Hylane-Chefin: Wollen H2-Flotte auf vierstellige Anzahl an Fahrzeugen ausbauen
Hylane versteht sich als Pionier in der Wasserstoff-Mobilität und hat erst diese Woche gut 150 Vertreter des nationalen Wasserstoffsektors in seine Heimtstadt Köln eingeladen, um die drängendsten Herausforderungen für den Einsatz von Wasserstoff-Lkw zu adressieren. In diesem Kontext sprechen wir mit Hylane-Geschäftsführerin Sara Schiffer über die bisher auf die Straße gebrachten H2-Lkw, die momentane Fahrzeugauswahl und die Perspektiven des noch jungen Mietgeschäfts – auch vor dem Hintergrund der gestrichenen Förderung.
Frau Schiffer, wie viele von Hylane vermietete Brennstoffzellen-Trucks sind aktuell auf den Straßen? Und wie weit kommen sie mit einer Tankfüllung?
Etwa 40 Wasserstoff-Lkw von hylane sind auf den Straßen unterwegs. Mit einer Tankfüllung kommen sie 400-500 km weit – auch bei geringen Temperaturen, wie wir sie diesen Winter hatten. Die Reichweite ist also Praxis-geprüft.
Können Sie uns Ihren typischen Kunden skizzieren? Sind es eher kapitalstarke, große Unternehmen, oder haben Sie beispielsweise auch Mittelständler dabei?
Wir haben ein sehr breites Kundenspektrum von Giganten wie DB Schenker, Hermes oder REWE bis zu Hidden Champions aus dem Mittelstand. Gerade kleinere Unternehmen würden sich ohne unser Mietmodell heute wahrscheinlich noch keinen Wasserstoff-Lkw leisten.
Wie kommt der Kontakt zu potenziellen Kunden zustande? Werden Sie eher von Interessierten angesprochen oder gehen Sie aktiv auf Kundenakquise?
Die meisten Kontakte entstehen durch Speditionen und Verlader, die sich mit Mietanfragen an uns wenden. Im Moment ist die Nachfrage nach den Fahrzeugen so hoch, dass wir kaum aktive Kundenakquise betreiben.
Neben dem H2-Lkw brauchen Kunden auch Wasserstoff-Tankstellen. Wie sehr hemmt es, dass gleich ein ganzes Ökosystem neu geschaffen werden muss?
Absolut. Hier muss beides zusammenkommen. Auch wenn sicher noch einiges zutun ist, haben wir in Deutschland eine gute Ausgangssituation. Das deutsche Wasserstoff-Tankstellennetz ist eines der dichtesten weltweit, sodass in vielen Regionen schon flexible Einsatzmöglichkeiten für Wasserstoff-Lkw bestehen.
Sie bieten Ihre H2-Lkw im „Pay-per-Use“-Modell an. Was kostet ein Brennstoffzellen-Truck bei Ihnen denn aktuell auf einen Kilometer heruntergebrochen?
Der Kilometerpreis hängt von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel der Laufleistung des Lkw ab. Ganz grob liegt der Preis bei etwas über einem Euro pro Kilometer.
Rechnet sich das Geschäftsmodell für Sie? Und für die Kunden?
Nachhaltigkeit nimmt einen immer höheren Stellenwert in der Gesellschaft ein – vor allem meine Generation kommt an einem hohen Anspruch an Nachhaltigkeit nicht mehr vorbei. Das führt dazu, dass immer mehr Verlader klimafreundliche Transporte fordern. Wenn Speditionen diese Anforderung bedienen können, ist das für sie also ein ganz klarer Wettbewerbsvorteil. Mit unserem Angebot reagieren wir auf diese Entwicklung.
Wie eng begleiten Sie Ihre Kunden beim Betrieb der H2-Lkw und wie bewerkstelligen Sie das von Ihrer Zentrale in Köln aus?
Wir legen großen Wert darauf, unsere Mieter während des gesamten Betriebsprozesses eng persönlich zu begleiten. Das erfolgt auf mehreren Ebenen. Wir unterstützen vorab bei der Einsatzplanung der Fahrzeuge. Bei der Übergabe bieten wir gemeinsam mit der DEKRA umfassende Trainings für Fahrer und Fuhrparkmitarbeiter an, um sie mit der Technologie unserer H2-Lkw vertraut zu machen. Während des Betriebs treffen wir uns mindestens alles halbe Jahr mit unseren Mietern, um zu besprechen, wie wir den Einsatz weiter verbessern können. Darüber hinaus stehen unsere Experten für technische Unterstützung rund um die Uhr zur Verfügung, um eventuelle Probleme schnell zu lösen und einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten.
