Bild: FreeNow
HintergrundFlotten

Wie Hamburg die Antriebswende beim Taxi schaffen will

In Hamburg erhalten ab 2025 nur noch elektrisch angetriebene Taxis eine Konzession – flankiert wird der Umstieg von dem Förderprogramm Zukunftstaxi. Doch wie ist die Lage in der Hansestadt, keine zwölf Monate vor der Elektro-Deadline? Nicole de Jong hat eine Zwischenbilanz gezogen und berichtet, wie sich eine Tour mit einem E-Taxi schon heute lohnen kann.

In der Elbmetropole sollen ab dem 1. Januar 2025 nur noch lokal emissionsfreie Taxis den Betrieb aufnehmen dürfen. Für Großraumtaxis mit mehr als acht Sitzplätzen und Fahrzeuge, die für den Transport von Rollstühlen geeignet sind, gilt der Stichtag zwei Jahre später. Heißt also: Spätestens 2027 kommen in Hamburg nur noch neue Taxis mit emissionsfreiem Antrieb auf die Straßen.

Damit will die Stadt die Luftverschmutzung reduzieren und das erste Bundesland werden, das ohne Verbrenner-Taxis unterwegs ist. Im Rahmen des Projektes „Zukunftstaxi“ werden neu anzuschaffende Elektrotaxis gefördert. Das Förderprojekt der Stufe 3 mit einer maximalen Fördersumme von bis zu 5.000 Euro läuft so lange, bis die noch vorhandenen Kontingente verbraucht sind beziehungsweise bis Ende Juni 2024. Nach dem Prinzip „first come, first served“ werden die Anträge geprüft und bewilligt. Bis Ende Oktober 2024 müssen die Fahrzeuge dann als Taxi konzessioniert sein.

Bislang haben die rund 1.800 Unternehmen etwa 600 E-Taxis – von insgesamt knapp 2.950 Taxis – im Einsatz, darunter 37 E-Inklusionstaxis (barrierefrei beziehungsweise behindertengerecht) der Marken Mercedes-Benz, Nissan, Toyota und LEVC. Bis zum 30. Juni 2024 sollen insgesamt 65 E-Inklusionstaxis in Hamburg fahren. In der Gesamtzahl nicht enthalten sind die sogenannten Moia-Fahrzeuge des gleichnamigen Mobilitätsunternehmens, das zur Volkswagen-Gruppe gehört. Der Fahrdienst ist derzeit mit mehr als 200 E-Großraum-Vans in der Hansestadt unterwegs, die sich bis zu sechs Fahrgäste teilen, die in die gleiche Richtung wollen.

Für unseren Podcast eMobility Insights haben wir uns kürzlich mit dem Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks über die Verkehrswende in der Hansestadt unterhalten. Was der Politiker zum Zukunftstaxi sagt, können Sie hier in der Folge erfahren:

Mit der Zahl der E-Taxis muss auch die Ladeinfrastruktur wachsen, denn die Fahrzeuge müssen auch geladen werden – und die Taxifahrer sind dabei nicht ganz so flexibel wie Privatleute mit ihren E-Autos. Die Stadt Hamburg plant weiterhin, bis voraussichtlich Ende 2024 insgesamt 40 E-Taxi-Stände mit 80 High Power Charging (HPC)-Ladepunkten für das schnelle Laden exklusiv für die Taxis bereitzustellen. Hier hat Hamburg laut dem Fachportal „Taxi Times“ eine Kooperation mit der Supermarktkette Lidl geschlossen, die künftig exklusive Ladepunkte auf verschiedenen Supermarktparkplätzen ermöglichen will.

Flankiert wird der Ladebedarf durch den Ausbau an Tankstellen oder Institutionen wie Tesla, die beispielsweise am Hamburger Elbe Einkaufzentrum bereits Schnelllader betreiben, die auch von Taxis genutzt werden können. Zudem nutzen die Taxis sehr stark die öffentliche Ladeinfrastruktur, die bisher von Stromnetz Hamburg und nun von den Hamburger Energiewerken betrieben wird.

