Produktionsstart des ID.3: VW leitet „den Systemwechsel zur E-Mobilität“ ein

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Mit einem Festakt im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Volkswagen die Produktion des ersten Serienexemplars des ID.3 gefeiert. Der Standort Zwickau soll zum größten E-Auto-Werk Europas aufgebaut werden. VW-Vertreter forderten parallel ein stärkeres Engagement für die Energiewende.

Ein weißer ID.3 – das ist das erste Serienfahrzeug, von dem sich Volkswagen so viel erhofft. Zum Start der Serienproduktion sparte VW-Chef Herbert Diess nicht mit Lob und Superlativen – auch nicht für den Standort Zwickau, „wo unsere Zukunft beginnt“. Reichlich Pathos war in Sachsen heute zu erleben.

„Der ID.3 wird einen wichtigen Beitrag zum Durchbruch der E-Mobilität leisten“, sagte Diess. „Er macht saubere, individuelle Mobilität für Millionen von Menschen erreichbar.“ Der ID.3 sei ein „Auto für die Mitte der Gesellschaft, genauso wie der Golf“.

In seiner kurzen Rede räumte Diess ein, dass der ID.3 nicht das erste Elektroauto sei, aber das erste in „hervorragender Fertigungsqualität“ (wohl als Seitenhieb auf Tesla zu verstehen) und zum Preis eines vergleichbaren Verbrenners – und das erste bilanziell CO2-neutral produzierte Elektroauto. So soll der ID.3 in der Logik von VW dem Kunden ohne den viel zitierten „CO2-Rucksack“ übergeben werden. Die energieintensive Batterie-Zellfertigung soll nur mit Ökostrom erfolgen, noch unvermeidbare Emissionen sollen unter anderem durch Unterstützung des Klimaschutzprojektes „Katingan Mataya Forest Protection“ auf der indonesischen Insel Borneo ausgeglichen werden.

Auch die Fertigung des Fahrzeugs in Zwickau selbst soll möglichst grün sein. Von der Produktion konnte sich electrive.net bereits vorab ein Bild machen, wie Sie in dem folgenden Video sehen können.

„Wir können heute sagen, dass Zwickau ein Eckpfeiler der deutschen Automobilproduktion ist“, sagte indes Bundeskanzlerin Merkel. „Aber wir können auch sagen, dass Zwickau ein Eckpfeiler der Zukunft der Automobilproduktion ist.“ Es sei ein fundamentaler Wandel in der Industrie und ein Paradigmenwechsel in der Mobilität.

In Zwickau ist man besonders stolz, dass das dortige Werk als erste VW-Fabrik komplett auf die E-Mobilität umgestellt wird. Die Investitionen für den Umbau belaufen sich auf rund 1,2 Milliarden Euro. In der finalen Ausbaustufe ab 2021 werden in Zwickau sechs MEB-Modelle für drei Konzernmarken gebaut – bis zu 330.000 Fahrzeuge pro Jahr.

Neben der Fertigung im Werk Zwickau sind auch die Komponentenwerke Braunschweig, Kassel, Salzgitter und Wolfsburg – wie von uns hier zusammengefasst – am ID.3 beteiligt. Sie fertigen wichtige Bauteile wie die E-Maschine oder das Batteriesystem. Die Fahrzeugwerke Emden und Hannover sollen ab 2022 ebenfalls mit der Produktion von E-Autos beginnen. Zusammen mit Northvolt will der Konzern zudem eine Gigafactory für Batteriezellen in Salzgitter aufbauen.

„Deutschland muss Treiber des Wandels sein und die gesamte Wertschöpfungskette der E-Mobilität beherrschen“, sagte Diess. „Deshalb produzieren wir E-Autos in Deutschland und haben uns zugleich für die Entwicklung und Produktion von E-Maschinen, Batteriezellen und -systemen entschieden. In den kommenden Jahren wird in Deutschland ein starkes E-Auto-Cluster entstehen.“ Klingt fast so, als wolle Diess die Vision von Tesla-Chef Elon Musk, die etablierte Automobilindustrie auf Elektromobilität umzukrempeln, im Alleingang zur Realität werden lassen.

In seiner Rede bekräftigte Diess den eingeschlagenen Kurs, vorerst nur auf Batterie-elektrische Autos zu setzen. Der Brennstoffzelle im Pkw und synthetischen Kraftstoffen erteilte er wegen der energieintensiven Bereitstellung eine Absage – das sei auf absehbare Zeit zu teuer für den Massenmarkt. „Es ist keine Frage mehr, ob sich das Elektroauto durchsetzt, sondern wo auf der Welt und wie schnell“, so Diess. Die Brennstoffzelle werde erst in der nächsten Dekade zum Durchbruch kommen und das auch nur in Nutzfahrzeugen.

