Ausschreibungen für „Deutschlandnetz“ sollen im September starten

Nach dem Inkrafttreten des Schnellladegesetzes vor einigen Wochen hat das Bundesverkehrsministerium heute nun das Konzept der Ausschreibung des Deutschlandnetzes im Detail vorgestellt. Die formalen Ausschreibungen werden in wenigen Wochen starten. Hier sind die Details – von der Preisobergrenze bis zu den Suchräumen für Standorte.

* * *

Die Grundzüge des Ausschreibungs-Konzepts hatte das Bundesverkehrsministerium (BMVI) bereits im Juni vorgestellt. Die jetzt von Verkehrsminister Andreas Scheuer und der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur verkündete Fassung enthält aber einige Änderungen im Detail: Bei den Regional-Losen soll es etwa nun 23 Lose geben, bisher war von „mindestens 18 Losen“ die Rede. Die 900 „Suchräume“ der Regional-Lose bleiben aber gleich.

Neu ist die Höhe der viel diskutierten Preisobergrenze: Beim Ad-hoc-Laden darf die Kilowattstunde nicht mehr als 0,44 Euro (brutto) kosten. „Der Staat greift nicht in das gesamte Netz der Ladeinfrastruktur ein, sondern nur in das Ad-hoc-Laden“, so Scheuer. Die festgelegte Preisobergrenze soll „mit den Energiepreisen atmen“, wie der Verkehrsminister erklärt. Soll heißen: Künftig sind Änderungen möglich. Der Preis wurde gewählt, um eine Vergleichbarkeit zu Kraftstoffen zu schaffen – laut Scheuer entspricht ein Dieselpreis von 1,35 Euro/Liter beim Elektroauto Energiekosten von 0,45 Euro pro Kilowattstunde. „Wir wollen weder Dumping noch Wucher“, sagt der Verkehrsminister.

Von den 44 Cent je Kilowattstunde sind konkret 20,23 Cent für den Strom kalkuliert. Die „Ausgleichskomponente“, die an den Bund zurückfließt, wird zunächst mit 17,85 Cent festgesetzt – kann aber später nach unten korrigiert werden. Dem Betreiber bleiben als „Preissetzungsspielraum“ 5,95 Cent je kWh – die er nutzen kann, aber nicht muss. „Wenn wir jemand dafür bezahlen, eine Leistung zu erbringen, muss er die Investition nicht über den Ladepreis hereinholen“, sagt Johannes Pallasch, Sprecher des Leitungsteams der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur.

B2B-Preis muss für alle gleich sein

Für das Laden über einen Ladestrom-Vertrag mit einem E-Mobility-Provider (EMP) wird zudem festgesetzt, dass der B2B-Preis für die EMP leicht unter dem Ad-hoc-Preis liegen muss, da die Transaktionskosten beim EMP, nicht beim Ladepunktbetreiber anfallen. Dieser B2B-Preis muss für alle EMP gewährt werden, direkte Verhandlungen und unterschiedliche B2B-Preise werden untersagt. Aber: „Wir legen nicht den Endkundenpreis fest“, sagt Pallasch. „Was der EMP aus dem B2B-Preis macht, bleibt seine Sache.“

Bei der heutigen Vorab-Infoveranstaltung der NOW GmbH, bei der Scheuer aus Bayern zugeschaltet war, ging es ausschließlich um die Regional-Lose, die vom BMVI ausgeschrieben werden. Wie im Juni berichtet, werden die sogenannten Autobahn-Lose von der bundeseigenen Autobahn GmbH als Eigentümer der unbewirtschafteten Parkplätze ausgeschrieben – hier soll die Ausschreibung noch dieses Jahr erfolgen. Die oben genannten Preise werden aber auch für die Autobahn-Lose gelten.

Für die Regional-Lose umriss Marc Dubois, Leiter der Vergabestelle des BMVI, den Ablauf wie folgt: Mitte September soll die Bekanntmachung erfolgen. In der Folge haben Ladepunktbetreiber und Konsortien sechs Wochen Zeit, in einem Teilnahmewettbewerb ihr Interesse anzumelden. Nach der Prüfung und Wertung der Teilnahme-Anträge werden bis zu acht Unternehmen je Los zur Abgabe eines Erstangebots aufgefordert. In der dann beginnenden Verhandlungsphase soll der eigentliche, von der NOW angestrebte „Ideenwettbewerb“ stattfinden – es geht also nicht nur um die technische Umsetzung der Lade-Standorte, sondern auch das bestmögliche Nutzererlebnis beim Laden. Nachdem die finalen Angebote abgegeben und bewertet sind, wird das Verkehrsministerium laut Dubois „frühestens Ende des zweiten Quartals 2022“ den Zuschlag erteilen – und das Verfahren abschließen.

