AC-Laden am CCS-Kabel?

Auch elektrische Carsharing-Autos müssen irgendwann geladen werden, das ist logisch. Dass es bei der Kundschaft offenbar noch etwas Aufklärungsbedarf gibt, zeigt ein kurioses Foto aus München.

baywa ladestation charging station miles robin engelhardt kurzschluss 2024 01 min
Bild: Robin Engelhardt

Dort hat E-Auto-Tester Robin Engelhardt, der auch für electrive Fahrberichte schreibt, einen ganz besonderen Fall entdeckt. Am Ladepark an der BayWa-Zentrale hat er einen VW ID.3 des Carsharing-Anbieters Miles abgelichtet, der an der Schnellladesäule mit Wechselstrom laden will.

An dieser speziellen Säule, ein Alpitronic Hypercharger HYC150, wäre das sogar möglich, da BayWa bei dem Südtiroler Hersteller die Version mit zwei CCS-Kabeln zum DC-Laden und einer zusätzlichen AC-Buchse für ein Typ-2-Kabel geordert hat. Man könnte an dieser Säule also Wechselstrom beziehen. Ob aus Unwissenheit oder mit Absicht können wir an dieser Stelle natürlich nicht nachvollziehen, aber die Person, die den ID.3 dort abgestellt und zum Laden angesteckt hat, hat das Auto offenkundig nicht ans Laden gebracht. In die Ladebuchse des Fahrzeugs ist das Typ-2-Kabel zwar korrekt eingesteckt, das andere Ende mündet aber nicht im entsprechenden Anschluss der Ladesäule, sondern in dem CCS-Stecker.

In einem weiteren Post erläutert Engelhardt technisch korrekt, warum zwar das Typ-2-Kabel in den oberen Teil des CCS-Steckers passt und so „eingesteckt“ werden kann – und auch, warum dort sicher kein Ladestrom fließen wird. Denn die stromführenden Pins des Typ-2-Kabels haben im CCS-Stecker gar kein Gegenstück als Kontakt, nur die Pins zur Kommunikation sind dort belegt. Beim Gleichstrom-Laden mit dem CCS2 fließt der Strom nur über die beiden großen Pins im unteren Teil des Steckers.

Sicherheitsrelevant ist der Vorfall natürlich nicht, hier ist kein Strom geflossen und es gab keine Möglichkeit, sich an einem freiliegenden Kontakt einen (lebensgefährlichen) Stromschlag zu holen. Beim Laden eines Elektroautos fließt nur dann Strom, wenn die Kommunikation zwischen Auto und Ladesäule erfolgreich läuft – was hier nicht der Fall war.

Das Beispiel zeigt aber auch, wo die Elektromobilität vielleicht noch etwas Nachholbedarf oder Optimierungspotenzial hat. Kryptische Aufkleber aus EU-Vorschriften konnten die Fehlbedienung in diesem Fall offenkundig nicht vermeiden. Man merkt aber, was erfahrene E-Mobilisten selbstverständlich wissen und beachten, was bei Elektro-Neulingen aber nicht verbreitet ist. Einem Neuling wird schlichtweg nicht genau und für alle Ladesäulen-Modelle einheitlich erklärt, wie man vorzugehen hat, etwa wo genau der RFID-Reader für die Ladekarte des Carsharing-Autos an der Säule ist. Und Details wie die grüne LED am Hypercharger, die eben für die Lade-Bereitschaft, aber nicht für einen laufenden Ladevorgang (blau) steht, das Öffnen der Ladeklappe und von hier gleich zwei Schutzkappen und die Tatsache, dass das AC-Ladekabel im Kofferraum schlichtweg in den DC-Ladestecker passt, haben hier sicher nicht geholfen, den ID.3 erfolgreich zu laden.

