Northvolt stellt Produktion im Stammwerk in Schweden ein

Der insolvente Batteriezellhersteller Northvolt stellt die Produktion in seinem Stammwerk im schwedischen Skellefteå komplett ein. Zuletzt bediente die Fabrik nur noch einen einzigen Kunden, den Lkw-Hersteller Scania. Spätestens am 30. Juni ist Schluss, 900 Menschen bangen um ihre Jobs.

Bild: Northvolt

Der Insolvenzverwalter Mikael Kubu teilte nun mit, dass die Suche nach einem Käufer für die Produktionsanlage namens Northvolt Ett zwar voranschreitet, aber aktuell nicht absehbar sei, dass in naher Zukunft ein Käufer das Stammwerk tatsächlich übernehmen könnte. Daher soll nun die Fertigung, die zuletzt mit Unterstützung eines einzelnen Bestandskunden – gemeint ist Scania – weiterlief, schrittweise heruntergefahren und zum 30. Juni 2025 eingestellt werden.

Laut dem schwedischen Fernsehsender SVT sollen dort zuletzt nur noch 900 Personen gearbeitet haben – obwohl es Ende März noch hieß, in Skellefteå sollten 1.200 von 3.000 Menschen ihre Jobs behalten. Doch dass die nur noch für den Kunden Scania tätig waren, konnte auf Dauer so nicht weitergehen. Und so sagte nun ein Scania-Pressesprecher gegenüber SVT: „Leider ist dies für Scania finanziell nicht mehr tragbar“. Heißt letztlich: Die Batteriezellen aus der schwach ausgelasteten Fabrik sind im Zuge des Insolvenzverfahrens zu teuer geworden.

Gerüchte, wonach Scania seine Batteriezellen künftig vom chinesischen Batterieriesen CATL beziehen werde, wollte der Scania-Sprecher nicht direkt bestätigen, sondern sagte: „Heute geben Northvolt und der Konkursverwalter bekannt, dass sie die Produktion einstellen. Dann sollten wir hier nicht stehen und über andere Lieferanten reden.“ Es sei jedoch leicht zu erkennen, dass es in Europa keine Batterieproduktion dieses Kalibers mehr gebe, so der Scania-Sprecher weiter. Wobei die Scania-Mutter Volkswagen, die auch Großaktionär von Northvolt ist, unter dem Namen PowerCo gerade eigenen Zellfabriken in Salzgitter, Sagunto (Spanien) und außerhalb von Europa in St. Thomas (Kanada) aufbaut.

Das angekündigte Ende der Batteriefertigung von Northvolt folgt auf eine Reihe von Hiobsbotschaften: So kämpfte das Unternehmen seit Start der Produktion in Skellefteå Ende 2022 mit Qualitätsproblemen. Der Produktionsausschuss war auch im Sommer 2024 noch viel zu hoch, was nicht nur enorme Kosten verursachte, sondern auch die Produktionsmenge der auslieferungsfähigen Zellen weit unter Plan hielt. Das führte schließlich dazu, dass Northvolt-Anteilseigner BMW einen Milliarden-Auftrag stornierte.

Kurze Zeit später musste Northvolt sich angesichts leerer Kassen von ersten Töchtern trennen. Doch die Lage spitzte sich weiter zu: Im November 2024 beantragte Northvolt ein Gläubigerschutzverfahren nach US-Insolvenzrecht und CEO Peter Carlsson trat ab. Doch auch das half nicht viel, so dass im März schließlich die Muttergesellschaft Northvolt AB sowie mehrere Töchter in Schweden Insolvenz anmeldeten. Und Ende März folgte dann die Nachricht, das rund 2.800 der 4.500 in Schweden beschäftigten Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze verlieren würden – unter anderem auch in jenem Stammwerk in Skellefteå.

Unklar ist weiterhin, wie es um die im Bau befindliche Northvolt-Fabrik in Heide in Schleswig-Holstein steht. Laut NDR laufen auf dem Gelände zwar aktuell Bauarbeiten, jedoch geht es dabei eher um Infrastrukturmaßnahmen oder Tiefbauarbeiten für die Verlegung von Stromleitungen. Formell ist die deutsche Northvolt-Gesellschaft zwar unabhängig von Northvolt in Schweden und die Vorgänge in Schweden sollen laut einem Northvolt-Deutschland-Sprecher keine Auswirkungen auf den geplanten Standort in Heide haben. Doch man muss wohl davon ausgehen, dass das Projekt nur mit einem neuen Investor überlebensfähig wäre. Da in das Northvolt-Projekt in Heide bereits 600 Millionen Euro an Steuergeldern geflossen sind, hat das Thema auch politische Brisanz. Der Bundesrechnungshof prüft inzwischen die deutschen Hilfen für Northvolt – und im Landtag von Schleswig-Holstein wird womöglich ein Untersuchungsausschuss einberufen werden.

