BYD favorisiert wohl Spanien für seine dritte E-Auto-Fabrik in Europa
Das Gerücht wurde von der Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf zwei mit den Plänen vertraute Informanten veröffentlicht. Eine der Quellen sagte, Spanien werde wegen seiner „relativ niedrigen Produktionskosten und seines sauberen Energienetzes” bevorzugt. Der andere Informant warnte allerdings, dass BYD noch andere europäische Standorte in Betracht ziehe, obwohl Spanien derzeit die Favoritenliste anführe.
Darüber hinaus erklärte Alberto De Aza, BYD-Landeschef für Spanien und Portugal, in einem früheren Interview gegenüber der Nachrichtenagentur, dass „Spanien aufgrund seiner industriellen Infrastruktur und günstigen Strompreise ein idealer Standort für die weitere Expansion der europäischen Produktionspräsenz von BYD wäre”. Zudem sind die Absatzzahlen von BYD in Spanien zuletzt deutlich gestiegen: Zwischen Januar und September 2025 kam der Hersteller auf 16.608 Neuzulassungen in Spanien (Elektroautos und Plug-in-Hybride) – ein Anstieg von 577 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Die endgültige Entscheidung für einen Standort wurde bisher noch nicht bekannt gegeben, obwohl die Pläne von BYD für ein drittes europäisches Automobilwerk bereits seit Monaten bekannt sind. Der Entschluss, der bis Jahresende erwartet wird, bedarf der Genehmigung durch die chinesischen Aufsichtsbehörden.
Auch Deutschland wohl als Standort geprüft
Im März berichtete Reuters, dass auch Deutschland als potenzieller Standort geprüft worden sei, aber Bedenken hinsichtlich höherer Arbeits- und Energiekosten hätten diese Option erschwert. Weder BYD noch das spanische Industrieministerium äußerten sich laut der Nachrichtenagentur zum aktuellen Stand der Gespräche.
Alle derzeit in Europa verkauften Elektroautos von BYD werden aus China importiert. Diese Importe unterliegen einem Standardzoll von zehn Prozent zuzüglich eines Sonderzolls von 17 Prozent im Falle von BYD – insgesamt also 27 Prozent. Eine Verlagerung der Produktion nach Europa könnte daher eine erhebliche Kostensenkung bedeuten.
Ende 2023 gab BYD bekannt, dass es eine Fabrik in Ungarn bauen werde. Die Produktion dort soll noch Ende 2025 starten, zunächst mit dem Dolphin Surf und kurze Zeit später auch mit dem Atto 3. Das Werk in Szeged im Süden Ungarns ist für eine anfängliche Jahreskapazität von 150.000 Fahrzeugen ausgelegt, eine Erweiterung auf 300.000 Fahrzeuge ist geplant. BYD entschied sich für diesen Standort nicht nur aufgrund seiner guten Beziehungen zu Ungarn durch sein Elektrobuswerk in Komárom und Batterie-Montagewerke in Fót und in Páty, sondern auch, um EU-Zölle zu vermeiden. Das Werk wurde daher als Erfolg für die Politik der EU angesehen, die darauf abzielt, Elektroauto-Importe aus China weniger attraktiv zu machen und stattdessen die lokale Produktion in Europa zu stärken.
Produktion in Türkei soll 2026 starten
Das zweite europäische Automobilwerk von BYD soll kommendes Jahr in der Türkei in Betrieb gehen. Die dort hergestellten Elektroautos werden dank einer Zollunion ebenfalls von den Sonderzöllen der EU befreit sein. BYD will dort zunächst wohl 150.000 Einheiten pro Jahr herstellen, die Produktion aber schnell steigern.
Es bleibt abzuwarten, ob BYD Spanien als dritten Standort wählen wird. Wie oben erwähnt, benötigt das Unternehmen vor der Grundsteinlegung die Zustimmung aus Peking. Die stärkeren diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Spanien und China haben die Aussichten auf eine Zusammenarbeit verbessert. Spanien enthielt sich bei der Abstimmung der Europäischen Union über die vorgeschlagenen Zölle für in China hergestellte Elektrofahrzeuge im Jahr 2024 der Stimme – eine Haltung, die von Peking positiv bewertet wurde.
Massive Förderung von E-Mobilität in Spanien
Sollte BYD tatsächlich eine neue Fabrik in Spanien bauen, würde dies die Position des Automobilherstellers auf dem wachsenden europäischen Markt für Elektrofahrzeuge stärken und die Ambitionen des Landes, ein wichtiger Produktionsstandort für emissionsfreie Fahrzeuge zu werden, untermauern. Die spanische Regierung hatte 2021 angekündigt, mit seinem Förderprogramm PERTE die Produktion von Elektrofahrzeugen und Batterien im Land ankurbeln zu wollen. Seitdem hat das Programm schon drei Runden durchlaufen, u.a. haben die VW-Tochter Seat, der Stellantis-Konzern sowie die VW-Batteriesparte PowerCo schon von PERTE profitiert und jeweils Zuschläge für dreistellige Millionensummen erhalten. Aktuell läuft die vierte Förderrunde mit einem Budget von 1,25 Milliarden Euro.
Dieser Artikel von Carla Westerheide ist zuerst auf unserer englischsprachigen Seite electrive.com erschienen.
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