Mit Ende des Ausschreibungsverfahrens sind aber noch keine Ladesäulen gebaut – dann steht fest, wer wo wie gefördert wird. „Erst nach Vertragsschluss beginnt die Standort-Akquise“, erklärt Roman Ringwald von der Kanzlei Becker Büttner Held Rechtsanwälte. Wer in den Suchräumen bereits über geeignete Grundstücke verfügt, hat hier einen Pluspunkt – es ist aber keine Teilnahmevoraussetzung.

Auch gilt es laut den Worten von Pallasch, den Zwei-Kilometer-Radius der Suchräume „meist“ zu treffen. Liegen einige der verfügbaren Grundstücke etwas außerhalb des Suchraums, ist das immer noch zulässig. Ein wichtiger Punkt bei den finalen Standorten ist auch der Netzanschluss: Im Rahmen der Verhandlungen müssen die Bewerber zwar eine Kalkulation vorlegen, aus praktischen Gründen ist das aber nicht genau möglich, wenn der finale Standort und Netzschluss noch nicht feststeht. Deshalb will sich der Bund hier kulant zeigen und die Kosten für den Netzanschluss vollständig übernehmen, solange sie „angemessen“ sind (O-Ton Ringwald).

„Wollen keinem bestehenden Standort einen neuen vor die Nase setzen“

Die Suchräume selbst wurden per Algorithmus mit Daten aus dem Standort-Tool festgelegt – rund die Hälfte liegt in urbanen Gebieten, die andere Hälfte im ländlichen Raum. Dabei wurde nicht nur der Status quo des Ladesäulen-Bestands, sondern auch der erwartete Bedarf und Ausbau bis 2025 eingerechnet. „Wir wollen keinem guten, bestehenden Standort einen neuen Standort vor die Nase setzen“, sagt Johannes Pallasch. „Der Bestand wird dann berücksichtigt, wenn er wettbewerbsfähig ist.“ Und, wenn er den kalkulierten Bedarf bis 2025 decken kann. Ansonsten sieht die NOW eine Lücke, die mit einem Suchraum geschlossen werden soll.

Während Pallasch im Nordosten Deutschlands von einer Aufwertung in der Fläche spricht, weil dort viele Schnelllader im ländlichen Raum entstehen sollen und die vorhandenen Lücken schließen, sieht die Karte für die Region Süd-Ost (also quasi Bayern) ebenfalls lückenhaft aus. „Hier gibt es bereits heute viel Bestand, weshalb wir in einigen Gebieten keine neuen Ladeparks brauchen“, erklärt der Leiter der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur. Dafür gebe es in der Region Süd-Ost weniger Suchräume, aber dafür wegen des errechneten Bedarfs größere Ladeparks.

Zu dem oft umrissenen Leitbild der Standorte mit Dach, Gastronomie und hoher Aufenthaltsqualität schränkt Pallasch etwas ein: „Uns ist klar: Wir werden nicht an jedem Standort ein Dach oder eine hohe Aufenthaltsqualität bekommen.“ Ein Ladepunktbetreiber muss nicht vor Ort Gastronomie oder Toilettenanlagen betreiben – versucht er aber, so etwas über eine Kooperation oder ein Konsortium mit Partnern abzudecken, führt das zu einer Aufwertung seiner Bewerbung.

Kreditkarten-Terminal gefordert

Auch zu der im Juni vorgestellten Unterteilung der Größe der Ladeparks von vier bis 16 Ladepunkten gibt es nun weitere Details: In 156 Suchräumen sollen Ladeparks der Größe S (4 Ladepunkte) entstehen, zudem sind 255 M-Anlagen mit acht Ladepunkten geplant. Der Großteil wird von der Größe L mit 12 Ladepunkten sein, konkret 426 Suchräume. Hinzu kommen 63 XL-Anlagen mit 16 Ladepunkten. Auf diese Weise sollen in den 900 Suchräumen laut Pallasch rund 8.800 Schnellladepunkte entstehen.

Auch bei den technischen Vorgaben hat die NOW etwas nachgeschärft: Gesetzt sind CCS-Ladepunkte, die den Vorgaben des Mess- und Eichrechts sowie der Ladesäulenverordnung entsprechen. Der Spannungsbereich soll 200 bis 920 Volt abdecken, die Stromstärke (über 10 Minuten bei 25 Grad Außentemperatur) soll bei 500 Ampere liegen. So sollen je Ladepunkt sowohl bei den 920 Volt als auch bei 400 Volt (mit dann 500 Ampere) 200 kW Nenn-Ladeleistung je Ladepunkt möglich sein. Im Juni war noch von 150 kW als Anforderung die Rede.

Neu ist übrigens auch, dass die Ladeparks über eine Möglichkeit zur Kartenzahlung mit Kredit- oder Girokarte verfügen müssen – also inklusive Kartenlesegerät und Pin-Pad. Eine browserbasierte Zahlungslö