Verbraucherzentrale NRW mahnt NewMotion ab

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Kunden des Ladestationen-Netzwerks von NewMotion werden nicht verbindlich über die Preise informiert, kritisiert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sie hat deshalb die Shell-Tochter wegen dieser fehlenden Transparenz und wegen anderer Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgemahnt.

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Der Kritikpunkt: NewMotion verpflichtet den Kunden in den Allgemeingen Geschäftsbedingungen, sich selbst über den Preis des Ladevorgangs an einer Ladesäule zu informieren – etwa über Apps, ein Portal und eine Website. Aber selbst dort gebe NewMotion an, nicht für die angezeigten Preise garantieren zu können, kritisiert die Verbraucherzentrale NRW. „Gegen diese Praxis und weitere Klauseln in den AGB richtet sich die Abmahnung“, schreibt die Verbraucherzentrale. „Denn Unternehmen sind verpflichtet, vor Vertragsschluss aktiv über Endpreise zu informieren.“

NewMotion bzw. der Dienst Shell Recharge bietet nicht einheitliche Preise an allen verfügbaren Ladepunkten. Die Konditionen können stark variieren – je nachdem, welche Einkaufspreise das Unternehmen mit dem Betreiber der Ladepunkts bzw. des Roaming-Anbieters ausgehandelt hat. Dazu kommt, das NewMotion nicht nur auf unterschiedliche Preise pro geladener Kilowattstunde setzt, sondern auch auf unterschiedliche Abrechnungsmodelle – etwa nach Strommenge, nach Zeit (teilweise noch mit Startgebühr) oder pro Ladevorgang.

Das Rechenbeispiel, dass die Verbraucherzentrale verbreitet: Ob ein Wagen etwa für 48 Cent pro Kilowattstunde (kWh) geladen wird oder für 30 Cent, mache „bei einem 40-kWh-Akku immerhin einen Unterschied von 7,20 Euro aus“. Bei größeren Akkus fällt das noch stärker ins Gewicht. Ein Blick in die Shell-Recharge-App auf eine zufällig in Düsseldorf ausgewählte Ladesäule zeigt folgendes Bild: Für den Start des Ladevorgangs werden 1,19 Euro berechnet, danach pro Minute 0,02 Euro und pro Kilowattstunde noch 0,48 Euro. Wenige Meter weiter an der Ladesäule eines anderen Betreibers sind es 0,58 Euro pro kWh, bei derselben Ladeleistung – wieder an einer anderen sind es 0,30 Euro/kWh. Fährt man die Ladesäule direkt an und startet den Vorgang der Ladekarte oder RFID-Chip, ist für den Verbraucher unklar, welche Konditionen NewMotion an exakt dieser Ladesäule bietet.

NewMotion nimmt laut einem Statement die Abmahnung „ernst“ und hat um eine Verschiebung der Antwortfrist bis zum 20. Januar gebeten und diese offenbar auch gewährt bekommen. „Wir prüfen derzeit den Inhalt der Abmahnung mit unserer deutschen Anwaltskanzlei und werden am 20. Januar auf die Verbraucherzentrale NRW reagieren“, so das Unternehmen. „Sollten unsere Bedingungen nicht dem aktuellen deutschen Recht entsprechen, werden wir sie entsprechend aktualisieren.“

NewMotion wird aber wohl nicht der einzige Ladeanbieter bleiben, bei dem die Verbraucherzentrale NRW vorgehen will. „Transparenz und Verbindlichkeit sind auch ein Schlüssel zu mehr Akzeptanz der noch jungen Branche E-Mobilität. Im Zuge des Klimawandels liebäugeln immer mehr Menschen mit dem Umstieg aufs E-Mobil. Auch vor diesem Hintergrund stehen aktuell weitere Lade-Anbieter in unserem Fokus“, so die Verbraucherzentrale.

E-Auto-Fahrern rät die Zentrale, vor jedem Ladevorgang die an der Säule, App oder Website angezeigten Preise per Foto oder Screenshot zu dokumentieren. Mit diesen Informationen könne dann die Rechnung abgeglichen werden.

NewMotion bietet seinen Kunden nach eigenen Angaben Zugang zu über 125.000 Ladepunkten in Europa. Der Ladevorgang kann entweder per Ladekarte oder über die entsprechenden Apps für iOS und Android gestartet werden. Zudem gibt es in den Apps die genannten Preis-Infos sowie Daten zur Verfügbarkeit und Ladegeschwindigkeit. Bei anderen Anbietern, die an allen AC- oder DC-Ladestationen denselben Preis verlangen, entfällt für den Kunden der Schritt der Preisinformation über App oder Website.

Update 04.02.2020: Nachdem die angekündigte Reaktion am 20. Januar ausgeblieben ist, erklärt NewMotion nun auf Nachfrage von electrive.net, dass man eine aktualisierte Version der AGB „in den kommenden Wochen“ veröffentlichen werde. Sprich: Die interne rechtliche Überprüfung hat offenbar ergeben, dass die bisherigen AGB in dieser Form doch nicht in Ordnung waren. „Als ersten Schritt werden wir deshalb in Abstimmung mit der Verbraucherzentrale die kritisierten Passagen unserer AGB anstandslos überarbeiten“, so das Unternehmen weiter.

In der Neufassung soll das Dokument „leichter verständlich und benutzerfreundlicher“ sein. „Wir sind uns bewusst, dass Transparenz der Gebühren in der gesamten E-Mobilitätsbranche für Verbraucher verbesserungsfähig ist“, schreibt NewMotion in der Antwort. Wir sind gespannt, wie die endgültige Fassung dann tatsächlich aussieht!
heise.de, verbraucherzentrale.nrw

2 Kommentare

zu „Verbraucherzentrale NRW mahnt NewMotion ab“
Vanellus
16.01.2020 um 17:19
Dass es mühselig ist, man kann auch sagen: Eine Zumutung, an der freien Ladesäule angekommen, zunächst mal in mehreren Apps zu checken, wie hoch der Preis ist, ist unbestritten. Aber vermutlich nicht rechtswidrig. Rechtswidrig könnte m.E. sein, wenn der Preis aus einer Pauschalgebühr und einer Kombination aus Zeit- und Leistungstarif besteht. Dies deshalb, weil man kaum in der Lage ist, den zu erwartenden Preis zu ermitteln, also das erstgenannte Beispiel.
Bobby Gee
17.01.2020 um 08:26
Ich schätze, nach Preisangaben-Verordnung muss der Anbieter selbst den Preis ausweisen.

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