Trotz moderner Kommunikationsmedien, die wir natürlich für spontane Abstimmungen nutzen, halten wir den persönlichen Austausch für unersetzlich. Wir organisieren deshalb regelmäßig Termine bei unseren Mietern vor Ort.
Hylane hat im Dezember 2022 das erste Fahrzeug zugelassen. Etliche weitere folgten. In welcher Phase sehen Sie Ihr Unternehmen im Augenblick?
Nach über einem Jahr mit Fahrzeugen auf der Straße können wir sagen, dass die Technologie trägt. Die Fahrzeuge fahren zuverlässig, die Reichweiten sind stabil und unsere Mieter zufrieden. Das gibt uns eine gute Basis, um unsere Flotte weiter auszubauen.
Wie bewerten Sie das Angebot an H2-Lkw? Gibt es genügend Variantenvielfalt?
Vor allem in Europa ist das Angebot im Moment noch limitiert – insbesondere im Bereich der Sattelzugmaschinen. Viele OEMs arbeiten an Fahrzeugmodellen, aber nur wenige sind schon lieferfähig. Das bietet eine Chance für neue Player und internationale Hersteller, wie zum Beispiel Hyundai, in den deutschen Lkw-Markt einzusteigen.
Was entgegnen Sie Branchenkennern, die H2-Lkw künftig neben BEV-Lkw nur als Nischenanwendung sehen?
Ich habe keine Glaskugel. Vermutlich wird es nicht „die“ eine Technologie geben, die Diesel-Lkw in Zukunft ablöst, sondern ein Miteinander von vielen Antriebslösungen. Wasserstoff-Lkw sind im Alltagseinsatz sehr ähnlich zu Diesel-Lkw, was eine hohe Nutzerakzeptanz schafft. Für kritischer als die Fähigkeiten der Fahrzeuge, halten wir aber ihre Energieversorgung. Wasserstoff kann hier Entlastung schaffen und Energie speichern und transportieren, die nicht ins Stromnetz eingespeist werden kann.
Wie sehr schmerzt die abrupt beendete KsNI-Bundesförderung für Lkw mit alternativem Antrieb? Die Förderung hatten Sie ja auf die Mietraten umgelegt und sie damit günstiger gemacht.
Die KsNI-Förderung hat es uns ermöglicht, unsere initiale Flotte aufzubauen und unseren Mietern zu reduzierten Mietraten anzubieten. Wir haben diesen Schub genutzt, um die Tragfähigkeit der Technologie zu validieren. Jetzt geht es darum, Skaleneffekte zu generieren, die schrittweise zu sinkenden Preisen führen. In der Zwischenzeit ist es wichtig, dass andere regulatorische Maßnahmen, wie z. B. eine CO2-basierte Maut, greifen, um die Mehrkosten so weit zu senken wie möglich.
Was sind darüber hinaus die größten Bremsklötze beim Hochlauf von H2-Lkw?
Wir leben im Moment in einer Welt, die immer komplexer wird. Dadurch nimmt die Unsicherheit zu und das macht es schwerer, Entscheidungen zu treffen. Dabei ist gerade jetzt die Zeit, in der wir kluge Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit finden müssen. Wir versuchen darauf, mit unserem Modell zu reagieren und Sicherheit zu schaffen, indem wir klimafreundliche Fahrzeuge in einem risikoarmen Mietmodell anbieten.
Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich dar? Sind wir bei H2-Lkw eher Speerspitze oder Nachzügler?
Im Moment steht Deutschland im internationalen Vergleich sehr gut da. Wir haben nicht nur eines der dichtesten Tankstellennetze weltweit, sondern auch die meisten Wasserstoff-Lkw in Europa. Natürlich sind das immer noch sehr geringe Stückzahlen, aber sie helfen dabei, einen Wissensvorsprung aufzubauen. Damit wir den nutzen können, müssen wir den angestoßenen Prozess jetzt kanalisieren und weiter beschleunigen.
Wo will Hylane grundsätzlich hin? Hegen Sie beispielsweise Pläne, in weitere Länder zu expandieren?
Unser Ziel ist es, die Transporte auf den Straßen in Europa nachhaltiger zu machen. Der nächste Schritt dahin ist es, unsere Flotte auf eine vierstellige Anzahl an Fahrzeugen auszubauen.
Vielen Dank für das Interview, Frau Schiffer.
13 Kommentare