Wie HUBER+SUHNER vom superschnellen Laden profitiert

Die Elektromobilität nimmt derzeit einen ihrer vielleicht wichtigsten Entwicklungsschritte. Der besteht nicht aus der hochlaufenden Fahrzeugproduktion, auch nicht aus den steigenden Kapazitäten für die Fertigung von Batteriezellen. Es geht um die Revolution beim Laden, konkret die superschnelle Bereitstellung von Energie zur Weiterfahrt.

Ein Profiteur des Trends, der hinter dem Schlagwort „High Power Charging“ steckt, ist das Schweizer Unternehmen HUBER+SUHNER. Es hat eine Lösung namens RADOX® HPC-System entwickelt, das zwei entscheidende Kriterien erfüllt: Es erlaubt das Laden mit höchsten Leistungen in kürzester Zeit. Und es ist lieferfähig! HUBER+SUHNER hat zuletzt einen ersten Jackpot gewonnen und wurde als Systemlieferant für das HPC-Netz von Electrify America in den USA ausgewählt. Darüber hinaus kommen die Schweizer wahrscheinlich auch bei IONITY in Europa zum Zuge. Die Technologie, auf welche sich HUBER+SUHNER spezialisiert hat, steckt im Flaschenhals der superschnellen DC-Ladestationen – dem Kabel. Und was viele nicht wissen: In praktisch allen zugelassenen HPC-Ladestationen, die derzeit auf dem Markt sind, stecken die CCS-Spezialkabel der Schweizer.

Kürzlich hat uns Max Göldi, HPC-Marktmanager bei HUBER+SUHNER, verraten, wie es die Schweizer geschafft haben, diese Nische zu besetzen. Ziel der Entwicklung von HPC-Ladesystemen ist es, das Laden überhaupt machbar zu gestalten. Denn höhere Ströme, das weiß jeder Elektriker, benötigen einen größeren Kabelquerschnitt. Sonst wird’s warm. Bei HPC-Ladestationen würde mehr Kupfer allerdings dazu führen, dass die Ladekabel schwerer werden und damit nur noch von Gewichthebern in den Anschluss am Auto gehievt werden könnten. „Also müssen wir kühlen“, sagt Max Göldi, so als wäre es die einfachste Übung auf der Welt. Die Innovation von HUBER+SUHNER besteht darin, dass sie ein Kühlmittel – ein umweltverträgliches und angeblich weitgehend harmloses synthetisches Öl – direkt zwischen den Kupferdrähten und der Kabelisolierung zirkulieren lassen. Dieses Kühlmittel ist hochisolierend und nicht leitend, bietet ergo eine hohe Sicherheit.

„Wenn etwas kaputt geht, passiert nichts“, sagt Max Göldi. Was wichtig erscheint, werden in einem HPC-System doch immerhin drei bis vier Liter des Kühlmittels von einer Pumpe umgewälzt. „Das ganze System ist auf Sicherheit und Zuverlässigkeit ausgelegt“, versichert Max Göldi. Im Gespräch konnten wir auch einen Blick in den Kabel-Querschnitt werfen und neben den gekühlten Kupferleitungen für Plus und Minus auch zwei weitere Kühlleitungen für den Stecker erkennen. „Das ist der kühlste Teil des Kabels“, stellt Göldi fest. Und man ist froh darüber.

Bei der Entwicklung haben sich Max Göldi und sein Team an den Vorgaben des VW-Konzerns orientiert. Und die sehen das Laden auch größerer Batterien für 500 km Reichweite in unter 15 Minuten auf 80% SOC vor. Dafür müssen die HPC-Ladepunkte eine Ladeleistung von 400 kW aufbringen. „Das ist die Ladeinfrastruktur für die nächsten zehn bis 15 Jahre“, ist Göldi überzeugt. Und er wäre kein Schweizer, wenn er dabei nicht freundlich lächeln und die absolute Ruhe bewahren würde. Man erkennt dennoch: HUBER+SUHNER wittert ein Riesengeschäft. Zertifiziert ist das System der Schweizer sowohl für CCS 1 (Nord-Amerika) und CCS 2 (Europa). Zudem ist das Konzept für Kabellängen von bis zu zehn Metern geprüft, was etwa für Ladestationen von Bussen wichtig ist. Die zweite Herausforderung, die HUBER+SUHNER bei der seit 2015 laufenden Entwicklung meistern musste, ist die Schnittstelle vom Kabel ins Kühlsystem am Fuß des Ladepunktes, dem wärmsten Punkt der Anlage. Wie die Lösung hier aussieht, wird dem interessierten Branchenjournalisten leider nicht verraten. Ein paar Geheimnisse – Patentanmeldungen liegen angeblich vor – sollen noch bleiben.

Da HUBER+SUHNER aber schon über 1.000 Kabelsysteme ausgeliefert hat (darunter 200 bis 300 Prototypen), scheint die Aufgabe gelöst. Die Produktion der Kabel erfolgt in Pfäffikon in der Schweiz, die Endmontage in einem HUBER+SUHNER-Werk in Tunesien. Die Kapazität liegt derzeit bei über 5.000 Systemen pro Jahr, rund 80% gehen aktuell in die USA. Da HUBER+SUHNER auch Produktionsstätten in China und Mexiko unterhält, sieht sich der Konzern auch für größere Aufgaben gewappnet. Schließlich arbeiten die Schweizer auch daran, ihre gekühlten Kabel für den chinesischen Standard GB/T und das japanische CHAdeMO-Protokoll zu ertüchtigen. Auch auf Indien, wo die Entscheidung für einen einheitlichen DC-Standard noch nicht gefallen ist, blickt Max Göldi mit Spannung und Vorfreude. Die Zukunft der Elektromobilität mitzugestalten, sei „eine schöne Aufgabe“, sagt er am Schluss noch. Und wäre da nicht sein breites Grinsen, man hätte es glatt für eine typische Schweizer Untertreibung halten können.

1 Kommentar

zu „Wie HUBER+SUHNER vom superschnellen Laden profitiert“
Kurt Krautgartner
23.08.2018 um 08:38
"Darüber hinaus kommen die Schweizer wahrscheinlich auch bei IONITY in Europa zum Zuge"Die Kabel sind z.B. schon an den Ionity-Ladestationen in Österreich in Betrieb.

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