H2 Mobility erhält Millionen-Finanzierung und legt Fokus auf H2-Nutzfahrzeuge

Der Wasserstoff-Tankstellenbetreiber H2 Mobility hat ein Investment über 110 Millionen Euro erhalten, um seine nächste Wachstumsphase zu ermöglichen. Dabei ist mit dem französischen Investor Hy24 erstmals ein unabhängiger Geldgeber eingestiegen, der nicht Industriepartner ist. Mit den Ausbauzielen geht auch ein Fokus auf Wasserstoff-betriebene Nutzfahrzeuge aller Größen einher.

Zunächst zu dem Investment: Hy24 steuert 70 Millionen Euro bei, die restlichen 40 Millionen Euro werden von den bestehenden Shareholdern getragen, wie Hy24-CEO Pierre-Etienne Franc im Gespräch mit electrive.net erläutert. Hy24 ist ein Zusammenschluss von Ardian, Europas größtem privaten Investmenthaus, und dem Investmentfonds FiveT Hydrogen. Gemeinsames Ziel ist die Skalierung und damit Kommerzialisierung der Wasserstoffmobilität durch einen beschleunigten Tankstellenausbau.

Der neue Gesellschafter komme „pünktlich zum Start des Markthochlaufs von leichten und mittleren Wasserstoffnutzfahrzeugen“, wie H2 Mobility mitteilt. „Wir sehen ein großes Marktpotenzial in Deutschland und Europa“, sagt Franc. „Daher investieren wir genau jetzt, um den Ausbau parallel zu den Marktpremieren verschiedener Wasserstoff-Nutzfahrzeuge weiter voranzutreiben.“ Und weiter: „Wir sind ein unabhängiger Investor und treffen auf dieser Basis unsere Entscheidungen. Wir sind kein Industrieunternehmen. Mit unserer Finanzierung verfolgen wir langfristige, gewinnorientierte Interessen mit effektiver Wirkung in der Energiewende.“

Bei H2 Mobility verweist man nicht nur auf die Tatsache, dass erstmals ein internationaler Investmentfonds in den Wasserstofftankstelleninfrastrukturausbau investiere. Im Gespräch sieht H2-Mobility-Geschäftsführer Nikolas Iwan das Investment eines externen Finanzinvestors auch als „wichtige Bestätigung für unseren Kurs“. Wichtig sei auch die Höhe des Investments gemeinsam mit den Bestands-Investoren, welche im Bereich der Wasserstoff-Tankinfrastruktur in Europa einmalig sei.

Wasserstoff-Kapazität der Tankstellen wird verfünffacht

Der mit dem Investment mögliche Ausbauplan sieht vor, bis 2030 die derzeit knapp unter 100 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland auf bis zu 300 Tankstellen auszubauen. Was nach wenig ambitionierten Zielen klingt, hat einen anderen Hintergrund: H2 Mobility will vor allem die Kapazität der Standorte deutlich erhöhen. Statt auf bisher 200 Kilogramm Wasserstoff am Tag sind die größeren Stationen auf eine Tonne H2 ausgelegt. Da auch bestehende Standorte nachgerüstet werden sollen, wird also die Tank-Kapazität an sich deutlich stärker erhöht, als es der Ausbau auf 300 Standorte anklingen lässt.

Zudem sollen „ausgewählte bestehende Anlagen bedarfsgerecht“ mit der 350-bar-Technologie nachgerüstet werden, was es Lkw und Bussen ermöglicht, dort zu tanken. Die Brennstoffzellen-Pkw, auf die einige der früheren Stationen ausgerichtet waren, arbeiten jedoch mit 700 bar. An zahlreichen Standorten war beides möglich, an einigen jedoch nur das Pkw-Tanken mit 700 bar.

„Der Fokus liegt derzeit auf den Wasserstoff-Nutzfahrzeugen, vom Transporter bis hin zum Lkw“, sagt Iwan. „Daher rüsten wir auch bestehende Standorte nach, um auch das Tanken mit 350 bar anzubieten, wenn es noch nicht vorhanden ist. Gleichzeitig halten wir die Türe für den Pkw-Sektor weiter offen.“

Welche Wasserstoff-Technologie setzt sich durch?