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16 Kommentare

zu „AC-Laden am CCS-Kabel?“
Peter
20.03.2024 um 04:05
Es ist ein Carsharing-Auto welches offenkundig von einem Menschen so angeschlossen wurde, der überhaupt keine Ahnung hat. Gut, dass die Technik so "Ideotensicher" ist. Ob es jetzt "Nachholbedarf" bei der Elektromobilität an dieser Stelle gibt weiß ich nicht. Ist das Gleiche als ob jemand einen Ferrari mit 95 Super Benzin und nicht mit 98 Super Plus Benzin tankt.
Andreas
21.03.2024 um 13:21
Der Unterschied ist aber, dass der Ferrari mit Super trotzdem fährt, mit Super Plus eben etwas besser. Aber den Unterschied merkt man kaum
Martin
20.03.2024 um 07:53
Dass das überhaupt möglich ist, verdanken wir der europäischen Bürokratie. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich vor über zehn Jahren gelesen hatte, dass sich Europa endlich auf einen Ladestecker geeinigt hat. Dejavu. Denn genau diese Schlagzeile war ca. ein Jahr vorher schon mal in den einschlägigen Medien gewesen. Warum eine (neue) Einigung nach der Einigung? Ich machte mich auf die Suche und wurde schnell fündig: Ursprünglich war der Standardstecker für Europa von Mennekes entwickelt worden. Diese Firma hatte die geniale Idee, das Kabel auf beiden Seiten mit dem selben Stecker auszustatten, sodass es egal war, welche Seite man am Auto und welche an der Ladesäule ansteckte. Die Chinesen waren sehr schnell beim kopieren und etablierten diesen Standard ebenfalls. Das Update im Standard der Europäer bestand nun darin, auf der Fahrzeugseite männlich und weiblich zu vertauschen. Was heute im Zeigeist liegt, war damals wahrscheinlich eine Methode, den Standard so zu verändern, dass er mit dem chinesischen nicht mehr kompatibel war. Jedenfalls aus meiner Sicht eine schlechte Entscheidung. Und wie man hier nun sieht, war es damals alles andere als schlau.Übrigens: hätte ich etwas bei der Entwicklung von CCS mitzureden gehabt, dann wäre dort ganz sicher keine Powerline-Communication reingekommen. Diese Idiotie verdanken wir wohl ein paar übereifrigen Lobbyisten der PLC-Chiphersteller.
Hansruedi Würsch
20.03.2024 um 08:25
AC-Laden am CCS-Kabel? Sollte heissen: Warum lädt mein EV nicht, wenn ich mein Typ 2 Kabel am CCS Kabel einstecke. Da genügt noch ein Satz für die Laien. Der Artikel sugeriert uns Experten, dass da einer etwas gefunden hat, was wir uns nicht vorstellen können. Mit meiner Neugier alles zu verstehen folge ich der Irreführung & bin sehr entäuscht darüber. Über die Meldung dass Chademo EVs mit einem Adapter neu auch am CCS für 1000€ laden können freue ich mich. Vor vielen Jahren gabs eine Initiative bei Goingelectric eine Sammemmelbestellung für die Entwicklung eines Chademo / CCS Adapters der unerschwinglich war. Wenn electrive solche Anlock Stories rausfiltern kann, würde der herforragende Ruf erhalten bleiben. Lg Hansruedi Würsch, Botschafter V2X AC Onboard integriert info@smart-bi-charge.ch
erFahrer
20.03.2024 um 08:31
….oder, dumm stellen ist einfacher als umgekehrt. Nur „angesteckte“ Fahrzeuge dürfen diesen Platz als Parkplatz nutzen, was hier der Fall ist?
Tom
20.03.2024 um 08:38
Grundsätzlich darf bei Bedienung von sämltichen Geräten und Maschinen eins nicht fehlen: Ein gutes stück Hirn und Sachverstand...
U. Rücker
20.03.2024 um 08:40
