Job für Wissing & Co.: Masterplan für die Mobilitätswende

Bild: Maxim Hopman/unsplash

Auf den neuen FDP-Verkehrsminister Volker Wissing und seine Ampel-Kollegen wartet viel Arbeit: Der Bundesverband Fuhrparkmanagement pocht auf einen Masterplan für die Mobilitätswende. Denn: Flottenbetreiber bräuchten mehr Rückendeckung aus der Politik. In einem Gastbeitrag formuliert Geschäftsführer Axel Schäfer, was er konkret von der künftigen Regierung fordert.

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Nun stehen sie alle fest – die Ministerinnen und Minister der neuen Regierung. Einer ganz besonderen Herausforderung darf sich Volker Wissing stellen, er wird der neue Verkehrsminister. Er darf sich künftig mit der dringend nötigen Mobilitätswende auseinandersetzen, die spätestens wieder seit der UN-Klimakonferenz im November in den Fokus gerückt ist.

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP bietet bereits gute Ansätze zur Bekämpfung des Klimawandels und gibt erste Einblicke in die künftigen Tätigkeitsfelder des neuen Verkehrsministers. Um dem Klimawandel endgültig entgegenzuwirken, bedarf es aber weiterer Maßnahmen. Der Bundesverband Fuhrparkmanagement e.V. (BVF) hat dazu konkrete Impulse und Forderungen entwickelt, um den Mobilitätswandel in Unternehmen weiter anzukurbeln.

Damit Unternehmensmobilität langfristig bestehen kann, muss sie sowohl ökonomisch als auch ökologisch tragfähig sein. Die Weichen dafür muss die neue Regierung in einem Masterplan stellen. Die wichtigsten Treiber in der Wende sind zum einen alternative Antriebsarten als Beitrag zur Dekarbonisierung bis 2050 und zum anderen eine weiter zunehmende Geschwindigkeit der Digitalisierung. Hier ist aktives Handeln der nächsten Bundesregierung gefragt.

In ihrem Koalitionsvertrag setzen die Parteien zur Veränderung der Mobilität vor allem auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und den Hochlauf der Elektromobilität. Das Ziel: Deutschland als Leitmarkt für E-Mobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 etablieren. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel – aber wichtig. Allerdings kann Elektromobilität auf lange Sicht nur funktionieren, wenn die entsprechende Ladeinfrastruktur gegeben ist. Und da sehen wir noch immer Probleme.

Elektromobilität als das Non plus ultra?

Elektromobilität scheint – zumindest aus Sicht der Regierung – das Mittel auf dem Weg in die Nachhaltigkeit. Dafür bedarf es aber noch einiger Veränderungen. Insbesondere die Frage der Schaffung von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und ein verbindliches Roaming-System für Ladestrom-Tarife sollten im Rahmen eines Masterplans festgelegt werden. Der derzeit herrschende Tarifdschungel verursacht bei Fuhrparkmanager:innen einen erheblichen Mehraufwand. Durch die Vielzahl der Anbieter bestehen abweichende Zahlungsmittel und Konditionen, was die Abrechnung der Ladevorgänge unnötig erschwert. Hier wäre beispielsweise die Vorgabe eines einheitlichen Zahlungsmittels, das immer an Ladestationen nutzbar sein sollte, sinnvoll. Zur Veränderung der Ladesituation will die neue Regierung aber hauptsächlich auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur setzen.

Das Ziel im Koalitionsvertrag, bis 2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte zu haben, ist zwar wichtig, um die Elektromobilität attraktiv zu halten, zu den Schwierigkeiten des Ladens zählt aber nicht nur die Anzahl an Ladesäulen. Die Anreize für E-Autos werden vor allem durch die Vielfalt an Tarifen und den teilweise fehlenden Wettbewerb gehemmt. Die Regierung setzt auf Transparenz der Preise und will das Laden durch einen öffentlich einsehbaren Belegungsstatus vereinfachen. Dem Tarifdschungel wirkt das aber noch nicht entgegen. Wir haben in Deutschland mehrere hundert verschiedene Tarife, deren preisliche Spanne sehr weit auseinandergeht. Um dem entgegenzuwirken wäre eine Preisdeckelung in einem ersten Schritt sinnvoll. Anbieter nutzen staatliche Mittel in beachtlicher Höhe, verlangen auf der anderen Seite aber utopische Preise. Das darf nicht sein. Eine Preisdeckelung könnte dem entgegenwirken.

Fördermittel überdenken

Ebenso zu überdenken ist die staatliche Förderung alternativer Antriebe. Zur Erreichung des Mobilitätswandels mit nachhaltig ökologischer Wirkung ist eine stärkere Differenzierung der Förderung erforderlich. Die Förderung von Plug-in-Hybriden ist nicht zielführend, da diese zwar die Automobilindustrie bei der Erreichung von CO2-Vorgaben begünstigt, in der Praxis aber kein nennenswerter Nachhaltigkeitseffekt sichtbar ist. Außerdem werden diese Fahrzeugtypen zu wenig elektrisch betrieben. Als Anreiz für den Kauf dient meist der Dienstwagensteuervorteil – nachhaltige Aspekte spielen häufig keine Rolle. Die künftige Regierung schafft den Vorteil für Plug-in-Hybride zwar nicht ab, möchte aber in Zukunft nur noch steuerliche Vorteile gewähren, wenn das Fahrzeug überwiegend, das heißt, mit mehr als 50 Prozent, im rein elektrischen Fahrantrieb betrieben wird. Damit werden Anreize gesetzt, diese Fahrzeuge möglichst emissionsfrei zu betreiben.

Um den Hochlauf der Elektromobilität zu begünstigen, setzt die Koalition allerdings noch immer auf Fördermaßnahmen für Plug-in-Hybride. In diesem Zug soll die zum Jahresende auslaufende Innovationsprämie um ein Jahr verlängert werden. Erst 2023 soll die Nutzung von Plug-in-Hybriden überprüft werden und die Förderung an eine elektrische Mindestreichweite geknüpft sein. Das ist ein wichtiger und guter Schritt, kommt aber reichlich spät. Wir als Fuhrparkverband erachten die Förderung immer noch als falsch. Es geht bei der Mobilitätswende nicht um den Ausbau der Elektromobilität, sondern um die Reduzierung der CO2-Emissionen. Noch ist nicht erkennbar, dass Plug-in-Hybride daran einen großen Anteil leisten.

Mobilitätsalternativen schaffen

Unternehmen mit betrieblichem Fuhrpark nehmen eine Schlüsselfunktion beim Mobilitätswandel ein. Die Mobilität der Arbeitnehmer:innen kann aber nur durch intelligente Unternehmensstrategien und punktuelle öffentliche Unterstützung verändert werden. Um den Wandel hin zu ökologischen Alternativen zu vollziehen, muss das Blickfeld geöffnet werden. Forderungen nach einem absoluten „Verbot aller Verbrennerfahrzeuge“ stellen Unternehmen vor unlösbare Probleme, wenn beispielsweise Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in erforderlicher Größe und Leistungsfähigkeit noch nicht vorhanden sind.

Die UN-Klimakonferenz hat gezeigt, dass das „Verbrenner-Aus“ immer noch ein Thema ist. Zum jetzigen Zeitpunkt sollte allerdings noch kein Verbrenner-Verbot beschlossen werden, solange es keine ausreichenden Alternativen gibt. Deutschland setzt vordergründig auf Elektromobilität, ohne dass dafür die geeigneten Mittel vorhanden sind. Zum jetzigen Zeitpunkt herrscht bei der neuen Regierung Einigkeit darüber, dass bis 2035 nur noch Null-Emissionen-Fahrzeuge neu zugelassen werden sollen. Damit ist aber noch nicht das endgültige Verbot des Verbrenners beschlossen – alternative Kraftstoffe wie eFuels könnten durchaus Teil der Lösung sein. Das wäre wünschenswert. Außerdem sollten bereits vorhandene und bewährte Technologien (beispielsweise CNG) als Übergangslösungen genutzt und gefördert werden.

Lösungsansätze

Um den Mobilitätswandel zu bestreiten, bedarf es eines Masterplans der Regierung. Dadurch ist nicht nur eine Verbesserung bei der ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit möglich, sondern auch eine Steigerung in der Qualität der Mobilitätsangebote. An erster Stelle des Masterplans sollte ein Mobilitätsgesetz stehen, das regulatorische Rahmenbedingungen auch für die betriebliche Mobilität schafft.

Ein weiterer wichtiger Aspekt eines Masterplans zur Mobilitätswende ist die hürdenfreie Bereitstellung von Mobilitätsdaten. Außerdem muss das Recht auf die eigenen Daten des Datengebers gewährleistet sein. Fahrzeughersteller dürfen nicht Eigentümer und Verfügungsberechtigte über Daten der Fahrzeugnutzer:innen sein, da hierdurch sinnvolle durch Dritte angebotene Services zur Verbesserung der Mobilität eingeschränkt würden.

Zudem muss der Masterplan die Angleichung steuerlicher Gegebenheiten beinhalten. Derzeit werden Unternehmen durch je nach Bundesland abweichende Regelungen eingeschränkt, wenn sie ihren Mitarbeitenden den Zugang zu alternativen Mobilitätsmitteln wie Fahrrädern oder ÖPNV ermöglichen. Dem muss entgegengewirkt werden.

Zuständigkeiten müssen geregelt werden

Eine erforderliche Grundlage für den Mobilitätswandel ist es, Zuständigkeiten, Entscheidungs- und Umsetzungskompetenzen für alle Mobilitätsmittel zu bündeln. Das betrifft nicht nur die Organisation der verantwortlichen Ministerien, sondern auch die Interaktion der nachgeordneten Behörden und Gesellschaften im Bundesbesitz. Der Bund muss die dazu nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen. Die Verantwortung für die Gestaltung des Mobilitätswandels sollte weiterhin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gebündelt sein, das aber als Bundesministerium für Mobilität auftreten sollte.

Um die Probleme aus dem Weg zu räumen, denen Unternehmen derzeit bei der Gestaltung des Mobilitätswandels ausgesetzt sind, ist die Umsetzung des Masterplans sinnvoll. Es bedarf einer Kombination aus gesetzlichen Vorgaben und Nutzerfinanzierung (Push) und Angebotsverbesserungen in Qualität und Quantität (Pull). Der Handlungsbedarf ist groß, eine strategisch ausgerichtete und gebündelte Vorgehensweise wird uns aber schneller machen, Kosten reduzieren und Unmut verhindern. Alle sollen Lust bekommen, an nachhaltigen Verbesserungen mitzuwirken.

1 Kommentar

zu „Job für Wissing & Co.: Masterplan für die Mobilitätswende“
Wranky
10.12.2021 um 07:41
Ist der Artikel doch schon vor dem Koalitionsvertrag geschrieben wurden. Was für Wünsche an die Politik. An für sich weiß man doch, dass nur genaue Festlegungen aus dem Koalitionsvertrag durchgesetzt werden. Wünsche erfüllt vielleicht der Weihnachtsmann aber doch nicht der planmäßige Nachfolger von Herrn Scheuer,

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