Damit spielt der H2-Mobility-Geschäftsführer vor allem auf die Pläne von BMW an. Das Unternehmen will nach Angaben von Mitte März ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts „einen zunehmenden Anteil im Antriebsmix“ durch die Wasserstoff-Brennstoffzelle abdecken. Derzeit ist nur bekannt, dass der iX5 Hydrogen später in diesem Jahr in Kleinserie gehen soll. Mögliche Serienmodelle mit Brennstoffzelle von BMW sind noch nicht bestätigt. Auch die beiden anderen Autobauer mit Brennstoffzellen-Pkw, Hyundai und Kia, haben derzeit nur einen Pkw mit der Technologie im Programm, nutzen die Brennstoffzelle aber (teilweise über Kooperationen) in zahlreichen Nutzfahrzeugen.

Um eine Großserie zu unterstützen, hat BMW unlängst ein dichteres Netz an 700-bar-Tankstellen gefordert, konkret alle 100 Kilometer entlang der Autobahn bis 2027 statt alle 150 Kilometer. Mit Blick auf die in naher Zukunft angekündigten Fahrzeuge hält es Nikolas Iwan aber für richtig, auch Geld für die 350-bar-Technologie auszugeben.

Dass sich mit Daimler Truck einer der Anteilseigner an H2 Mobility offen für den Einsatz von flüssigem, also auf -253 Grad Celsius gekühlten Wasserstoff anstelle des unter Druck gespeicherten Gases ausspricht, beunruhigt Iwan übrigens nicht. „Es ist ein großer Vorteil, dass Daimler Truck einer unserer Shareholder ist, daher sind wir stetig in einem engen Austausch zu verschiedenen Technologien und können frühzeitig reagieren“, sagt der Geschäftsführer.

Die neuen Standorte werden sicher auch einige Lücken auf der Landkarte schließen, dennoch will sich H2 Mobility in erster Linie auf die Regionen mit hoher Nachfrage konzentrieren. Damit sollen für Unternehmen mit H2-Fahrzeugen im Fuhrpark nicht nur die Wege kürzer werden, sondern vor allem auch Verlässlichkeit dank Alternativen in der Region geboten werden. Die Zuverlässigkeit sei für Unternehmenskunden extrem wichtig.