Zudem hob er den MEB als reine Elektroplattform hervor, da man nur damit „die Vorteile der modernen Elektromobilität nutzen“ könne und nicht „die zahlreichen Kompromisse“ eingehen müsse, die eine Misch-Plattform mit Verbrennern erfordere. Ein Seitenhieb auf die Konkurrenz wie PSA im Volumengeschäft, aber auch auf Daimler und BMW. Gerade sein Ex-Arbeitgeber aus München hatte zuletzt seine Strategie verteidigt, auf eine Multi-Energie-Architektur zu setzen. „Sie werden keinerlei Unterschiede feststellen – vielleicht zwei Kilogramm mehr hier oder da. Aber das ist nicht kaufentscheidend für den Kunden“, so BMW-Chef Oliver Zipse kürzlich.

Ob reine Elektroplattform oder Misch-Technologie mit Verbrennern ist der Politik egal. Für die Bundeskanzlerin zählen andere Dinge. „Die bisherige Mobilität stößt viel zu viel CO2 aus“, so Merkel. „Das heißt auch für uns als Politik, dass wir die Maßstäbe neu setzen müssen. Die Elektromobilität ist nur die Trendwende, wenn wir auch auf Strom aus erneuerbaren Energien umsteigen.“ Interessant, dass ausgerechnet die VW-Belegschaft in Person von Jens Rothe (Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates und des Betriebsrates des Fahrzeugwerkes Zwickau) die politischen Vertreter aufforderte, bei der Energiewende hin zu Erneuerbaren mehr Tempo zu machen. Auch VW-Chef Diess schlug zuvor in die gleiche Kerbe und mahnte eine höhere CO2-Bepreisung an.

„Wir müssen an zwei wichtigen Schrauben drehen, um den Durchbruch zu schaffen“, sagt derweil Angela Merkel. „Das ist zum einen die Ladeinfrastruktur und zum anderen müssen wir Anreize schaffen, ein Elektroauto zu kaufen.“ Merkel stellte dabei unter anderem einfachere Genehmigungen für Ladesäulen in Aussicht – und den höheren Umweltbonus aus dem Klimapaket.

Über die Ladeinfrastruktur und Kaufprämien werden Merkel und Diess weiter diskutieren: Im Anschluss an den Festakt in Zwickau ging es für beide nach Berlin – zum Autogipfel ins Kanzleramt. „Heute Abend können wir wichtige Weichenstellungen für den Durchbruch der Elektromobilität vornehmen“, so Diess. Wir sind gespannt.

volkswagen-newsroom.com

2 Kommentare

zu „Produktionsstart des ID.3: VW leitet „den Systemwechsel zur E-Mobilität“ ein“
Martin L.
05.11.2019 um 11:27
Was passiert eigentlich mit diesen Serien-Fahrzeugen vom 4.11.2019 bis zum Juli 2020, wo sie in einem Big Bang den Kunden übergeben werden sollen?Stehen diese jetzt 7 Monate in Zwickau herum? Ein Teil wird für die Homologation verwendet? Aber was passiert mit dem Rest der ID.3? Leider weiß man auch nicht, wie viele Fahrzeuge pro Tag im Moment produziert werden.
Christian aus Hamburg
11.11.2019 um 10:03
Der Hochlauf wird ca. 3 Wochen dauern. Danach werden die Produktionsketten evaluiert und nachgesteuert. Diese Fahrzeuge sind somit nicht für den Verkauf geeignet und werden nur für Tests usw. genutzt und danach ab in den Schredder... LEIDER!Ab Dez. 2019 werden dann Fahrzeuge für den Abverkauf und als Aussteller bei den Händler gebaut und natürlich auf Halde gestellt. Somit kann VW dann ab 2020 ausliefern. Durch die Vorreservierungen hat VW ja eine gute Datenlage, was z.B. die Deutschen ab April 2020 verbindlich bestellen werden. Es gibt ja nicht so viele Variationsmöglichkeiten bei der 1.St Edition! ;-) Somit wird VW dann ab Mai/Juni 2020 lieferfähig sein!Auch heute schon stehen viele fertig gebaute Verbrenner-Fahrzeuge mehrere Monate bis zur Auslieferung bei den Herstellern auf Halde. Also nichts Neues!!!Hoffe nur, dass bei der Bestellung ab April 2020 evtl. auch die ersten echten ID.3-Fahrzeuge bei den Händler stehen um sich einen echten Eindruck zu machen und evtl. noch bei der Bestellung Änderungen zur Vorreservierung machen zu können.Allen einen guten Start in die Woche!

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