Martin roemheld enbw
Bild: EnBW/Bernd Meissner
HintergrundInfrastruktur

Ex-VW-Manager Martin Roemheld wird neuer eMobility-Chef der EnBW

EnBW mobility+ bekommt einen neuen CEO: Der Schnellladeanbieter des Stromkonzerns EnBW hat Martin Roemheld engagiert, der zuvor bereits die Ladetochter des VW-Konzerns Elli gegründet hat und zuletzt als globaler Produktchef beim Ladeanbieter BP Pulse in London tätig war. Wir haben mit Roemheld über seine Pläne für EnBW mobility+ gesprochen.

Martin Roemheld ist ein echtes Urgestein der Branche und bringt zu EnBW mobility+, dem Marktführer unter den Schnellladeanbietern in Deutschland mit bereits über 8.000 Schnellladepunkten, reichlich Erfahrung mit: Seine Karriere startete er 2000 bei BMW, er arbeitete dort später beim Aufbau der Ladelösungen mit und wechselte 2018 zu Volkswagen. Bei den Wolfsburgern baute er als Head of e-Mobility Services bei Volkswagen die Lade-Dienstleistungen für die ID-Serie auf und gründete die Ladetochter Elli des VW-Konzerns. Zuletzt verantworte Roemheld die globale Transformation des Produktportfolios für Ladesysteme von BP Pulse.

Zum 1. Januar 2026 legt Martin Roemheld nun bei EnBW mobility+ los. Damit besetzt EnBW die Spitzenposition seines Ladeanbieters mit reichlich Verspätung neu. Die Leitung war zuletzt ein Jahr vakant. Jürgen Stein war Ende 2024 ausgeschieden, um sich auf seine Rolle als Chief Innovation and New Business Officer beim Mutterkonzern EnBW zu konzentrieren. In der Zwischenzeit wurde EnBW mobility+ dann vom Leadership-Team bestehend aus CCO Lars Jacobs, CFO Fabian Kneule und CTO Volker Rimpler geführt. Als neuer CEO wird Martin Roemheld künftig direkt an Dirk Güsewell, den EnBW-Vorstand für systemkritische Infrastruktur und Kunden, berichten.

Weiter voller Fokus auf High Power Charging

Zeit also zu erfahren, wie Martin Roemheld die Entwicklung des eMobility-Markts in Deutschland einschätzt und was er mit EnBW mobility+ plant: „Als Ingenieur ist man ja selten euphorisch, aber ich bin schon euphorisch, das Team kennenzulernen und beim Marktführer anzufangen“, sagte Roemheld im Gespräch mit electrive. „Was mir wichtig ist: Dass die Strategie der EnBW mobility+ zu 100 Prozent zu dem passt, wie ich glaube, dass Elektromobilität massenmarktfähig wird. Dass wir uns also zu 100 Prozent auf High Power Charging konzentrieren und ein Geschäftsmodell aufbauen, das auch ohne Förderung und zu kundenverträglichen Preisen profitabel betrieben werden kann.“

Dabei bringt Martin Roemheld die weltweite Perspektive mit: In seinem vorherigen Job bei BP Pulse in London hat er als globaler Produktchef mit einem Team zusammengearbeitet, das von Neuseeland über China und Europa bis Amerika verteilt war. Dabei hat er einiges an Insights mitgenommen, etwa zu den unterschiedlich schnellen Markthochläufen. Die Arbeit in London war für ihn ein „wichtiger Schritt aus der Automobilwirtschaft in die Energiewirtschaft, der für mich den Horizont sehr stark erweitert hat“, so Roemheld. Nun freue er sich über den Wechsel zu EnBW und damit zu einem Unternehmen, „das in der Kernwertschöpfungskette Strom, von der Erzeugung über den Transport bis zum Vertrieb, die komplette Expertise hat. Daher war dies ein persönlich und fachlich logischer nächster Schritt“, erzählt der künftige CEO von EnBW mobility+.