8 Kommentare

zu „H2 Mobility erhält Millionen-Finanzierung und legt Fokus auf H2-Nutzfahrzeuge“
Claus-Rüdiger Martin
29.03.2022 um 10:44
H2-Mobilität wird sich über Lkws und Lieferfahrzeuge ausbreiten, die keine Zeit haben sich zu laden und das nicht überall wegen der Fahrzeuggröße. Ausserdem bedeutet die beworbene kurze Ladezeit 30Min. von 20% auf 80% = 60% Verringerung der nutzbaren maximalen Reichweite. Nach Sättigung des Eigenheimladermarktes wird es zu einem Stopp der BatteriePkws kommen. Der Zugang zu öffentlichen Ladestationen wird von Zeit und Entfernung zu unsicher sein. Ausserdem verringern Ladeplätze Dauerparkplätze, die in unveränderter Zahl weiterhin benötigt werden. Letztlich ist ein Ladenetz im Weltmasstab unbezahlbar und nicht skalierbar. Wasserstoff hingegen sehr wohl. Strassen sind wie bisher für Tankfahrzeuge schon vorhanden. Ausserdem ist ein Stromblackout nicht möglich durch lokal verteilte H2speicher. Im Gegensatz zu einem notwendigerweise zentral gesteuertem Stromnetz.
Karl-Hein
29.03.2022 um 14:08
Ich empfehle Ihnen, mal hier auf dem Portal viel zu lesen. Da bekommt man eigentlich einen ganz guten Überblick, was gerade in der Branche los ist. Also was an Modellen kommt, was beim Lade-Ausbau und wie hier beim H2 geplant ist.Um es kurz zu machen: Auch ohne die Möglichkeit einer eigenen Wallbox ist Batterie-elektrische Mobilität bereits heute möglich. Der Ladeausbau läuft sowohl bei Schnelllade-Hubs in Städten und an Autobahnen. Aber auch beim langsamen Laden an Parkplätzen geht es voran. Und die Stromnetze müssen zwar evtl lokal angepasst werden, halten das aber aus!Wenn wegen Wasserstoff aber die dreifache Strommenge „verarbeitet“ werden muss, ist das sehr viel teurer als die Anpassung am Stromnetz.Und da sie beim Batterie-Elektroauto über die „eingeschränkt nutzbare Reichweite“ schreiben, vermute ich, dass ihr Wissen über Wasserstoff-Tanken eher theoretisch ist. Praktisch ist es aber so, dass sie IMMER mit einer defekten H2-Tankstelle rechnen müssen. Also müssen sie immer einen Puffer zur nächsten Tankstelle einplanen, was je nach Standort 80km oder mehr sind. Und auch ein FCEV tankt nicht ohne zu zögern auf 100%. Mal bricht es bei 90% ab, mal bei 76%. Dann können Sie entweder minutenlang warten, bis die Tankstelle wieder H2 komprimiert hat oder sie fahren weiter. Sie können aber auch bei H2 nicht ohne Probleme von 0 auf 100% tanken, wie es die Lobby gerne darstellt.Ich bin liebend gerne wieder auf ein BEV gewechselt. Strom bekomme ich überall. Wasserstoff selbst bis 2030 nicht, wenn ich das hier lese. Und bis dahin ist der Drops gelutscht. Ein paar Transporter und Arbeits-Fahrzeuge wie so mancher Pickup werden dann vielleicht Wasserstoff nutzen. Das 20.000€ Auto in Golf-Größe mit 2t Anhängelast und 1.000km Reichweite, wie es viele immer fordern, wird es aber auch 2030 mit H2 nicht geben. Ich bin nicht grundsätzlich gegen H2, aber im Pkw sehe ich es nicht und zB auch in Stadtbussen nicht. Viele Lkw im Verteilverkehr auch nicht. Nur in wenigen Straßenfahrzeugen und dann halt eher auf dem Wasser und in der Luft. Den angeblichen Stopp bei Batterie-Autos, wenn alle Eigenheim-Besitzer versorgt sind, können Sie aber vergessen.
Alex Deitermann
29.03.2022 um 14:45
Der Ausbau des H2-Tankstellennetzes ist DIE wesentliche Voraussetzung für die Marktakzeptanz von H2-Fahrzeugen. Wenn jemand keine H2-Tankstelle „vor der Haustür“ hat, wird er sich mit der Anschaffung eines Wasserstofffahrzeugs schwer tun. Mit dem Mut, in Richtung 3.000 Tankstellen zu skalieren würden die Kosten je Anlage signifikant sinken und ein Drittel der Herausforderung, nämlich zeitgleich die Erzeugung von grünem Wasserstoff, die Infrastruktur für die Bereitstellung, sowie das Hochfahren der Nutzfahrzeugflotte (PKW # Nutzfahrzeuge), gelingen können.
Frank
29.03.2022 um 15:24
