E-Mobility bei ABO Wind: Fast nur Solarstrom im Akku

ABO Wind, ein Projektentwickler für erneuerbare Energien mit Sitz in Wiesbaden, setzt bei der Umstellung seiner Flotte branchenbedingt ganz besonders hohe Maßstäbe an die Stromherkunft: 98 Prozent des Bedarfs der E-Fahrzeuge deckt das Unternehmen mit selbst erzeugtem Solarstrom. Im folgenden Gastbeitrag gibt uns The Mobility House Einblicke in die Vorgehensweise des Unternehmens.

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„Erneuerbare sind unsere DNA“. So begrüßt ABO Wind Gäste auf seiner Website. Das Unternehmen plant und errichtet seit 25 Jahren Windparks, und inzwischen auch Solarparks, Batterie- und Wasserstoffprojekte auf der ganzen Welt. Da ist es naheliegend, dass auch die Unternehmensflotte nachhaltig unterwegs und elektrifiziert ist. Gut 40 E-Fahrzeuge hat ABO Wind mittlerweile im Fuhrpark, etwa ein Viertel sind rein elektrisch, der Rest Plug-in-Hybride. Die dafür bis vor einigen Monaten genutzte Ladeinfrastruktur wurde bereits 2013 aufgebaut und gelangte langsam an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Etwas Neues musste her.

Bei der erst vor wenigen Monaten fertiggestellten Erweiterung hat sich ABO Wind für eine umfassende Lösung entschieden: Die hauseigene PV-Anlage mit 80 kW Peak-Leistung sowie ein 200 kWh fassender Batteriespeicher versorgen jetzt sieben neue Doppellader mit jeweils zweimal 22 kW Maximalleistung mit Energie. Und mit einer ebenso cleveren wie auch einfachen Lösung erhöht ABO Wind die Auslastung seiner Ladeinfrastruktur: Denn jeder der 14 Ladepunkte ist über jeweils zwei Stellplätze erreichbar. Ist ein Auto vollgeladen, muss lediglich umgesteckt werden, anstatt mit deutlich mehr Aufwand zwei Fahrzeuge umständlich umparken zu müssen.

Bei der Auswahl eines Lade- und Energiemanagementsystems war bei ABO Wind ein herstellerneutrales System gefragt. Zum Einsatz kommt hier das Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot von The Mobility House, das dank offener Schnittstellen mit dem übergeordneten Energiemanagementsystem von Rolls Royce Solutions kommuniziert. Beim Laden der Fahrzeuge berücksichtigt ChargePilot dynamisch die zur Verfügung stehende Leistung der PV-Anlage und des Batteriespeichers. Kommt es z. B. zu einer Leistungsüberschreitung so steuert ChargePilot die Ladevorgänge intelligent – entweder durch eine zeitliche Staffelung oder eine entsprechende Reduzierung der Ladeleistung.

„Durch den Batteriespeicher ist unser grün produzierter Strom auch dann verfügbar, wenn die PV-Leistung reduziert ist. Das macht die Elektromobilität noch umweltfreundlicher“, sagt Dr. Julia Badeda, die bei ABO Wind die Abteilung für Hybride Energiesysteme und Batteriespeicher leitet. Außerdem können so Schwankungen dynamisch berücksichtigt werden, ohne dass der Netzanschluss kostspielig erweitert werden müsste. Die Ladeinfrastruktur ist zudem eine Erweiterung zu dem parallel betriebenen System auf Basis eines vorhandenen Blockheizkraftwerks im Gebäudekomplex und einer weiteren PV-Anlage.

„In den ersten Monaten konnten wir 98 Prozent des Bedarfs für die Elektrofahrzeuge mit dem Solarstrom von unseren eigenen Dächern decken“, erklärt Badeda. Und es wäre noch viel Luft nach oben, da der größte Teil des PV-Stroms ins allgemeine Stromnetz eingespeist werde. Im nun folgenden Winter, wenn die Sonnenstunden deutlich abnehmen, wird diese Quote weiter zu evaluieren sein.

Die Kosten für das Gesamtsystem dürften sich aber so oder so bald amortisiert haben: „Wir erzeugen im Jahr ausreichend Strom für gut 400.000 Kilometer mit Elektro-Fahrzeugen. Rechnete man das Investment in die Anlage gegen die Kosten für Diesel, erreichen wir in gut fünf Jahren den Break-Even“, beschreibt Badeda. Und erzählt aus ihrem Arbeitsalltag, dass sie Industriekunden betreue, „bei denen sich die Integration eines Batteriespeichers, der für die Kappung teurer Lastspitzen genutzt wird, sogar schon deutlich schneller rechnet“. Dank günstigerer Netzentgelte lohnen sich derartige Systeme, mit Speicherkapazitäten zwischen 200 kWh und 1 MWh, für energieintensive Unternehmen bereits ab ein bis zwei Jahren.

Allerdings gibt es einen kleinen bürokratischen Hemmschuh, der die Freude an dem nachhaltigen Energiesystem am Stammsitz von ABO Wind in Wiesbaden etwas trübt: Aufgrund der regulatorischen Vorgaben ist es nicht ohne Weiteres möglich, dass Mitarbeiter auch ihre privaten E-Fahrzeuge mit dem direkt am Arbeitsplatz gewonnenen Solarstrom umweltfreundlich laden können. Denn dafür müsste unter anderem ein separater Stromkreis mit eigener Zählung installiert werden, damit die EEG-Umlage korrekt abgeführt werden kann. Ein Aufwand, der hohe zusätzliche, einmalige wie auch laufende Ausgaben zum ohnehin bereits kostspieligen Aufbau verursacht hätte.

„Wir finden das sehr schade, da wir viele Mitarbeiter haben, die mit einem Elektroauto zur Arbeit kommen. Wir hätten den Strom an unsere Mitarbeiter sogar verschenkt“, sagt Badeda, „aber selbst dies war aufgrund des hohen Zusatzaufwandes wegen der erforderlichen Messungen und umfassenden Protokollierungen wirtschaftlich nicht umsetzbar.“ Ein Problem, über das viele in der E-Mobility-Branche klagen, vom Eigenheimbesitzer bis hin zu großen Unternehmen. „Wir brauchen hier dringend ein Entgegenkommen in der Regulatorik, damit die Eigennutzung von PV-Strom noch attraktiver wird“, sagt Sebastian Karrer, Leiter Key Account Management bei The Mobility House. „Elektroautos, die kostenfrei mit hauseigenem PV-Strom geladen werden, sind nicht nur ein Vorteil für die E-Fahrer:innen, sondern auch eine weitere Stellschraube, um die Energiewende zu beschleunigen.“

The Mobility House gibt uns in regelmäßigen Gastbeiträgen Einblicke in interessante Elektrifizierungs-Projekte. Berichtet haben die Experten für Lade- und Energielösungen aus München bereits über die Umstellung des Fuhrparks des Arbeiter-Samariter-Bundes in der bayerischen Landeshauptstadt, über die E-Flotte der Großbäckerei Harry-Brot, über einen der größten deutschen Dienstwagen-Ladeparks bei Bechtle in Neckarsulm und über die Flotten-Elektrifizierung beim Darmstädter Kommunalbetrieb EAD.

1 Kommentar

zu „E-Mobility bei ABO Wind: Fast nur Solarstrom im Akku“
Benjamin Tange
02.12.2021 um 23:34
Glückwunsch, ein klasse Projekt! Und auch dort wurde die wohl beliebteste Ladeinfrastruktur für Flotten eingesetzt: die Eve Double von Alfen

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