bis dato mit 12,2 Millionen Euro und die Stadt Freiburg unterstützt die Umstellung auf E-Mobilität ihrerseits mit 23,4 Millionen Euro, von denen acht Millionen Euro aus dem Zukunftsfond Klimaschutz stammen. Insgesamt belaufen sich die Förderungen auf allen Ebenen nach aktuellem Stand also auf 42,8 Millionen Euro (2023-2030).

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