Interessant ist dei Tatsache, dass sich hier ein privater Investmentfonds engagiert. Bevor die Geld ausgeben, haben sie die Wirtschaftlichkeit und die Renditechancen dreimal nachgerechnet. Die werden auch mit den OEMs geredet haben. Vielleicht kommen doch mehr H2-Fahrzeuge auf die Straße als mancher H2-Skeptiker vorhersagt. Wenn wir wegen der Abkehr vom Erdgas ohnehin viel Wasserstoff in den Leitungen haben, ist die Versorgung von Tankstellen mit großen Leistungen damit einfacher zu realisieren als über Stromnetze. Daher ist es sinnvoll, dass H2M vor allem auf Tankstellen für Nutzfahrzeuge setzt und die bisherigen PKW Tankstellen upgradet. Und wenn man mit den Speditionen redet, halten die durch die Bank mehr vom Brennstoffzellenantrieb als von Batterie und Oberleitungen. Vor allem, weil dieser Antrieb denen die notwendige Einsatzflexibilität erhält, ohne nennenswerte Einschränkungen der Nutzlast
Kona64
30.03.2022 um 07:23
Wo soll der Wasserstoff her kommen? Das ist heute zu 99% Erdgas. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern. In jedem Fall eine Verschwendung von Energie. Damit gefährdet H2 in der Mobilität die Energiewende und die Versorgungssicherheit.
John
31.03.2022 um 08:01
Lieber Kona64,wo soll denn der Strom für die veieln BEVs herkommen? Und vor allem wie soll der auch jederzeit an alle BEVs kommen? Und noch wichtiger was machen wir mit den Milliarden Tonnen Batterieschrott den man nicht zu 100% recyceln kann? Besonders wenn man bedenkt dass der Lebenszyklus und der Nutzungsgrad eines Automobils wohl deutlich unter dem einer Windkraftanlage (zur grünen H2 Herstellung) sein dürfte. Die Langzeitspeicherung von Strom und dass man Grünen H2 schon alleine wegen der Prozesstechnik als Gaserstz benötigt, spreche ich noch nicht mal an. Also das BEV Thema ist auch noch nicht so ganz zu Ende gedacht.
Karl-Heinz
31.03.2022 um 09:34
Bitte informieren Sie sich, John. Um mit grünem Wasserstoff (also aus Elektrolyse) zu fahren, wird 3x so viel Strom benötigt wie bei einem BEV. Woher soll also der Strom für all den Wasserstoff kommen?E-Auto-Batterien kann man zu 96-99 Prozent recyceln. Entsprechende Pilotfabriken sind im Aufbau oder Betrieb, etwa VW in Salzgitter, Mercedes in Kuppenheim, Aurubis in Hamburg etc. Die 1-4 Prozent, die man nicht recyceln kann, sind Kunststoffe und Dichtmittel. Alle wertvollen Metalle werden komplett aufgearbeitet. Solche Anlagen zum Recycling von Brennstoffzellen wegen Platin etc gibt es noch nicht!
Rudi Zirkwitz
03.02.2024 um 12:38
Rudi -Karl antwortet Überlegen sie mal Karl-Heinz wenn Millionen von E-Fahrzeuge vor den Tankstellen stehen alle stecken den E-stecker in die Ladestation und schalten ein. Die Kraftwerke die den Strom liefern sollen brechen zusammen. In den Städten geht das Licht aus. Darum ist Wasserstoff alternativlos.- Jede E-Ladestation muss mit mindestens 50 Amp. und Mehr abgesichert werden. Wie viele Fahrzeuge stehen vor den Tankstellen und benötigen den Strom, viele bleiben liegen und blockieren die Wege und Straßen. Jede Tankstelle muss leistungsmäßig verstärkt werden. Die Stromleitungen an den Tanken sind dann Armdick Leistungsstarke Strom Trafos müssen gesetzt werden. Im Stadtbereich hätten, wenn es hochkommt an den Tankstellen 4 Fahrzeuge Platz, die dann die Tankstellen beim Ladevorgang blockieren.- Was für ein Durchsatz hat der Pächter?? Das Chaos ist doch vorprogrammiert. Wir benötigen den Wasserstoff seit den Ukrainekrieg schon gestern. Die Politik und die Unternehmen sind leider verkehrt abgebogen. Um dieses zu Heilen benötigen wir im Übergang 20 % E-Mobilität- 20 % Verbrenner und 60% Wasserstoff für PKW -und Industrie. Die großen Energie Konzerne wissen das und sind in der H2-Mobility vereint und versuchen den Anschluss seit 2013 auch nicht zu verpassen. Doch es wird zu wenig und zu langsam investiert.

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