Es ist in der Tat so, dass sowohl die Hersteller als auch erfahrene Elektromobilisten unterschätzen, wieviel Unwissen und Verunsicherung bei Verbrennerfahrern herrscht, was diese Dinge angeht. Ja, auch ich habe am Anfang gesucht, wo ich die RFID Karte hinhalten muss. Auch mir war es ein Mysterium, warum man für den Strom verschiedene Steckertypen braucht, warum es sinnvoll ist, sich mehrere Ladekarten zuzulegen, um für möglichst jede Säule eine passende Karte zu haben. Und für jemand, der mit Verbrennern groß geworden ist, ist die Preisvariabilität der verschiedenen Anbieter, die Abhängigkeit von der Ladedauer und davon, ob man den Grundtarif hat oder ein monatliches Abo für seine Ladekarte zahlt ein Rätsel. Mir jedenfalls ist es bisher in vielen Fällen nicht gelungen herauszufinden, welche meiner 3 Karten jetzt den günstigsten Preis ergibt. Alle, die die Elektromobilität fördern wollen, können den "Anfängern" helfen, solche Hürden zu überwinden, und solche Artikel und auch die Aufklärungsarbeit in den sozialen Medien sind ein wichtiger Beitrag dazu. Vielen Dank dafür daher, dass man sich diese Arbeit macht! Die Hersteller und auch die Autovermietungen indes wären gut beraten, Interessenten und Neukunden nicht bloß ins Fahrzeug zu setzen, sondern gerade bei Themen rund ums Laden durch Personal an die Hand zu nehmen, das selbst elektrisch fährt und weiss, wovon es redet.
Ioniq Knechter
20.03.2024 um 09:17
Um der intransparenz an der Ladesäule entgegenzuwirken, muss man bis jetzt eine App benutzen.(Hoffentlich ändert sich das bald, siehe die neuesten Tesla Standorte)EVMap - zeigt in der App an, welcher Preis, bei welchem Anbieter, an der Ladesäule, an der man Laden möchte, am günstigsten ist.Da kann es schon Unterschiede um 15 Cent geben!
Peter
20.03.2024 um 09:30
Genial oder Wahnsinn Egal Auto kostenlos abgestellt
Michael
20.03.2024 um 09:38
Da hat es Tesla cleverer angestellt. Sie sind von der Dummheit der Menschen ausgegangen und haben deswegen nur einen Stecker für AC und DC. Nach über 6 Jahren BEV fahren glaube ich, dass dies die bessere (=Alltagstauglichere) Lösung ist. Man kann auf Nordamerika neidisch sein, dass sich dort NACS durchsetzt. In Europa wird man einen solchen move nicht mehr hinbekommen.
Max
20.03.2024 um 09:49
Mich ärgert die Arroganz, die ich in manchen Kommentaren hier ablese. Offensichtlich erlaubt die Technik eine solche Konstruktion, und das CCS-Kabel ist kurz im Verhältnis zum Abstand zwischen Parkplatz (ungünstig verkürzt durch den höhergelegten Begrenzungsstein, eine hässliche Barriere und Stolperfalle) und Ladesäule. Die vorgebliche Kompatibilität von Typ 2 und CCS hat hier also klare Nachteile. Das erinnert mich an den Unfall im Kernkraftwerk Three Mile Island, bei dem meines Wissens nach auch identische Anschlüsse für verschiedene Schläuche (Wasser, Dampf, Luft???) mitursächlich für die Fehlbedienung war. Schlechtes Design!
Joe Hank
20.03.2024 um 16:55
Es gibt eine einfache Regel die hier 100% geholfen hätte den Fehler zu vermeiden und die man unbedingt verbreiten sollte: es funktioniert nie zwei Ladekabel ineinanderzustecken!
Anonymus
21.03.2024 um 13:04
Jein... Wenn man sich wirklich auskennt und ich werde hier mit erklären wie , kann man den proximity Port verlängern. Dann kann man wie schuko die Kabel verlängern. Vorsicht! Die Kabel Ampere zulassung wird nicht mehr ausgelesen
Bartholomäus Steiner
21.03.2024 um 07:49
Was, das funktioniert nicht? Ich mache das immer so!
jba
23.03.2024 um 07:42
Meiner Meinung nach Fake, da ja das Typ 2 Kabel unterschiedlich Große Stecker hat - nachdem das CCS Kabel am Auto angesteckt wird, hat es somit den großen Stecker - ei. Typ 2 Kabel hat aber Wall ox-seitig einen kleineren Stecker.
def
25.03.2024 um 08:37
Was macht denn eigentlich die dünne graue Schlaufe am gelben Ladekabel? Ist damit das Kabel, das Auto oder die Säule gegen Diebstahl gesichert? . Sehr schönes Fundstück. Persönlich, als E-Fahrer mit knapp 11 Jahren Erfahrung - die Standardisierung in Europa ist gut und funktioniert doch mit dem CCS prima. Damals brauchte ich mehrere Adapter und am besten mehrere Dutzend Ladekarten, um durch/in Deutschland zu fahren/laden!

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