E-Autos müssen kompromisslos erstfahrzeugfähig sein

Warum der neue Posten so passend ist, legt auch ein Zitat aus der Vergangenheit von Martin Roemheld nahe: „Ich habe bei VW mal den Satz geprägt, das E-Fahrzeug muss kompromisslos erstfahrzeugfähig sein, was natürlich auch bedingt, dass die Infrastruktur passend zu diesem Fahrzeug dann eben ein Kundensystem bildet.“ Und an eben dieser passenden Ladeinfrastruktur will Roemheld nun bei EnBW mobility+ mitwirken.

Dabei ist Roemheld überzeugt, dass Themen wie Reichweitenangst, angeblich mangelhafte öffentliche Ladeinfrastruktur oder die Diskussion um die Verschiebung des geplanten Verbrenner-Aus „an der Realität vorbeigehen“. Er fahre bereits seit 13 Jahren E-Auto, habe aber erst seit zwei Jahren überhaupt eine heimische Wallbox – und sei vorher immer gut mit der öffentlichen Ladeinfrastruktur ausgekommen. Und die war bekanntlich früher nicht so gut ausgebaut wie heute.

Aber Roemheld ist überzeugt: Die emotionale Debatte, dass ein Auto „blubbern und Krach machen muss“, werde in immer mehr Köpfen abgelegt. Mittlerweile erlebe man es immer öfter, dass Menschen ein E-Auto kaufen, „weil E-Mobilität die günstigere Mobilität“ sei. Das sehe man an Ladekosten, aber auch Servicekosten, die massiv heruntergingen. Er hoffe auf einen Schneeballeffekt in der Bevölkerung, wenn immer mehr Menschen verstünden, dass E-Autos absolut alltagstauglich seien und die Total Cost of Ownership mindestens gleich zu einem Verbrenner, wenn nicht sogar günstiger.

Enbw ladepark chemnitz fotograf endre dulic
Ladepark in Chemnitz
Bild: EnBW/Endre Dulic

Von der angekündigten neuen E-Auto-Förderung des Bundes erhofft sich der künftige eMobility-Chef der EnBW, dass der Elektroauto-Anteil in Haushalten mit kleineren und mittleren Einkommen tatsächlich steigt. „Wenn E-Mobilität für alle Bevölkerungsschichten erreichbar ist, dann schließt sich der Kreis zur Ladeinfrastruktur der EnBW und wir können Bewohnern eines Mehrfamilienhauses ohne eigene Ladeinfrastruktur ein attraktives Ladeangebot machen.“

Roemheld geht davon aus, dass weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung in einer voll elektrifizierten Welt „ausschließlich auf das öffentliche Laden angewiesen sein wird und dass wir an der Stelle eben die Aufgabe haben, Produkte zu entwickeln, die für diese Kundengruppe attraktiver sind als der Verbrenner.“ Dabei betont er: „Überspitzt formuliert, ist für mich die Kilowattstunde kein Produkt.“ Vielmehr sei die Kilowattstunde nur „Träger von Produkten“. Schon jetzt habe die EnBW mobility+ verschiedene Abo-Modelle, die abbilden, ob ein Kunde viel zu Hause laden kann – oder eben wenig bis gar nicht. Dazu könnten schon bald weitere Produkte für verschiedene Nutzungsszenarien kommen. „Wir müssen Produkte bauen und wir müssen Produkte finden, die auch den Menschen im dritten Stock, im siebten Stock einer Mehrfamilienhaus-Siedlung überzeugen!“

