Batterie positionspapier 2er collage

Fünf Industrieverbände fordern Batterie-Strategie der Bundesregierung

In einem offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz und weitere Politiker haben fünf Industrieverbände ihre Sorge um den Batteriestandort Deutschland und Europa ausgedrückt. Sie fordern eine klare Strategie vom Bund – und einen Batteriegipfel. Besonders ein Verband sticht bei genauerer Betrachtung hervor.

Das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien KLIB, der Verband der Chemischen Industrie VCI, der Verband der Automobilindustrie VDA, des Maschinen- und Anlagenbaus VDMA sowie der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI warnen in dem gemeinsamen Schreiben, dass die „Weiterentwicklung des bislang in seinen Anfängen stehenden Batterieökosystems droht, zum Erliegen zu kommen“. Die fünf Verbände sehen den „Batteriestandort und somit das Batterieökosystem in Deutschland und Europa in Gefahr“.

Adressiert ist der offene Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Finanzminister Lars Klingbeil (SPD), Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU), Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU). „Wir appellieren an Sie, zeitnah bei einem Batteriegipfel einen Prozess zu starten, um gemeinsam staatliche und industrielle Maßnahmen zu diskuteren, zu vereinbaren und in einer gemeinsam getragenen langfristgen Strategie zu verankern“, heißt es in dem Schreiben, das electrive vorliegt. „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, ein wettbewerbsfähiges Batterieökosystem mit einer starken Batterieindustrie zu etablieren.“

Dem offenen Brief haben die fünf Verbände ein Positionspapier beigelegt, in dem „unsere Gedanken zum Ausbau des Batterieökosystems und die hierfür notwendigen Maßnahmen“ zusammengefasst werden. Diese acht Punkte, die alle Elemente des Batterieökosystems (Chemieindustrie, Elektro- und Digitalindustrie, Maschinen- und Anlagenbau, Komponentenhersteller, Zell- und Batteriefertiger, Automobilindustrie, Recycling-Industrie bis hin zu Erstausrüstern in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen, inklusive der Forschung und Entwicklung) umfassen, wollen die Verbände der Bundesregierung „im Rahmen eines Batteriegipfels vorstellen“.

Mit diesen acht Vorschlägen wollen die fünf Verbände nach eigenen Angaben bessere Bedingungen am Standort Deutschland und Europa schaffen. Das Konsortium begrüßt zwar die neue Hightech-Agenda der Bundesregierung, die die Batterieforschung deutlich stärke. „Doch es fehlt eine gemeinsame, langfristig von Politik und Industrie getragene Strategie zur Industrialisierung der Batterietechnologie und zum Ausbau eines wettbewerbsfähigen Batterieökosystems“, wie es in einer Erklärung heißt. Es brauche eine gemeinsame Strategie auf deutschem und europäischem Level – und „Klarheit und Verbindlichkeit, ein gesamtheitliches Verständnis der Batterielieferkette, bessere Standortbedingungen, faire Wettbewerbsbedingungen, ein gemeinsames Risk-Sharing, die Sicherung von Rohstoffen und die Förderung von Forschung und Entwicklung“. Womit die acht Punkte quasi genannt wären.

Doch statt gemeinsamer Kraftanstrengungen, diese Ziele in einem wichtigen Wachstumsmarkt zu erreichen – bis 2030 wird für Lithium-Ionen-Batterien ein globaler Markt von rund 155 Milliarden Euro erwartet, davon etwa 54 Milliarden Euro in Europa –, beschreiben die Verbände mit Blick auf Northvolt, Cellforce und Co. eine ganz andere Entwicklung. „Insolvenzen, die Aufgabe von Geschäftsaktivitäten im Batterieumfeld – besonders bei kleinen und mittelständischen Unternehmen – sowie der Rückzug aus geförderten Projekten nehmen zu. Diese besorgniserregende Entwicklung verstärkt die Abhängigkeit von außereuropäischen Batteriematerial und Batteriezellfertigern“, so die Verbände. „Sie verdeutlicht erneut: hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie und ein nicht wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem erschweren den Auf- und Ausbau der Batteriewertschöpfungskette.“ Dabei sei ein „starkes Batterieökosystem und eine wettbewerbsfähige Batterieindustrie für die Zukunftsfähigkeit des Hightech-Standorts Deutschland und Europa entscheidend, um strategische Souveränität zu gewährleisten. Gleichzeitig können mit ihm Arbeitsplätze erhalten und vor allem neue geschaffen werden“.

Als langfristige Strategie schwebt dem Konsortium ein Zeitraum von zehn bis 15 Jahren vor, in der alle Partner die beschlossenen Punkte umsetzen sollen. Denn schon der zweite Punkt des Positionspapier ist mit „Klarheit und Verbindlichkeit schaffen“ überschrieben. „An der langfrisitgen Strategie ist konsequent festzuhalten“, heißt es dort. „Pläne von zunächst unausgewogenen EU-Regularien wie etwa eine Berechnung des CO2-Footprint von EV-Batterien auf Basis des nationalen Strommixes und zum PFAS-Verbot führen zu Verunsicherungen von Unternehmen und Investoren und bremsen dadurch die Industrialisierung der Batterieindustrie. Dem muss entschieden begegnet werden.“

Weitere Punkte betreffen ein „gesamtheitliches Verständnis“ (welches aus Sicht der Verbände wohl noch nicht überall gegeben ist), die Standortbedingungen (u.a. Strompreise, Bürokratie, Steuern und Förderungen) bis hin zur Rohstoffsicherung und der Forschungsförderung. „Basis für ein nachhaltiges, wettbewerbsfähiges Ökosystem Batterien sind die Batterieforschung inkl. der grundlegenden material- und prozessspezifischen Fragen, die akademische und berufliche Ausbildung von Fachkräften und der Wissens- und Technologietransfer in die industrielle Umsetzung. Die öffentlich geförderte Batterieforschung muss in der ganzen Breite massiv ausgebaut und auf eine verlässliche, langfristige Basis gestellt werden“, heißt es etwa zu letztgenanntem Punkt rund um die Forschung.

Unterschrieben ist der offene Brief von Wolfgang Große Entrup (Hauptgeschäftsführer VCI), Thilo Brodtmann (Hauptgeschäftsführer VDMA), Wolfgang Weber (Vorsitzender der Geschäftsführung ZVEI), Peter Lamp (Vorstandsvorsitzender KLIB) und VDA-Geschäftsführer Marcus Bollig. Die Rolle des VDA ist hier sicher kritisch zu betrachten. Zwar ist es für die politische Durchsetzungskraft wichtig, mit der Autoindustrie einen großen Abnehmer und Treiber der deutschen und europäischen Batterieprojekte als Unterstützer des Vorhabens an Bord zu haben. Auf der anderen Seite hat der VDA seit Jahren kaum eine Möglichkeit ausgelassen, sich für die sogenannte Technologieoffenheit und für eine längere Nutzung von Verbrennungsmotoren einzusetzen. Auch in der Debatte um das vermeintliche „Verbrenner-Aus” 2035 schürt der VDA genau jene Verunsicherung, die zur Kaufzurückhaltung beiträgt – und befeuert damit jene Lage, welche den Batteriestandort Europa derzeit gefährdet.

electrive.net (offener Brief als PDF), electrive.net (Positionspapier als PDF)

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