Deutsches Konsortium startet Projekt zum bidirektionalen Laden
Das Bundeswirtschaftministerium hat zwar die Schirmherrschaft übernommen, fördert das Projekt aber nicht finanziell. Das Vorhaben wird vollständig von der Industrie finanziert. Beteiligt sind die Unternehmen Bayernwerk Netz, BMW, EWE Netz, Lechwerke, Maingau Energie, Octopus Energy, TenneT, The Mobility House und TransnetBW.
Bayernwerk Netz, EWE Netz und die Lechwerke zählen zu den größten Verteilnetzbetreibern Deutschlands, bei denen laut dem BMWK in Summe knapp zehn Prozent der Marktlokationen in der Niederspannung angeschlossen sind. Auf Übertragunsnetzebene decken TenneT und TransnetBW wiederum gut die Hälfte des deutschen Übertragunsnetzes ab. In der Breite umgesetzt soll das bidirektionale Laden zukünftig den Netzausbau und die Stromkosten senken.
Im Rahmen des Projekts sollen in den kommenden sechs Monaten „mehrere innovative Konzepte im Zusammenspiel des Ladens von E-Autos mit dem Stromsystem“ umgesetzt werden. Bei der netz- und marktdienlichen Steuerung der Ladevorgänge geht es zum Beispiel darum, die E-Autos vor allem dann zu laden, wenn Wind und Sonne im Überfluss verfügbar sind. Andererseits sollen sie dann Strom zurück ins Netz speisen, wenn die Nachfrage hoch ist oder die Netze stabilisiert werden müssen. „Dabei wird der Zustand der Netze auf allen Ebenen in die Optimierung der Ladevorgänge einbezogen. So sollen erstmalig alle Stromnetzebenen zugleich optimiert und besser ausgelastet werden“, so das Wirtschaftsministerium.
Kernpunkt des Projekts ist eine App, über die teilnehmende Kunden festlegen können, bis wann ihre Autos den angestrebten Ladezustand erreichen sollen. Wann und wie genau die Batterie be- und entladen wird, um zum gewünschten Zeitpunkt den vorgegebenen Ladestand zu erreichen, bestimmt das System kann. Maßgebend für die genaue Steuerung ist nicht nur die Netzauslastung, sondern auch der Strompreis – Kunden sollen dadurch von niedrigen Ladestrompreisen profitieren, die besonders dann auftreten, wenn Solar- und Windparks besonders stark ins Netz einspeisen. So könne auch der Anteil an erneuerbaren Energien im Gesamtsystem erhöht werden, schreibt das BMWK.
Seit 2023 setzt sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter dem derzeit noch geschäftsführenden Minister Robert Habeck (Grüne) für das bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen ein. Im November 2023 fand eine Auftaktveranstaltung zum in der Branche als „BiDi-Gipfel“ bekannten Format statt, im Oktober 2024 gab es ein zweites Branchenevent zu dem Thema. Offen ist, wie die kommende Bundesregierung sich positionieren wird – noch sondieren die Union und SPD, es laufen noch nicht einmal konkrete Koalitionsverhandlungen.
„Zukünftig sollen E-Autos nicht mehr nur Strom tanken, sondern ihn bei Bedarf auch wieder zurück ins Netz geben. So wird die E-Mobilität dazu beitragen, die Stromnetze deutlich besser auszulasten und die Stromkosten für Wirtschaft und Verbraucher zu senken“, sagt Robert Habeck. „Das Pilotprojekt der Industrie geht jetzt den entscheidenden Schritt, von der Theorie in die Praxis. Das Ziel ist, dass das Projekt Schule macht und das bidirektionale Laden in Deutschland schnellstmöglich Realität wird. E-Auto-Besitzer können dann unter dem Strich sogar Geld mit dem Stromverkauf verdienen, anstatt für das Stromtanken zu bezahlen.“
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