Nissan: Sunderland erhält neben Batteriewerk auch neues E-Modell

Nissan hat nun offiziell bestätigt, dass Envision AESC an seinem Werk im englischen Sunderland eine Batteriefabrik bauen wird. Zudem wird dort künftig ein neues Elektromodell produziert. Beide Ankündigungen sind Teil einer von Nissan und Envision AESC getragenen eine Milliarde Pfund schweren Initiative namens EV36Zero.

Die Batteriefabrik des chinesischen Partners Envision AESC wird größer ausfallen als vorab durchgesickert: Sie soll zunächst über eine Jahreskapazität von 9 GWh verfügen und bis zum Jahr 2030 auf 25 GWh wachsen. Potenziell sollen bis zu 35 GWh möglich sein. Zum Vergleich: In Medienberichten war jüngst noch von einer anfänglichen Kapazität von 6 GWh und später 18 bis 20 GWh die Rede.

Offiziell ist nun auch, dass in der Batteriefabrik unter anderem ein neuer Zelltyp mit einer um 30 Prozent gesteigerten Energiedichte produziert werden soll. Näher geht Nissan auf dieses Thema allerdings nicht ein. Es bleibt auch unerwähnt, ob in dem Werk nur Zellen gefertigt oder auch Module und Systeme montiert werden. Letzteres ist aber anzunehmen, da das benachbarte Fahrzeugwerk die Batterien vermutlich in einbaufertigem Zustand übernimmt.

Batteriepartner Envision AESC gibt an, anfänglich 450 Millionen Pfund (rund 525 Millionen Euro) in die „erste Gigafactory Großbritanniens“ investieren zu wollen. Errichtet wird sie konkret im International Advanced Manufacturing Park (IAMP), der an das Nissan-Werk grenzt und wo sie „mit erneuerbarer Energie und bahnbrechender Batterietechnologie der nächsten Generation betrieben“ werden kann. Der formale Planungsprozess für das Werk steht nach Angaben von Nissan kurz bevor. Einen Termin für die Inbetriebnahme nennt der Konzern nicht. Medien berichteten im Vorfeld von 2024 als avisiertes Eröffnungsjahr.

Während die Ansiedlung des Batteriezellenwerks keine Überraschung ist (schon im November 2020 wurde dazu eine von der britischen Regierung unterstützten Machbarkeitsstudie aufgelegt), kündigt Nissan im gleichen Atemzug nun auch an, bis zu 423 Millionen Pfund investieren, um ein neues Elektromodell in Sunderland zu produzieren. Dabei werde es sich um einen rein elektrisches Crossover-Modell auf Basis der CMF-EV-Plattform der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi handeln, für das Nissan in Sunderland Produktionskapazitäten für 100.000 Fahrzeuge pro Jahr schaffen will, heißt es in der begleitenden Mitteilung.

Das Modell wird für den globalen Verkauf konzipiert und aus der britischen Produktion in jene europäischen Märkte exportiert, die traditionell von Nissans Werk in Sunderland bedient werden. Weitere Produktionsstandorte für den Stromer kann Nissan bis dato noch nicht bestätigen. Auch weitere Details über das neue Fahrzeug sollen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben werden.

Beide Ankündigungen sind Teil des „um Sunderland gruppierten, transformativen Projekts“ Nissan EV36Zero, das mit einer Anfangsinvestition von 1 Milliarde Pfund (rund 1,17 Milliarden Euro) von Nissan, Envision AESC und dem Sunderland City Council ins Leben gerufen wird. Das Projekt umfasst drei miteinander verbundenen Initiativen, die Elektrofahrzeuge, erneuerbare Energien und Batterieproduktion zusammenbringen. So soll der Nordosten Großbritanniens zum neuen EV-Hub werden – samt Forschung und Entwicklung rund um den gesamten Lebenszyklus von Batterien, inklusive Speicherung und Zweitnutzung von Batterien bis hin zu intelligentem V2G-Laden und Recycling im geschlossenen Kreislauf.

Als spezielles Projekt stellt Nissan in diesem Zusammenhang ein sogenanntes Microgrid in Aussicht. Nach ersten Plänen könnten zehn Solarparks mit einer voraussichtlichen Leistung von 132 MW mit den bestehenden Wind- und Solarparks von Nissan verknüpft werden und direkt an das britische Stromnetz angeschlossen werden, um Nissan und die im angrenzenden International Advanced Manufacturing Park ansässigen Automobilunternehmen zu versorgen. Die Pläne werden in enger Absprache mit potenziellen grünen Investoren aus dem Privatsektor weiterentwickelt. Die Leitung obliegt der Stadtverwaltung von Sunderland. Die Anfangsinvestitionen werden auf 80 Millionen Pfund (rund 93 Millionen Euro) geschätzt.

Denkbar ist laut Nissan auch die Integration eines 1-MW-Batteriespeichersystems in das Microgrid, das aus gebrauchten Nissan EV/Envision AESC-Batterien bestehen und zur Zwischenspeicherung von überschüssiger erneuerbarer Energie dienen könnte. Hintergrund der Initiative ist unter anderem, dass sich Sunderland verpflichtet hat, bis 2040 zu einer kohlenstoffneutralen Stadt zu werden.

Laut den japanischen Partnern schaffen die angekündigten Projekte 6.200 Arbeitsplätze bei Nissan und seinen britischen Zulieferern, darunter mehr als 900 neue Nissan-Arbeitsplätze und 750 neue Envision AESC-Arbeitsplätze in dessen Batteriewerk. Envision AESC gibt zudem an, die oben genannte anfängliche Investition von 450 Millionen Pfund in die Produktionsstätte „in einer späteren Phase“ auf 1,8 Milliarden Pfund aufzustocken, umgerechnet rund 2,1 Milliarden Euro.

Das Unternehmen betreibt vor Ort bekanntlich schon eine 1,9-GWh-Anlage, die 2012 noch unter Regie von Nissan erbaut wurde. Seinerzeit firmierte AESC noch als Batterietochter unter dem Dach des japanischen Autobauers. Binnen neun Jahren seien dort „genügend Zellen, Module und Packs für über 180.000 Elektrofahrzeuge in 44 Ländern produziert“ worden. Allen voran zum Einbau im Nissan Leaf und e-NV200.

2018 verkaufte Nissan seine Batterietochter an die Envision Group Envision AESC. Diese unterhält seitdem die Anlage in Sunderland, betreibt aber auch Anlagen in Japan und den Vereinigten Staaten. Die jährliche Produktionskapazität summiert sich laut Unternehmensangaben auf 7,5 GWh – 3 GWh im US-Bundesstaat Tennessee, 2,6 GWh im japanischen Kanagawa und besagte 1,9 GWh im britischen Sunderland. Außerdem hat AESC Envision 2019 mit dem Bau eines Werks im chinesischen Wuxi begonnen, das über eine Jahreskapazität von 20 GWh verfügen soll.

Nissans Fahrzeugproduktion in Sunderland besteht seit 35 Jahren. Die aktuelle Produktion umfasst den Nissan Qashqai, Juke und Leaf, von denen die meisten (70 Prozent) auf das europäische Festland exportiert werden. 20 Prozent werden in Großbritannien verkauft und weitere 10 Prozent werden in Märkte rund um den Globus exportiert. Ebenfalls in Großbritannien angesiedelt sind Nissans europäisches Designzentrum in Paddington, London  und das Forschungs- und Entwicklungszentrum in Cranfield, Bedfordshire.
nissannews.com

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