US-Batterieentwickler Lyten will Northvolt übernehmen
Northvolt und Lyten kennen sich bereits durch frühere Transaktionen: Im Zuge der Krise bei dem schwedischen Unternehmen übernahm Lyten bereits im vergangenen November die kalifornischen Batterieproduktionsanlagen von Northvolt-Tochter Cuberg. Im Juli dieses Jahres folgte dann die Übernahme von Northvolt Dwa ESS im polnischen Danzig, einer Produktions-, Forschungs- und Entwicklungseinrichtung für stationäre Batterie-Energiespeichersysteme.
Nun also geht Lyten „all in“: Das 2015 gegründete Unternehmen aus San Jose in Kalifornien, das sich auf die Produktion von Lithium-Schwefel-Batterien spezialisiert hat, will durch die Übernahme der restlichen Standorte von Northvolt in Schweden und Deutschland massiv expandieren – (noch) nicht aber die Aktivitäten in Kanada. Die Übernahme umfasst Northvolt Ett und Ett Expansion (Skellefteå, Schweden), Northvolt Labs (Västerås, Schweden) und Northvolt Drei (Heide, Deutschland). Darüber hinaus erwirbt Lyten alle verbleibenden geistigen Eigentumsrechte von Northvolt, und laut Lyten planen mehrere Mitglieder des derzeitigen Führungsteams von Northvolt, zu Lyten zu wechseln. Darüber hinaus strebt Lyten die Übernahme von Northvolt Six in Québec, Kanada, an. Dort wird derzeit eine 15 GWh-Produktionsanlage (Phase 1) gebaut. Gespräche mit der kanadischen und der Québecer Regierung sowie mit lokalen Akteuren sind im Gange.
Vermögenswerte von 4,3 Milliarden Euro
Die finanziellen Bedingungen der Transaktion sind bislang unbekannt. Lyten betont aber, dass die erworbenen Vermögenswerte zuletzt einen Wert von etwa 5 Milliarden US-Dollar (ca. 4,3 Milliarden Euro) hatten – ob die Amerikaner aber auch diese Summe zahlen, wird nicht genannt. Zudem umfasse der Deal eine operative Batterieproduktionskapazität von 16 GWh sowie weitere 15 GWh im Bau, gemeint ist mit letzterem die Fabrik in Heide. Lyten erläutert, dass die Übernahme vollständig durch Kapitalbeteiligungen privater Investoren an Lyten finanziert werden soll. Einen Abschluss der Transaktion erwartet Lyten fürs vierte Quartal 2025.
Lyten-CEO Dan Cook sagt: „Dies ist ein entscheidender Moment für Lyten. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, der führende Anbieter von sauberen, lokal bezogenen und hergestellten Batterien und Energiespeichersystemen in Nordamerika und Europa zu sein. Die Übernahme der Vermögenswerte von Northvolt bringt die Anlagen und schwedischen Talente mit sich, um diese Mission um Jahre zu beschleunigen, gerade in einem Moment, in dem die Nachfrage nach Lytens Lithium-Schwefel-Batterien exponentiell wächst.“
Produktion in Skellefteå soll mit alter Belegschaft wieder hochgefahren werden
Lyten plant, einen erheblichen Teil der zuvor entlassenen Belegschaft in diesen Werken wieder einzustellen und will den im Juni eingestellten Betrieb im Stammwerk Northvolt Ett in Skellefteå sowie auch im wichtigen Forschungsstandort Northvolt Labs in Västerås unmittelbar nach Abschluss der Transaktion wieder aufnehmen. Dabei dürfte es angesichts der angekündigten Kurzfristigkeit um die NMC-Zellen von Northvolt gehen. Ob Lyten die Produktion später auf die eigene Lithium-Schwefel-Zellchemie umstellen wird, geht aus der aktuellen Mitteilung nicht hervor. Lyten produziert derzeit Lithium-Schwefel-Batterien im Silicon Valley und vertreibt diese vor allem im Drohnen- und Rüstungsmarkt.
Laut Lyten laufe die Zusammenarbeit mit den bisherigen Hauptkunden von Northvolt konstruktiv – damit dürfte vor allem Scania gemeint sein, das zuletzt der einzige Abnehmer von Batteriezellen aus Skellefteå gewesen sein soll. Zudem hatte Scania im Juni eine Initiative zur Rettung der Nortvolt Labs starten wollen, die nun ebenfalls von Lyten übernommen werden.
Zusammenarbeit mit Bundesregierung für Bau in Heide
Lyten gibt zudem an, bereits mit der deutschen Bundesregierung zusammenzuarbeiten, um den Bau der Batteriefabrik der Nähe von Heide in Schleswig-Holstein mit einer anfänglichen Kapazität von 15 GWh fortzusetzen. Dort sollten nach den ursprünglichen Plänen von Northvolt künftig Batteriezellen für rund eine Million Elektroautos pro Jahr hergestellt werden.
Laut einem NDR-Bericht soll Nicolas Steinbacher, bislang Teil des Managements von Northvolt in Deutschland, neuer Geschäftsführer für den Standort in Heide werden. Er sagt: „Es kommt harte Arbeit auf uns zu und ich freue mich darauf, die neuen Weichen für dieses industrielle Großprojekt zu stellen, für das ich mich seit dessen Start tagtäglich einsetze.“ Im Grunde ist die Northvolt-Anlage in Heide, deren Bau im März 2024 in Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) eingeläutet wurde, noch gar nicht richtig im Bau. Vielmehr wurde bislang erst das Gelände für die zukünftigen Produktionshallen vorbereitet, zum Beispiel mit Erdarbeiten, dem Einzäunen des Geländes und dem Verlegen einer Gas-Leitung, wie der NDR erläutert.
Positive Reaktionen aus Schleswig-Holstein
Erste politische Reaktionen sind in jedem Fall positiv. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) begrüßt laut NDR, dass Nicolas Steinbacher als neuer Geschäftsführer eingesetzt wird. Denn bis zum endgültigen Abschluss müssten noch einige Hürden genommen, insbesondere Einzelheiten und Vollzugsbedingungen in Schweden und Deutschland geklärt werden, sagt Günther. Da sei es gut, das jemand das Vorhaben leite, der sich bereits gut mit dem Projekt auskennt.
Etwas skeptischer ist die SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli: „Es ist natürlich positiv zu bewerten, dass nach so vielen negativen Schlagzeilen endlich Bewegung in die Sache kommt. (…) Im weiteren Verlauf des Prozesses werden wir aufmerksam darauf achten, ob die Übernahme und die zukünftigen Planungen von Lyten im Sinne der Region und des Ziels einer Ansiedlung sind.“
Der Bau der Fabrik in Heide ist seit längerer Zeit umstritten, weil der Bund Northvolt einen Kredit der staatlichen Förderbank KfW in Form einer Wandelanleihe in Höhe von 600 Millionen Euro gewährt hatte, obwohl die Finanzsituation von Northvolt schon damals schwach war und die Rückzahlung des Darlehens angesichts der Insolvenz nun unwahrscheinlich ist. Zudem haben Bund und Land Northvolt auch eine Fördersumme von rund 700 Millionen Euro zugesagt. Bei den oben erwähnten Gesprächen von Lyten mit der Bundesregierung dürfte es nun auch darum gehen, ob Lyten die einst Northvolt zugesagten Fördermittel für den Bau der Anlage erhalten kann.
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