„Steckerzählen“ bringt wenig

Im März hatte EnBW die Branche damit überrascht, bis 2030 anstatt der angekündigten 30.000 Schnellladepunkte nur noch „über 20.000“ in Deutschland betreiben zu wollen. Darauf angesprochen, relativiert Roemheld, dass dieses „Steckerzählen“ wenig bringe, denn die technische Entwicklung sei heute „dermaßen schnell, dass alles, was wir vor fünf Jahren diskutiert haben, völlig Makulatur ist.“ Vielmehr verändere sich das Denken schnell: Vor einigen Jahren sollten noch Mehrfamilienhaussiedlungen mit AC-Ladeinfrastruktur „gepflastert“ werden. Doch die Auslastung dieser Ladepunkte wäre so gering, dass sie einfach nicht wirtschaftlich betreibbar wäre. „Unser EnBW Hypernetz wurde in der ersten Welle mit 150 und 300 kW Ladepunkten aufgebaut. Jetzt sind wir schon bei 200 und 400 kW und wir haben auf der IAA bereits Fahrzeuge gesehen, die mit einem Megawatt laden.“

Die Anzahl von erforderlichen Ladepunkten hänge somit von verschiedenen Faktoren wie Anzahl der E-Autos, Ladeleistung, Akkugröße, Reichweite und geografischer Verteilung ab und man könne heute nicht exakt sagen, wieviele Ladepunkte man in fünf Jahren brauche. Und auch wenn es unwahrscheinlich sei, dass der für Lkw entwickelte Megawatt-Ladestandard MCS bald in den Pkw-Bereich komme, so arbeite die Branche doch bereits an deutlich höheren CCS-Ladeleistungen jenseits der bislang üblichen 400 kW: „Auf der Infrastrukturseite sind 500, 600 kW und auch Megawattlader angekündigt“, so Martin Roemheld.

Neuer Control Room soll bei Skalierung helfen

Auf die weiter steigenden Ladeleistungen ist EnBW mobility+ bereits gut vorbereitet: „Wenn die Ladeleistung hochgeht, werden sich die Ladevorgänge ja verkürzen. Das heißt, für mich ist wichtig, wie sich der Energiedurchsatz verteilt auf die Stecker, wie das Ganze physikalisch funktioniert, welche Peaks ich sehen werde.“ Um das große Ladenetz besser zu managen und Antworten auf solchen Herausforderungen zu finden, hat das Unternehmen gerade einen zentralen Control Room eingerichtet, oder anders gesagt: eine Leitstelle. Dort wird nicht nur der aktuelle Betrieb gesichert, sondern es werden auch Daten generiert. „Die gewonnenen Daten helfen uns, aus jedem Standort zu lernen und die Infrastruktur kontinuierlich zu optimieren“, erläutert Martin Roemheld.

Klar ist: Schnellere Ladezeiten werden die Auslastung der Ladepunkte beeinflussen. Zugleich ließe sich dadurch an einem Tag auch noch mehr Strom verkaufen – eine steigende Auslastung durch deutlich mehr E-Autos im Markt vorausgesetzt. Letztlich bleibt für EnBW mobility+ die Herausforderung, die Investitionen von zuletzt rund 200 Millionen Euro pro Jahr wieder einzuspielen. Und dafür will der neue CEO Martin Roemheld die richtigen Produkte entwickeln.

1 Kommentar

zu „Ex-VW-Manager Martin Roemheld wird neuer eMobility-Chef der EnBW“
Simon 1
11.12.2025 um 13:40
Er hat ja recht, AC Laden beschränkt sich mittelfristig auf den eigenen Stellplatz und den Arbeitgeber. Mit dem EnBW L Tarif war ich bei einer Urlaubsfahrt quer durch Deutschland mit einem Mittelklasse SUV bei 8,50€ pro 100 km. Mit einem Vergleichbaren 6 Zylinder wäre das etwa das doppelte gewesen. Ich habe die AC Ladestationen in den Hotel Garagen nicht mal genutzt, weil die HPC mit 39 Cent / kWh wesentlich günstiger waren. Spätestens mit den Reichweiten die mit der neuen Generation von Fahrzeugen kommt, reicht es auch im Alltag alle paar Tage mal am Supermarkt DC zu laden. Wenn es kleinere DC-Wallboxen im akzeptablen Preissegment gibt, kann man sich langfristig sogar den Onboard Charger für AC sparen. Meine ICCPD nehme ich nicht mal mehr mit, die liegt original verpackt irgendwo im Keller.

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