Weitere Informationen zur Ladeinfrastruktur finden E-Taxifahrer über die Apps der jeweiligen Anbieter oder beispielsweise über diese Übersichtskarte . Der Strompreis ist abhängig vom jeweils gewählten Stromanbieter. An den Ladesäulen kann eine Vielzahl von individuellen und preislich sehr unterschiedlichen Tarifen genutzt werden. So bietet beispielsweise die Hamburger Energie sowohl für das AC- als auch das Schnellladen einen Preis von 49,90 Cent/Kilowattstunde (kWh) an. Insgesamt gibt es in Hamburg derzeit rund 1.600 öffentliche Ladepunkte, sie stehen allen Verbrauchern zur Verfügung.

Projektpartner und finanzieller Unterstützer der Hamburger Initiative Zukunftstaxi ist von Anfang an Free Now, ein Unternehmen des Mobilitäts-Joint-Ventures von BMW Group und Mercedes-Benz Mobility. Free Now ist überzeugt, dass sich der Umstieg auf E-Taxis auch betriebswirtschaftlich lohnt: Die Gesamtbetriebskosten über den kompletten Nutzungszeitraum seien günstiger als bei einem Verbrenner-Taxi. Zudem würden sich immer mehr Fahrgäste gezielt für die E-Taxi-Beförderung entscheiden und sich beim Trinkgeld großzügiger zeigen.

Das Unternehmen hat eine App entwickelt, mit der man ein Taxi oder einen Chauffeurdienst buchen, den Fahrpreis berechnen und die Fahrt bezahlen kann. Nach eigenen Angaben vermittelt Free Now fast 90 Prozent aller E-Taxis in Hamburg. Als Mobilitätsplattform will der Projektpartner dazu beitragen, den Stadtverkehr nachhaltiger und inklusiver zu gestalten.

Seit Juli können auch barrierefreie Fahrzeuge über die App gebucht werden. Die Zahl der vermittelten Touren mit inklusiven Fahrzeugen sei in der Hansestadt im Vergleich zum Start um mehr als 75 Prozent gestiegen. „Hamburg ist hier nicht nur Vorreiterin in Deutschland, sondern in ganz Europa“, sagt Alexander Mönch, President Free Now Deutschland & Österreich. Allerdings brauche es in Großstädten wie Hamburg eine Abdeckung von mehr als 100 inklusiven Fahrzeugen, um Menschen mit körperlichen Einschränkungen eine unkomplizierte und vor allem spontane Beförderung mit einem E-Taxi zu gewährleisten.

Die beliebtesten E-Fahrzeuge, die über Free Now in der Hansestadt vermittelt werden sind VW ID.4 und ID.5, Tesla Model 3 und Y sowie Kia E-Niro. Nach Angaben des Unternehmens lässt sich mit E-Taxis pro Tour ein höherer Umsatz erzielen, was für die Taxifahrer interessant sei. Der Durchschnittswert einer Tour mit einem E-Taxi liege bei knapp 33 Euro gegenüber 26 Euro für eine Fahrt mit einem konventionell angetriebenen Fahrzeug.

1 Kommentar

zu „Wie Hamburg die Antriebswende beim Taxi schaffen will“
Jan
24.01.2024 um 18:40
Ein sehr gutes Projekt. Aber die Aussage Taxifahrer sind nicht so flexibel wie private E-Auto Besitzer ist doch fraglich. Wenn die E-Auto Quote steigen soll werden es in Zukunft gerade in der Stadt mehr Laternenlader, daher ist ein Ausbau des Ladenetzes allgemein nötig. Da ein Ausbau in den Wohngebieten wohl viel zu Aufwändig ist kann die Lösung eigentlich nur die Schaffung von Schnellladepunkten (50KW) überall dort sein, wo man regelmäßig mit dem Auto hinfährt. Also vor allem Supermärkte und Einkaufszentren. Ein Laden über Nacht wie es im Moment die Mehrheit der E-Autofahrer wohl macht (eigenes Grundstück bzw. Stellplatz mit Wallbox) ist für viele Mieter nicht möglich.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert