China lässt Exporte von Seltenen Erden wieder zu – diktiert aber Konditionen
Seltene Erden sind und bleiben ein wirtschaftspolitisches Druckmittel der chinesischen Regierung. Nach einem Exportverbot Mitte April als Reaktion auf den von US-Präsident Donald Trump angezettelten Zollstreit, lässt Peking zwar nun laut Medienberichten wieder Lieferungen zu, jedoch nur unter strengen Auflagen. Für die Abnehmer bleibt die Lage kritisch, es sollen gravierende Engpässe drohen: Die „Wirtschaftswoche“ zitiert etwa „gut informierte Industriekreise“, wonach es schon in Kürze zu ersten Produktionsstopps bei westlichen Autoherstellern kommen könnte.
Von den stotternden Lieferungen aus China ist vor allem die Produktion von Elektromotoren mit Dauermagneten betroffen, sogenannte permanenterregte Synchronmaschinen (PSM). Die PSM gehören aufgrund ihrer höheren Leistungsdichte zu den bevorzugten Elektromotoren in E-Fahrzeugen. Autobauer, die auf Asynchronmotoren (ASM) oder stromerregte Synchronmaschinen (EESM) setzen, dürften hingegen weniger Probleme bekommen – in diesen Elektromotor-Bauarten kommen keine Dauermagnete und damit keine Seltenen Erden zum Einsatz. Allerdings könnten auch diese Unternehmen auf eine andere Art und Weise betroffen sein, wie auch die Hersteller von Verbrennerautos: In elektromechanischen Servolenkungen kommen auch oft Elektromotoren mit Dauermagneten zum Einsatz. Ebenso (teilweise in geringeren Mengen) in Lasern, Autoscheinwerfern und etwa Zündkerzen, aber auch branchenübergreifend in Computerchips, Kondensatoren und Smartphones.
Wie die „Wirtschaftswoche“ schreibt, verlegten sich Chinas Behörden schon im April darauf, neuerdings Exportlizenzen für Seltene Erden zu verlangen, hatten dafür aber noch kein System etabliert. Faktisch kamen die Lieferungen von sieben chemischen Elementen zum Erliegen. Offiziell war der Exportstopp eine Reaktion auf die US-Zölle auf chinesische Waren, er betraf aber alle Exporte, nicht nur die in die USA. „Nach der jüngsten Einigung im Zollstreit zwischen Peking und Washington ist nicht ganz klar, warum es immer noch zu Verzögerungen kommt“, heißt es in dem Artikel weiter. Und: „Vielleicht will das Land also auch Druck auf Brüssel erzeugen, um die ungeliebten Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge loszuwerden.“
Klar ist, dass China seine dominierende Marktmacht ausnutzt. Das zeigt sich u.a. darin, dass die nun wieder angelaufenen Ausfuhren von China streng reglementiert werden. So dürfen Abnehmer die Seltenen Erden aus China beispielsweise nicht in die USA verkaufen – weder als Rohstoff, noch verarbeitet in einem Endprodukt. Und die „Wirtschaftswoche“ zitiert einen Insider aus der deutschen Autoindustrie mit den Worten, dass man zwar Lizenzen bekomme, „aber man weiß nie, ob plötzlich die Ausfuhr gestoppt wird, weil ein angeblicher Formfehler gefunden wurde“. Die Abnehmer fürchten also eine gewisse Willkür. Offiziell sagen will das aber niemand. „Angesprochen auf die Knappheit und mögliche Exportprobleme, reagieren die deutschen Autobauer ausweichend“, heißt es in dem Bericht weiter.
Branchen-Beobachter wie Christian Grimmelt, Partner bei der Unternehmensberatung Berylls by AlixPartners, gehen hierzulande von baldigen Engpässen aus. Gegenüber der „Automobilwoche“ sagte er: „In vier bis sechs Wochen dürften die letzten Lagerbestände verbaut sein. Dann werden Teile der Produktion eingestellt werden müssen.“ Und wenn doch noch Seltene Erden geliefert werden, dann wird dafür immer mehr verlangt: „Die betreffenden Seltenen Erden kosten 40 bis 50 Prozent mehr als vor wenigen Monaten“, so Grimmelt.
China kann die Konditionen derart beliebig diktieren, weil die Volksrepublik ein Quasi-Monopol für 17 Elemente unter den Seltenen Erden hält. Außerdem verfügt das Land auch über 87 Prozent der Verarbeitungs- und 91 Prozent der Raffinerie-Kapazitäten. Bei Seltenerdmagneten (hergestellt aus sogenannten schweren Seltenerdmetallen) ist Chinas Dominanz nochmals größer. Der Export ist und bleibt für China aber wichtig. Deshalb ist auch davon auszugehen, dass der allumfassende Exportstopp vom April als keine langfristige Maßnahme geplant war. Die „New York Times“ schrieb damals etwa, dass die chinesische Regierung wohl die Zeit nutze, um „ein neues Regulierungssystem auszuarbeiten“, das dafür sorgen soll, dass „bestimmte Unternehmen, darunter auch amerikanische Rüstungsunternehmen“ dauerhaft von der Belieferung aus China mit diesen Materialien ausgeschlossen werden.
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