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Bild: Renault Trucks
HintergrundNutzfahrzeug

Weltpremiere: Renault Trucks enthüllt E-Tech T 780 mit 600 km Reichweite

Die Konzernschwestern Renault Trucks und Volvo Trucks schicken sich an, ins Segment der elektrischen Fernstrecken-Lkw vorzustoßen. Ihr neues Flaggschiff teilt sich dabei wie üblich einen Technik-Baukasten. Statt der Schweden haben nun aber überraschend die Franzosen zuerst das Tuch vom neuen XXL-Stromer gezogen. Wir waren dabei – und haben alle Details parat.

Renault Truck hat’s getan – und den E-Tech T 780 samt seinem Ableger E-Tech T 585 enthüllt. Das sind zwar namentlich neue Mitglieder der E-Tech-T-Familie, das Duo hat aber mit dem bestehenden E-Tech T des Unternehmens kaum mehr etwas gemeinsam. Es handelt sich um zwei Varianten eines vollständig neu auf die Räder gestellten Fahrzeugs. Und auf diesem Modell ruhen nun große Teile der eMobility-Hoffnungen der gesamten Volvo Group, zu der Renault Trucks gehört.

Dazu folgende Einordnung: Seit vergangenem Jahr wissen wir, dass die Entwickler bei der Volvo Group einen neuen E-Lkw für die Fernstrecke feinschleifen. Abseits der Öffentlichkeit arbeitet die Gruppe schon seit etwa 2021 an dem Modell. Mit den ersten Ankündigungen zu dem Neuling tat sich in den vergangenen Monaten allerdings eher Volvo Trucks hervor (dort wird das Modell die neue Topvariante der FH-Electric-Baureihe). Nun ist es aber Konzernschwester Renault Trucks, die das Aushängeschild als neue Langstrecken-Version des E-Tech T als erstes ins Rampenlicht rückt – und zwar auf der Heimmesse Solutrans in Lyon. Dort ist er noch bis zum 22. November als Sattelzugmaschine mit der Achskonfiguration 6×2 zu sehen. Die Bezeichnung 780 und 585 in dem Namen steht dabei für die Batteriekapazität: Der E-Tech T 780 beherbergt acht Batteriepacks à 97,5 kWh, was sich zu 780 kWh brutto summiert. Der E-Tech T 585 lässt zwei Packs weg, kommt so auf 585 kWh brutto und entsprechend mehr Nutzlast. Dazu gleich die Details.

Reichweite: „Garantierte 600 Kilometer“

Eine der wichtigsten Botschaften des Messedebüts: Der E-Tech T mit der Akku-Maximalbestückung schafft 600 Kilometer. „Nicht ‚bis zu‘ 600 Kilometer“, wie Christoph Walter, Director Sales von Renault Trucks Deutschland betont. „Sondern garantierte 600 Kilometer.“ Damit würde sich der E-Tech T 780 zusammen mit seinem künftigen Volvo-Schwestermodell bei der Autonomie an die Spitze des Feldes setzen. Zum Vergleich: Der Mercedes-Benz eActros 600 – auf der Fernstrecke in unseren Breiten aktuell das Maß der Dinge – wird mit 500 Kilometern Reichweite angegeben – „konservativ berechnet“, wie die Stuttgarter stets betonen. Beide Hersteller reklamieren also, dass es im Alltag über die angegeben Werte gehen kann.

Interessant ist, dass diese Reichweiten ganz unterschiedlich zustandekommen, denn bei der Batterie-Strategie könnten die Volvo Group mit ihren Töchtern Renault und Volvo Trucks auf der einen und Daimler Truck mit seiner Tochter Mercedes-Benz Trucks auf der anderen Seite kaum unterschiedlicher agieren. Während im Mercedes-Benz eActros 600 drei sehr große Batteriepacks mit Lithium-Eisenphosphat-Zellen von CATL verbaut sind und der E-Lkw so auf 621 kWh Energiegehalt brutto (und 600 kWh netto) kommt, hat Renault Trucks in sein neues Flaggschiff acht Packs mit NCA-Zellen (Nickel-Kobalt-Aluminium-Chemie) von Samsung SDI integriert. Den Energiegehalt beziffert der Hersteller auf 780 kWh brutto und 624 kWh netto.

Renault Trucks bleibt NCA-Chemie treu

Dass die Spanne zwischen Bruttowert und wirklich nutzbarer Energie bei Nickel-basierten Batteriechemien größer ausfällt als bei LFP-Zellen, ist ein bekanntes Phänomen. Renault Trucks bleibt angesichts der höheren Energiedichte nickel-basierter Batterien aber bei dieser Zellchemie. Schon der bisherige E-Tech T in 4×2-Konfiguration, den die Franzosen in überarbeiteter Form auch weiterhin als E-Tech T 540 im Sortiment führen, und alle weiteren E-Lkw des Volvo-Renault-Trucks-Konglomerats speichern ihre Energie in NCA-Batterien. Erste Ausnahme ist der ebenfalls auf der Solutrans vorgestellte 14-Tonner E-Tech D14, der 2026 erstmals auch LFP-Batterien erhält. Dies aber nur am Rande.

Widmen wir uns dem Innenleben des E-Tech T 780 respektive des E-Tech T 585: Eine zentrale Neuerung bildet die E-Achse der neuen Fernstrecken-Lkw. Sie ist eine Eigenentwicklung der Konzerngruppe und grenzt sich stark von dem bisher in der Volvo Group weit verbreiteten I-Shift-Getriebe mit drei Elektromotoren ab. Die eine Tonne wiegende E-Achse sitzt weit hinten und beherbergt das Getriebe sowie zwei E-Motoren mit einer Gesamt-Peak-Leistung von 460 kW. Durch ihren Einsatz soll Platz entstehen, um gegenüber der bisherigen E-Lkw-Palette wesentlich mehr Batteriekapazität zwischen den Achsen unterzubringen.

Zellen sind in L-förmigen Gehäusen untergebracht

Den Radstand des E-Tech T 780 geben die Franzosen denn auch mit 4, 1 Metern an, den des 585ers mit 3,6 Metern, schließlich spart sich dieser die erwähnten zwei Packs. Bei den sechs bzw. acht Batteriepaketen selbst setzt Renault Trucks nicht auf quaderförmige Einheiten, sondern hat die prismatischen NCA-Zellen in L-förmige Gehäuse gepackt. Diese sitzen an beiden Längsträgern des Sattelaufliegers und nutzen durch die L-Form auch den Platz unter der Rahmenstruktur. Die sich gegenüber liegenden Packs strecken sich quasi das kurze Bein des „L“ entgegen. Jede Batterieeinheit wiegt dabei rund 600 Kilo. Der E-Tech T 585 spart also bei der Batterie 1,2 Tonnen ein und gilt daher bei den Franzosen als „nutzlastoptimiert“. Er kommt laut Datenblatt auf 460 Kilometer Reichweite und in Deutschland auf eine Nutzlast (mit berücksichtigtem Standard-Auflieger) von 23,8 Tonnen – der 780er wird mit 22,4 Tonnen angegeben. Das Leergewicht selbst soll bei rund 12 bzw. 13,2 Tonnen liegen, wie auf der Messe zu erfahren war. In anderen Märkten – allen voran in Skandinavien – kann die Nutzlast dank üppiger gewährter Gesamtmassen aber noch höher ausfallen. Hier die Details dazu.

Was das Laden angeht, sind beide neuen E-Tech T-Varianten serienmäßig mit einem MCS-und einem CCS-Port ausgestattet, über die bis zu 720 bzw. bis zu 350 kW fließen können. Beide Anschlüsse finden sich untereinander – und zwar links auf Hüfthöhe hinter dem Fahrerhaus. AC-Laden bieten der 780er und der 585er hingegen nicht mehr. Die Ladedauer beziffert das Unternehmen beim MCS-Laden auf 40 Minuten (20 bis 80 Prozent SoC). Für das Laden per CCS-Stecker geben sie eine Stunde und zehn Minuten an.

Gebaut werden die Fernstrecken-Trucks künftig bei Renault Trucks in Bourg-en-Bresse. Und zwar zunächst ausschließlich als 6×2-Sattelzugmaschine mit lenk- und liftbarer Hinterachse. Bestellbar sind die Fernstrecken-Trucks ab sofort. Mit ersten Auslieferungen rechnet Renault Trucks für Anfang 2027 und kündigt an, auf die Batterien dann eine Garantie für bis zu acht Jahre oder eine Million Kilometer zu geben.

Wie die E-Lkw in die Produktion integriert werden

Was die Produktion angeht, betreibt Bourg-en-Bresse zwei Linien, wobei eine für klassische Lkw vorgesehen ist und die andere auch speziellere Fahrzeuge mit eher seltenen Achskonfigurationen oder E-Lkw abdeckt. Auf dieser zweiten Linie werden auch die neuen Fahrzeuge der E-Tech-T-Baureihe integriert, wobei sie zur Elektrifizierung nochmals auf eine Nebenlinie kommen.

Wichtig: Auch der bisherigen E-Tech T mit 4×2-Konfiguration läuft in Bourg-en-Bresse weiter vom Band. Er hat von Renault Trucks ein Batterie-Update erhalten und kommt künftig auf bis zu 540 kWh Brutto-Energiegehalt (dank 4 bis 6 Packs à 90 kWh). Damit verbessert sich die Reichweite von rund 300 auf bis zu 450 Kilometer. Wie auf der Messe zu hören war, beherbergt das Modell eine neue Batteriegeneration (auch NCA-Chemie), wobei die Zellen u.a. neu arrangiert wurden. Auch hier ist Samsung SDI Zulieferer. Die Packs montiert der deutsche Batteriesystemspezialist Akasol.

Bisheriger E-Tech T fokussiert auf den Verteilerverkehr

Die neue Nutzlast des E-Tech T 540 wird mit 23 bis 25 Tonnen angegeben. Und: Obwohl die Reichweite des überarbeiteten E-Lkw fast an den neuen E-Tech T 585 heranreicht, positionieren die Franzosen den E-Tech T 540 bewusst weiter im regionalen und überregionalen Verteilerverkehr. Ergo erhält er auch keinen MCS-Port, kann dafür aber weiterhin mit 43 kW AC laden. Auch beim E-Antrieb gibt es keine Änderungen, sodass die drei verbauten E-Motoren samt iShift-Getriebe weiterhin 315 kW Dauer- und 490 kW Spitzenleistung liefern.

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