spiegel.de, ndr.de

11 Kommentare

zu „Northvolt stellt Produktion im Stammwerk in Schweden ein“
tacjazo
22.05.2025 um 23:21
Das ist das Ergebnis des politischen Zweifelns. Wer in Europa denkt, er werde mit ein paar hundert Millionen über 2-3 Jahren Wettbewerbsfähig zu Zeiten von Inflation Reduction Act (USA) und massiver Subventionen über die gesamte Wertschöpfungskette (China), der wacht eines Tages mit einem blauen Auge auf.Diese enorme Systemtransformation weg von den Fossilen in allen Belangen benötigt 1. Zeit, 2. politisches Durchhaltevermögen und 3. jede Menge Fördergelder. Eine Kombination, die allerhöchsten in Norwegen anzutreffen ist. Und die sind noch nicht Mal in der EU. Sehr schade um Northvolt. Wenn die gewählten Politiker jetzt auch noch so schlau sind einen Käufer aus China für Northvolt aufzutreiben, dann ist dies endgültig der Beweis, dass niemand tatsächlich an einer sauberen, unabhängigen Energiewirtschaft interessiert ist.
TeeKay
23.05.2025 um 13:16
Nein, das ist die Folge von firmeninternen Problemen bei Northvolt. Wer so viel Ausschuss produziert, dass er Kundenbestellungen nicht bedienen kann und daher selbst Aufträge von Anteilseignern verliert, braucht nicht auf Politiker zeigen. Die genialen Manager haben es geschafft, ein Unternehmen mit einem Auftragsbestand von 50 Mrd Dollar an die Wand zu fahren.
Malthus
23.05.2025 um 09:28
>das Ergebnis des politischen ZweifelnsWenn sie denn wenigstens gezweifelt hätten beim "unsere Demokratie" = Volkswirtschaft an-die -Wand-fahren.Aber wer nichts weiß, muss halt glauben & ist zweifellos; Laberfachstudien helfen dabei sehr, und Geschichtsbücher sind ja von Gestern.Zweifel, mein Herr Gläubiger, schafft Wissen!
lanzu
23.05.2025 um 08:56
Der IRA ist so gut wie Geschichte. Die Zahlungen laufen aus oder werden direkt gestrichen. Im Moment sind die Aussichten in den USA auch ziemlich eingetrübt.Politisch scheinen EU und USA ziemlich wankelmütig. Die Wähler sind nicht stabil genug. Ob nun aufgrund eigener Präferenzen oder Einflussnahme der fossilen Industrie und Brennstoff exportierenden Staaten.
FAFO
23.05.2025 um 11:44
Es soll der 7500 $ customer credit gestrichen werden. Die 35 $/kWh company tax credit pro lokal produzierter battery cell (seit diesem Jahr auch nur noch mit non-CN Aktivmaterial) und 10 $/kWh battery pack in Kombination mit den import tariffs erreicht, dass US made battery cells + packs günstiger sind als ein CN import.
Richi
23.05.2025 um 07:52
Na, da hat unsere letzte Bundesregierung und das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Fachmann mal wieder richtig Geld in den Sand gesetzt. Es wird halt mal wieder ohne Konsequenzen für die Verantwortlichen bleiben. In der Wirtschaft dürften solche Fachleute nicht mal den Hof fegen.
Dirk
23.05.2025 um 13:23
Rat mal, warum solche superschlauen Kommentatoren wie Du in der Politik oder Wirtschaft keine grosse Rollen spielen. Hinterher schlau daherreden kann jeder.Dass Northvolt qualitative Probleme bekommt kann man wohl kaum einem Wirtschaftsminister anlasten, der Schlüsseltechnologien ins Land holen will.
Martin
23.05.2025 um 11:26
Das Beispiel zeigt, dass man es hierbei nicht mit einer trivialen Technologie zu tun hat. Der Zweck einer europäischen Batterieproduktion heiligt in meinen Augen die Mittel einer entsprechenden Förderung. Bei der Auswahl eines dafür geeigneten Partners hätte es wohl etwas mehr Sorgfalt bedurft, aber hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Man darf gespannt sein, ob es bei PowerCo besser läuft.Neben Northvolt gibt es ja auch noch andere Projekte mit öffentlicher Förderung, bei denen Habeck nicht direkt im Fokus stand. Z.B. die Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster (FFB). Gelegentlich macht sie uns auf ihre aktuellen Forschungsergebnisse aufmerksam. Zum Jubeln bieten diese allerdings wenig Anlass angesichts der bereits vor der Serienfertigung stehenden Projekte der größten Anbieter aus China oder Südkorea. Denen hinken wir derart hinterher, dass wir uns fragen müssen, zu wieviel finanziellem und personellem Engagement wir hier bereit sind.
Norman
23.05.2025 um 14:57
Volle Zustimmung!
Bernd
23.05.2025 um 09:15
Es war doch wohl ein ehrenwertes Ziel, eine Batterieproduktion in Europa zu etablieren. Wenn diese Jobs so einfach sind, mach doch mal selbst einen davon, anstatt hier vom Sofa aus schlaue Kommentare abzugeben.
Linksgrün
23.05.2025 um 17:14
Der Bundeswirtschaftsminister der alten Bundesregierung wußte jedenfalls meistens, was er tat. Jetzt haben wir eine "Wasserstoff-Konigin". Die läßt erstmal 20 GW fossile Kraftwerke neu bauen, weil "Regenerative alleine nicht gehen". Wenig Ahnung und Klima - nein danke!

Schreiben Sie einen Kommentar zu TeeKay Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert