
Wie The Mobility House sein US-Geschäft durch unstete Zeiten manövriert
Gregor Hintler, CEO von The Mobility House in Nordamerika, gehört zu den versierten Kennern der amerikanischen Ladeinfrastrukturbranche – allen voran im Depotbereich. Er sieht in der aktuellen wirtschaftspolitischen Lage der Vereinigten Staaten sowohl Chancen als auch Risiken. Klar ist: Eigeninitiative muss her, denn auf die satten Förderungen der Biden-Ära ist kein Verlass mehr: Bundesprogramme wie das parteiübergreifende Infrastrukturgesetz der Biden-Regierung und das „Clean School Bus Program“ der Umweltbehörde EPA sorgten anfangs für die großflächige Einführung von E-Bussen und Ladedepots – doch diese Förderquellen sind unsicher geworden. Auch wenn die Trump-Regierung jüngst die eingefrorenen Milliarden der sogenannten NEVI-Förderung widerwillig freigegeben hat (hier liegt der Fokus allerdings auf Schnellladekorridoren, nicht auf Depots). Hintler betont, dass auch viele bundesstaatlich finanzierte Programme für Ladeinfrastruktur aktuell auslaufen, was in den kommenden Jahren gravierende Auswirkungen auf öffentliche Flottenvorhaben haben dürfte. Künftige Projekte müssen sich also selbst tragen.
Mikronetze als Symbol der Resilienz
Im Montgomery County im US-Bundesstaat Maryland ist The Mobility House an einem Betriebshof-Vorzeigeprojekt beteiligt, das demonstriert, wie sich Ladeinfrastruktur gegen politischen Gegenwind absichern lässt. Das Brookville Smart Energy Bus Depot kombiniert Solaranlagen, Batteriespeicher, ein Gas-Backup-System und die Lade- und Lastmanagement-Software ChargePilot von The Mobility House zu einem intelligenten Mikronetz. Mit 2MW Solarleistung, 4 MWh stationärer Speicher und 56 Ladepunkten – darunter 17 Heliox-Lader, zwei Pantografen und vier Ladesäulen von Proterra – bleibt der Betrieb selbst bei Stromausfällen gesichert.
Für Hintler sind solche Projekte mehr als nur technologische Meilensteine. „Dieses Projekt steht für Resilienz – nicht nur operativ, sondern auch politisch“, sagt er. „Es wurde bewusst so geplant, dass es unabhängig vom Stromnetz funktioniert – und genau das symbolisiert, wohin sich der Markt entwickelt.“ Durch den netzunabhängigen Betrieb bleibt die Einsatzfähigkeit der Flotte auch bei externen Schocks erhalten. ChargePilot übernimmt dabei das intelligente Lastmanagement und verteilt die verfügbare Energie je nach Ladezustand und Abfahrtszeit der Fahrzeuge. Im Inselbetrieb mit begrenzter Leistung priorisiert das System automatisch besonders kritische Ladevorgänge.
Liste an US-Projekten wächst
The Mobility House ist in den USA inzwischen in vielen Bundesstaaten aktiv und unterstützt dort die Elektrifizierung unterschiedlichster Flotten und Use Cases – etwa beim Depotladen im Schülerverkehr, im städtischen Nahverkehr oder bei Flughafenflotten. In New York City managt ChargePilot beispielsweise die Ladeinfrastruktur für die wachsende E-Bus-Flotte der Metropolitan Transportation Authority (MTA). Und in Kalifornien unterstützt das Unternehmen den Turlock Unified School District bei San Jose, der eine elektrische Schulbusflotte betreibt. Und auch der Flughafen Oakland, Kalifornien, hat sich The Mobility House North America für den Betrieb seiner elektrischen Shuttlebusse ins Boot geholt.
US-Bundesstaaten fördern extrem unterschiedlich
Während auf Bundesebene die Zuschüsse zurückgehen, sorgen einige vorwärtsgewandte US-Bundesstaaten weiter für Dynamik. Kalifornien, New York und Massachusetts halten an ihren Klimazielen fest und schaffen damit regionale Nachfrage – während republikanisch geführte Staaten Programme wie „Advanced Clean Trucks“ (ACT) oder „Advanced Clean Fleets“ (ACF) streichen oder verzögern wollen. Laut Hintler gefährdet die Rücknahme von Förderungen und Vorschriften die Markttransformation in diesen Regionen erheblich.


„Die meisten bundesweiten Programme für Ladeinfrastruktur laufen gerade aus. Das ist keine Prognose – das ist Realität“, so Hintler. Dennoch seien Sektoren wie Logistik, Müllentsorgung und private Shuttle-Dienste auch ohne Subventionen ökonomisch interessant für eine Elektrifizierung. Deshalb richtet The Mobility House seinen Fokus verstärkt auf diese robusten Märkte – zusätzlich zu Schulbussen und öffentlichem Nahverkehr. Sinkende Batteriekosten, größere Reichweiten und geringere Betriebs- und Wartungskosten machen die Umstellung für viele Flotten zunehmend attraktiv.
Privatinvest kompensiert öffentliche Zurückhaltung
Trotz politischer Unsicherheit auf Bundesebene investieren OEMs und private Flottenbetreiber daher weiterhin massiv. Rund 200 Milliarden US-Dollar wurden bereits in die heimische Produktion von E-Fahrzeugen und Batterien investiert – neue Werke entstehen im ganzen Land. Hintler beobachtet, dass Hersteller öffentlich oft vorsichtiger auftreten, um keine politische Angriffsfläche zu bieten. „Aber hinter den Kulissen zieht sich niemand zurück“, sagt er. Die Diskrepanz zwischen zögerlicher Politik und entschlossenem Privatsektor erfordert unterdessen die eine oder andere strategische Anpassung. The Mobility House fokussiert sich in den USA ergo auf die erwähnten Flotten aus den Bereichen Logistik, Abfallwirtschaft oder Shuttles, die auch ohne Fördermittel wirtschaftlich arbeiten können. Schulbusprojekte gehören eher nicht dazu. Sie bleiben zwar politisch attraktiv, sind jedoch besonders anfällig für Mittelkürzungen.
Hintler betont, dass Technologien künftig politische Unsicherheiten ausgleichen müssen. Wenn Regulierungen und Förderungen wegfallen, braucht es Softwarelösungen, die Ladeprozesse effizient steuern – auch bei schwankender Netzverfügbarkeit oder fehlender Infrastruktur. ChargePilot sei für genau dieses Szenario konzipiert: flexibel, netzintegriert oder im Mikronetz-Modus einsetzbar.
Gleichzeitig strebt The Mobility House an, sich durch internationale Diversifizierung noch stabiler aufzustellen. Dazu hat das deutsche Unternehmen Flottenladeprojekte in Singapur, Thailand und Indien auf die Beine gestellt. In Europa betreut das Unternehmen weiterhin einige der größten Depot-Ladeprojekte, darunter auch V2G-Piloten in Deutschland und den Niederlanden.
Für Hintler ist klar, dass die Dekarbonisierung voranschreitet – auch wenn der Weg dorthin nicht mehr linear verläuft. Die ökonomischen Rahmenbedingungen, die Fertigungskapazitäten und die internationale Ausrichtung sind in seinen Augen zu stark, um zurückgedreht zu werden. Die Herausforderung liegt nun in der Anpassung: Es gilt, Lösungen zu entwickeln, die auch ohne politische Gewissheiten funktionieren. Sein Fazit: „Was jetzt zählt, ist strategischer Realismus. Es geht um Resilienz – durch technische Flexibilität und marktorientiertes Denken.“ Projekte wie das Mikronetz in Montgomery County zeigen, dass The Mobility House diese Zukunft bereits umsetzt – Depot für Depot.
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