TÜV Rheinland und ConAC errichten Prüflabor für Antriebsbatterien

Der TÜV Rheinland und das Aachener Startup ConAC haben ein Prüflabor für Elektroauto-Antriebsbatterien angekündigt. Das Labor, das eines der „größten und modernsten unabhängigen Batterietestzentren in Europa“ werden soll, soll im September 2021 im deutsch-niederländischen Gewerbepark Avantis den Betrieb aufnehmen.

Das Investitionsvolumen in die 2.000 Quadratmeter große Anlage beziffern die beiden Partner mit 22 Millionen Euro, im Vollbetrieb sollen 25 Mitarbeitende in dem Prüfzentrum tätig sein. Betrieben wird das Prüfzentrum offiziell von dem Joint Venture TÜV Rheinland Automotive Component Testing GmbH, an dem der TÜV Rheinland die Mehrheit (74,9 Prozent) halten wird. ConAC (25,1 Prozent) ist eine Tochtergesellschaft der PEM Aachen, deren Hauptgesellschafter StreetScooter-Mitgründer Achim Kampker ist.

„Für uns als TÜV Rheinland bedeutet das der Einstieg in die Prüfung von Traktionsbatterien für Elektroautos“, sagt Michael Fübi, Vorstandsvorsitzender des TÜV Rheinland. „Wir testen seit Jahren Batterien, aber nicht für Elektroautos. Das sind schon ganz andere Dimensionen.“ In dem neuen Zentrum sollen nicht einzelne Zellen, sondern die Module oder Packs inklusive der Steuerung und Verkabelung getestet werden.

Für das Prüflabor wird in dem Gewerbepark kein neues Gebäude errichtet. Stattdessen wird ein Bestandsgebäude des Gewerbeparks genutzt – gemeinsam mit der RWTH Aachen, PEM Motion und „weiteren Technologie-Startups“. Die deutsch-niederländische Grenze soll direkt durch das Labor verlaufen.

An dem Standort sollen Batteriesysteme bis 800 Kilogramm getestet werden können. Dabei soll es sich um „Prüfungen auf Basis obligatorischer Vorgaben für Typgenehmigung und Transport“ handeln, als Beispiele werden ECE R100 zur Prüfung und Genehmigung von Lithium-Ionen-Batterien oder UN 38.3 genannt. Zudem sollen „weitergehende, freiwillige Tests nach Herstellervorgaben“ durchgeführt werden, etwa zur zusätzlichen Qualitätssicherung. Dabei können elektrische und mechanische Tests, Umweltsimulationen und Missbrauchstests durchgeführt werden. Allgemein können die Batteriesysteme an dem Standort mit bis zu 500 kW Nennleistung geladen und entladen werden.

Zum Betriebsbeginn im September 2021 sollen in dem Bestandsgebäude unter anderem Klimakammern für Umweltsimulationen (Temperaturen von -40 bis +90 Grad Celsius, relative Luftfeuchtigkeit 10 bis 95 %), Korrosionskammern oder Testanlagen für Schwallwasser installiert sein. Im April 2021 sollen bereits die Arbeiten für einen Erweiterungsbau starten, der neben dem Hauptgebäude entstehen und im Juni 2022 in Betrieb gehen soll. In dem Neubau sollen dann Testanlagen für zerstörende Prüfungen errichtet werden.

Neben einer Staubkammer sollen in dem Erweiterungsbau unter anderem eine Anlage für Schwingprüfungen entstehen, aber vor allem der „Bunker“ für die zerstörenden Prüfungen wie „Fall, Druck, Quetschung, Brandsimulation, Nagelpenetration, Über- und Tiefenentladung“. „Zerstörende Prüfungen von Fahrzeugbatterien sind eine besondere Herausforderung“, sagt Fübi über den speziellen Bunker. „Bei so großen Batterien für Autos sind enorme Energiemengen gebunden. Diese müssen kontrolliert werden, wenn wir die Batterien zu Testzwecken zerstören wollen.“

Prüf-Kapazitäten sind bereits heute knapp

Bei der digital übertragenen Pressekonferenz betonten Fübi und Kampker, dass es bereits heute zu wenig Testkapazitäten in Europa gebe. Laut dem TÜV-Rheinland-Chef müsste die Industrie auf „große Tests“ sechs bis acht Monate warten, die anstehende Modell-Flut werde die Situation verschärfen. „Mit dem Prüfzentrum können wir nicht nur dazu beitragen, dass mehr Elektroautos auf die Straße kommen, sondern auch Wertschöpfung in Deutschland erhalten bleibt“, ergänzt Kampker.

In der Tat haben in den vergangenen Wochen und Monaten weitere Anbieter Prüfzentren rund um die Elektromobilität eröffnet bzw. angekündigt, teilweise aber mit anderem Fokus. Das im Juli eröffnete E-Mobility-Labor von SGS ist nicht nur für Traktionsbatterien, sondern auch die Ladetechnik wie etwa Steckverbindungen von Hoch- und Niedervolt-Leitungen ausgelegt. Der Aachener Fahrzeugentwicklungsdienstleister FEV wird im dritten Quartal dieses Jahres ein modernes Entwicklungs- und Testzentrum für Hochvoltbatterien namens eDLP an seinem Standort Sandersdorf-Brehna in Sachsen-Anhalt in Betrieb nehmen. Der TÜV SÜD hat Ende September ein Mobilitäts- und Antriebszentrum am Standort Heimsheim bei Stuttgart eröffnet, welches jedoch eher für die Antriebe und deren Emissionen als für die Batterien konzipiert ist. Dazu kommen weitere Industrie-Anlagen etwa bei Seat oder dem Entwicklungs- und Fertigungsdienstleister Valmet Automotive – um nur einige Beispiel zu nennen.

Als Alleinstellungsmerkmal für das neue Prüfzentrum sehen die Beteiligten die Kooperation, die hinter dem Zentrum steht. Mit der RWTH Aachen ist eine Hochschule mit auf dem Gelände, zudem ergeben sich laut Fübi aus der Zusammenarbeit mit der PEM neue Angebote: „In der Verbindung mit der PEM-Gruppe können wir die gesamte Wertschöpfungeskette abbilden – von der Entwicklung der Batteriepacks durch PEM, was wir als TÜV Rheinland sonst nicht tun, bis hin zur Prüfung der fertigen Batterie.“

PEM-Gesellschafter Kampker, der in der Runde als Vertreter von ConAC dabei war, hob noch einen anderen Aspekt hervor: „Das Testing ist aktuell von den Kapazitäten her ein wichtiges Thema in der Branche, aber auch von den Abläufen“, so der Aachener Professor. „Wir müssen nicht nur wissen, was wir testen, sondern auch wie wir es testen. Wenn wir die Tests intelligent auslegen, können wir zum Beispiel mehrere Normen mit einem einzelnen Test abdecken.“ Details hierzu wurden bei der Pressekonferenz jedoch nicht genannt.
Quelle: Pressekonferenz als Webcast, Pressemitteilung per E-Mail

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