EU will beim Verbrenner-Aus 2035 auf Kurs bleiben
Seit Monaten laufen viele Top-Manager und Lobbyisten insbesondere aus der deutschen Autoindustrie Sturm gegen die bereits 2022 verabschiedeten Pläne der EU, ab 2035 nur noch Neuwagen mit CO2-Emissionen von null Gramm pro Kilometer zuzulassen, was faktisch einem Verbot neuer Verbrenner-Fahrzeuge gleich käme. So forderte Mercedes-CEO und ACEA-Präsident Ola Källenius in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jüngst, die EU müsse „ihre Politik an die heutigen Markt-, geopolitischen und wirtschaftlichen Realitäten anpassen – sonst riskiert sie, eine ihrer erfolgreichsten und weltweit wettbewerbsfähigsten Industrien zu gefährden“. Und forderte, dass Platz bleiben müsse für „(Plug-in-)Hybride, Reichweitenverlängerer, hocheffiziente Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, Wasserstoff und dekarbonisierte Kraftstoffe“.
Doch trotz all der Wehklagen, die auch auf der IAA Mobility in München mit entsprechender Lautstärke von großen Teilen der Industrie vorgetragen wurden, will die EU-Kommission offensichtlich an ihren Plänen festhalten – und möchte die Autobosse beim EU-Autogipfel an diesem Freitag davon überzeugen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Dem „Spiegel“ liegt jedenfalls ein sechsseitiges Konzeptpapier der EU-Kommission für das Gipfeltreffen vor, wonach das Ziel eines vollständigen Ausstiegs aus der Benzin- und Dieseltechnologie bis 2035 „erreichbar“ sei.
Die Voraussetzung dafür sei freilich, dass alle Beteiligten „entschlossen und koordiniert handeln“. Das kann getrost als ein Seitenhieb auf die Autokonzerne verstanden werden, die seit langem lamentieren, dass dadurch Arbeitsplätze in Europa in Gefahr seien, die Batteriewertschöpfungskette in chinesischer Hand läge oder dass Technologieoffenheit der bessere Weg für den Klimaschutz sei.
Dabei zeigt eine bewusst auf diese Woche getimte Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT), dass die Autobauer bereits jetzt auf einem guten Weg sind, die CO2-Ziele für 2027 zu erreichen – eine wichtige Zwischenetappe auf dem Weg zum Verbrenner-Aus in 2035. Und: Als Gegenrede zu den Stimmen, die sich gegen das Verbrenner-Aus richten, wurde vor wenigen Tagen ein offener Brief veröffentlicht, in dem über 150 Manager aus der Elektromobilität die Kommission aufgefordert haben, standhaft zu bleiben – um nicht die Zukunft der europäischen Autoindustrie zu gefährden.
Doch zurück zum Konzeptpapier der EU-Kommission: Darin räumt die Behörde laut „Spiegel“ ein, dass die Lage der Branche „strukturell herausfordernd“ sei sowie „kräftigeres und schnelleres Handeln“ erfordere. Ein Ausstieg aus dem Verbrenner-Ausstieg sei nicht die Lösung. Vielmehr schlägt die EU-Kommission eine Reihe von Maßnahmen vor, um das 2035er Ziel zu erreichen: eine gemeinsame Initiative von Politik und Wirtschaft für eine europäische Produktion von Batteriezellen, Anreize zur Produktion kleinerer, bezahlbarer Elektroautos oder die Stärkung der europäischen Entwicklung von Automobilsoftware.
Außerdem gibt die EU-Kommission an, der Branche bereits entgegengekommen zu sein, und zwar mit der Flexibilisierung der CO2-Flottenziele für 2025, der Mautgebührenbefreiung für Elektro-Lkw oder der geplanten Regelung für einen hohen Anteil von E-Autos in Firmenflotten, wodurch auch die CO2-Flottenwerte der Hersteller selbst sinken würden.
Eine kleine Hintertür für die Verbrenner-Lobby lässt die EU-Kommission aber offen: Womöglich könnten Ausnahmen für Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit Range Extender eingeführt werden, also Autos, die neben dem Elektromotor auch über einen Verbrenner verfügen. Das ist aber noch längst nicht klar. Laut dem Bericht will Ursula von der Leyen darüber voraussichtlich erst im Frühjahr 2026 entscheiden, wenn sie ihren angekündigten Prüfbericht vorlegen will.
1 Kommentar