E-Bus-Radar: Wo Deutschlands ÖPNV schon unter Strom ist

Batterie-elektrische Busse werden in Deutschland zu 69 Prozent nur über Nacht und zu 31 Prozent auch tagsüber per Gelegenheits-Lader mit Strom versorgt. Und in drei Bundesländern fahren die Hälfte aller deutschen E-Busse. Das sind zwei von mehreren interessanten Details aus dem E-Bus-Radar der Unternehmensberatung PwC. Wir fassen die Haupterkenntnisse zusammen.

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Dass die elektrische Stadtbus-Flotte in Deutschland im Jahr 2022 um rund 620 Exemplare bzw. fast 50 Prozent angewachsen ist, wissen wir bereits aus vorliegenden Statistiken. Das E-Bus-Radar von Pricewaterhouse Coopers (PwC) liefert dazu ergänzend interessante Einblicke zur Verteilung von Batterie- und Brennstoffzellen-betriebenen Stadtbussen in den deutschen Bundesländern und Städten – flankiert von Detail-Statistiken zu Marken, Kosten und geplanten Anschaffungen.

Der Untertitel des inzwischen sechsten E-Bus-Radars von PwC proklamiert: „Das Jahrzehnt des E-Busses nimmt Fahrt auf!“. Die Analyse betrachtet Busse mit mehr als acht Fahrgastplätzen (Fahrzeugklasse M3), elektrifizierten Antrieben und externer Energiezufuhr, die im Sinne der „Clean Vehicles Directive“ (CVD) der Europäischen Union als „sauber“ oder „emissionsfrei“ gelten. Als Datenstand wird der 31. Dezember 2022 angegeben.

So viel zur Vorrede, schauen wir uns die Inhalte an: PwC zufolge waren zum Jahreswechsel in Deutschland 1.884 elektrifizierte Busse unterwegs, darunter 1.617 BEV, 145 FCEV, 85 Oberleitungsbusse und 37 Plug-in-Hybride. Fast die Hälfte dieser Fahrzeuge (48,4%) ist in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Hamburg unterwegs. Insgesamt kommen acht Bundesländer auf je mehr als 100 E-Busse. NRW führt das Feld mit 382 E-Bussen an, gefolgt von Hessen (292 Fahrzeuge), Hamburg (228), Niedersachsen (193), Bayern (156), Berlin (149), Schleswig-Holstein (140) und Baden-Württemberg (119). In den restlichen Bundesländern sind zusammen 225 E-Busse im Einsatz. Damit ist den PwC-Daten zufolge ein deutliches Ost-West-Gefälle feststellbar: Von den sechs Ländern im Osten der Bundesrepublik fahren bisher nur in Berlin mehr als 100 E-Busse.

Stellt man den Fokus auf die Städte scharf, ergibt sich folgendes Bild: Die meisten rein elektrisch betriebenen Busse kommen in Hamburg (225 Fahrzeuge), Berlin (149) und Köln (133) vor. Ein Vorreiter im ländlichen Raum ist der Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern: Dort sind 45 rein elektrisch angetriebene Busse unterwegs – etwa so viele wie in Hannover oder Nürnberg (je 46).

Spitzenreiter bei den mit Wasserstoff betriebenen Bussen ist mit weitem Abstand die Region Köln: Dort sind 72 Brennstoffzellenbusse im Einsatz. Also genau die Hälfte aller in Deutschland zugelassenen FCEVs. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Wuppertal (20) und Frankfurt (13). Die 85 Oberleitungsbusse sind in drei deutschen Städten unterwegs: in Solingen, Esslingen und Eberswalde.

Filtern lässt sich in der PwC-Studie auch nach Herstellern. Demnach stammen die derzeit in Deutschland betriebenen E-Busse zu mehr als 80 Prozent von fünf Herstellern – nämlich von Mercedes-Benz (692), Solaris (372), VDL (299), MAN (119) und BYD (76). Betrachtet man nur Batterie-betriebene Busse, kommt Mercedes auf 665 und  Solaris auf 267 Exemplare. Bei VDL, MAN und BYD bleibt die Anzahl identisch. Diese Hersteller haben also bisher in Deutschland nur BEV-Busse übergeben.

Aufschlussreich ist zudem die Ladestrategie der Verkehrsunternehmen für ihre Batterie-betriebenen Busse. Laut dem E-Bus-Radar werden 69 Prozent der aktuellen BEV ausschließlich nachts im Depot geladen, die restlichen 31 Prozent erhalten Strom auch per Opportunity-Charging an Endhalte- und Wendestellen.

Und preislich? Ein 12-Meter-Solobus mit Batterie-elektrischem Antrieb kostet laut PwC im Vergleich zu einem konventionellen Dieselbus aktuell etwa das 2,5-fache. Bei Gelenkbussen ist die Diskrepanz ähnlich. Konkret nennen die Analysten 550.000 bzw. 800.000 Euro für die Anschaffung von BEV-Solo- bzw. -Gelenkbussen und 240.000 bzw. 340.000 Euro für vergleichbare Diesel-Exemplare. Und: „Investitionen sind ebenfalls erforderlich, um die Ladeinfrastruktur aufzubauen und um Betriebshöfe auszubauen und zu modernisieren. Die aktuellen Anschaffungskosten für Brennstoffzellenbusse und der erforderlichen Betankungsinfrastrukturen liegen nochmals über denen für Batteriebusse.“ Kostenmindernd wirke sich aber das Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) aus: „Je vollelektrischem Bus können durch den Verkauf der Zertifikate bis zu 15.000 Euro jährlich realisiert werden.“

Zur aktuellen Entwicklung des Stadtbusmarkts halten die Studienmacher fest, dass angesichts der gesetzlichen Vorgaben die Zahl der E-Busse auch in den kommenden Jahren weiter stark zunehmen wird: Für den Zeitraum von 2021 bis 2025 müssen mindestens 45 Prozent der von Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen neu beschafften Busse im Sinne der „Clean Vehicles Directive“ der EU „sauber“ (also vollelektrisch oder PHEV), davon mindestens 22,5 Prozent emissionsfrei sein. Für den Zeitraum von 2026 bis 2030 steigen diese Anteile auf 65 bzw. 32,5 Prozent.

Ausgewertet hat PwC ferner, dass bis Mitte des Jahrzehnts bislang die Anschaffung von rund 3.900 weiteren rein elektrisch angetriebenen Bussen geplant ist, darunter mehr als 500 mit Brennstoffzellenantrieb. Bis zum Jahr 2030 erhöht sich diese Zahl auf mehr als 6.600 Exemplare. Somit wären im Jahr 2030 rund 8.500 E-Busse mit rein elektrischem Antrieb auf deutschen Straßen im Einsatz. Die ersten beiden Förderaufrufe des Förderprogramms des Bundesverkehrsministeriums für Busse mit alternativen Antrieben waren zuletzt entsprechend stark überzeichnet.

Die ambitioniertesten Pläne mit Blick auf die geplante Anschaffung rein elektrischer Busse bis 2030 hegen dem E-Bus-Radar zufolge aktuell Berlin mit 1.520 und Hamburg (Stadt + Umland) mit 1.517 Exemplaren. In der Top-10-Städteliste folgen Köln (129), Nürnberg (129), Duisburg (123), Frankfurt am Main (114), Potsdam (112), Leipzig (111), München (106) und Kiel (93).

Als kommende Herausforderungen identifiziert die Studie allen voran die Aspekte Standardisierung, Daten, Recycling und die Dekarbonisierung des Regionalverkehrs. Zu letzterem nimmt PwC folgendermaßen Stellung: „Bisher standen vor allem Stadtverkehre im Fokus der Flottenumstellung. Da aber die Clean Vehicles Directive auch auf Ebene der ÖPNV-Aufgabenträger (i. d. R. Städte und Landkreise) greift, sind zunehmend auch Verkehre in ländlich geprägten Regionen auf emissionsfreie Antriebe umzustellen, sofern hierfür CVD-relevante Stadtbusse eingesetzt werden. (…) Dadurch müssen sich zukünftig vermehrt auch kleinere und mittelständische Verkehrsunternehmen auf die Antriebswende einstellen.“

Im Gesamtbestand machen die E-Busse inzwischen rund 3,5 Prozent der gesamten ÖPNV-Busflotte aus. Bezogen auf die von der CVD erfassten relevanten Stadtbusse beträgt der Anteil laut den Analysten sogar 5,4 Prozent.

PwC gibt an, aktuell die „Begleituntersuchung zur Förderung von Elektrobussen im ÖPNV“ im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz durchzuführen. Die dargestellten Infos seien „teilweise im Rahmen dieses Projektes erarbeitet worden“. Präziser wird das Beratungsunternehmen zu seiner Methodik nicht.
pwc.de (Pressemitteilung), pwc.de (Studie als PDF)

6 Kommentare

zu „E-Bus-Radar: Wo Deutschlands ÖPNV schon unter Strom ist“
Joe Blue
30.03.2023 um 20:51
Wasserstoffbusse machen keinen Sinn. Hier lesen warum https://energiewende.eu/saubere-mobilitaet-fuer-unsere-staedte-elektrobusse-nehmen-fahrt-auf/
Nimo
21.04.2023 um 12:11
Da machst du dir es etwas zu einfach. Im Moment wird der Wasserstoff aus Erdgas hergestellt, das ist richtig. In Zukunft soll er aber aus Ländern mit viel Sonne importiert werden, dazu ist Habeck ja gerade auf der ganzen Welt unterwegs.H2-Busse brauchen laut dem Artikel nur 1/10 des Speichers, somit viel weniger Lithium, das absolut umweltfeindlich gewonnen wird.Anschaffung und Investitionen sind aktuell noch höher, liegt einfach an der Quantität der Bestellungen. Eine Tankstelle versorgt dann aber auch 50+ H2-Busse, da die Ladezeit extrem kurz ist, während du für jeden E-Buss eine eigene Ladesäule brauchst.
KBDCALLS
31.03.2023 um 00:04
Traue nie einer Statistik die du nicht selbst gefälscht hast. Nimmt die drei Bundesländer mit den meisten Bussen dann ist NRW plötzlich das trauige Schlußlicht wenn die Anzahl auf 1 Million Einwohner umgerechnet wird."In NRW kommen danach 21,2 auf 1 Million Einwohner, in Hessen fast 49 und in Hamburg 120 ." Dann sieht die Sache plötzlich ganz anders aus.
KBDCALLS
01.04.2023 um 11:55
Und in Bayern sind 12 und in BW 11 Busse auf 1 Million Einwohner also noch mieser als in NRW.
F-Electric
03.04.2023 um 11:17
Und wo ist Bremen?
Stefan
04.04.2023 um 08:40
https://www.electrive.net/2022/07/06/bremen-will-50-weitere-e-busse-beschaffen/

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