Audi soll mit SAIC über Plattform-Nutzung verhandeln

Das Gerücht, wonach Audi erwägt, in China erstmals eine Elektroauto-Plattform von einem Wettbewerber zuzukaufen, erhält neue Nahrung. Laut einem Agenturbericht soll Audi mit dem chinesischen Autokonzern SAIC über den Kauf einer E-Auto-Plattform von IM Motors verhandeln.

Das berichtet Reuters unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Gespräche befänden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, heißt es in dem Artikel. Entsprechende Gerüchte wurden Anfang dieser Woche bekannt, als die „Automobilwoche“ über diese angeblichen Überlegungen berichtet hatte – die Information stammte seinerzeit aus nicht näher genannten Unternehmenskreisen.

IM Motors ist ein chinesisches Joint Venture von SAIC und Alibaba, wird aber von SAIC kontrolliert. Das Unternehmen hatte im März 2022 mit der Serienproduktion seines ersten Modells, der elektrischen Luxuslimousine IM L7, begonnen. Ende 2022 präsentierte IM Motors mit dem E-SUV LS7 sein zweites Serienmodell. Der L7 ist genau fünf Meter lang, verfügt über einen elektrischen Allradantrieb mit 400 kW Systemleistung und nutzt Batteriezellen von CATL, in früheren Berichten war von zwei Optionen mit 93 oder 115 kWh die Rede.

SAIC ist bereits auch ein Joint-Venture-Partner des Volkswagen-Konzerns in China. Dennoch ist eine mögliche Plattform-Übernahme von SAIC in China pikant: Gemeinsam mit FAW baut Audi derzeit in China ein reines Elektroauto-Werk, wo ab Ende 2024 bis zu 150.000 Einheiten pro Jahr gebaut werden sollen – und zwar Modelle auf Basis der PPE. Also jener Plattform, auf der die kommenden Modelle A6 e-tron und Q6 e-tron basieren. Zwar kooperiert VW sowohl mit FAW als auch mit SAIC, bei Audi war das jedoch nicht immer der Fall: Als 2017 eine Kooperation mit SAIC geplant wurde, streikten zwischenzeitlich Händler von FAW-Audi und verkauften keine Audi-Fahrzeuge mehr. Die Rivalität unter den chinesischen Herstellern ist nicht zu unterschätzen.

Obwohl die Gespräche, die Audi übrigens nicht bestätigen wollte, angeblich in einem fortgeschrittenen Stadium sein sollen, ist wenig über die Inhalte bekannt – sondern nur die Tatsache, dass es diese Gespräche gegeben hat. Ob Audi die Plattform in Lizenz nutzen will, Fahrzeuge von SAIC auf der Plattform bauen lässt oder gar die Rechte an der Plattform komplett übernehmen will, ist nicht bekannt. Reuters konnte nach eigenen Angaben nicht direkt „feststellen, welchen Preis Audi für die EV-Plattform angeboten hat und ob SAIC nach dem Deal weiterhin an der Herstellung der L7-Limousine beteiligt sein würde“.

Audi bietet in China derzeit die MEB-Modelle Q4 e-tron und den Q5 e-tron an. Letztgenannter hat nichts mit dem (in Mexiko gebauten) Verbrenner-Modell gemeinsam, sondern ist der Audi-Ableger des VW ID.6 X, einem E-SUV für den chinesischen Markt. Beide Modelle laufen gemeinsam in Anting vom Band. Hinzu kommen künftig die PPE-Modelle aus dem neuen Werk.

Hintergrund der möglichen Kooperation bei der E-Plattform ist, dass sich die kommende E-Plattform des VW-Konzerns, die SSP, um mehrere Jahre verzögert. Ursprünglich sollte diese mit dem neuen VW-Flaggschiff Trinity im Jahr 2026 debütieren und hätte dann auch zeitnah Audi zur Verfügung gestanden. Doch die SSP und der Trinity verzögern sich, je nach Quelle auf 2029 oder 2030. Audi muss und will in diesem Zeitraum aber weitere E-Modelle auf den Markt bringen und dabei offenbar nicht nur auf die PPE setzen.

Noch im Juni hatte der scheidende Audi-Chef Markus Duesmann gegenüber Reuters erklärt, dass die Marke die Entwicklung neuer Modelle beschleunigen müsse, um der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, insbesondere in China, gerecht zu werden. Allerdings sei die Verkaufsleistung hinter den Erwartungen zurückgeblieben, da es an Fahrzeugen mangele, die optimal für die chinesischen Bedürfnisse seien, fügte er hinzu.
reuters.com

2 Kommentare

zu „Audi soll mit SAIC über Plattform-Nutzung verhandeln“
Christian
13.07.2023 um 12:18
Blume hat doch ausdrücklich auf dem Capital Markets Day gesagt, dass SSP doch nicht verspätet kommt, sondern auf jeden Fall im Jahr 2026! Diese Berichterstattung im Netz bzgl. Plattform aus China für Audi, ist widersprüchlich zu Blume's Aussage!
Ralph
14.07.2023 um 11:29
Genau genommen sagte er, dass er für SSP und nicht der Konzern an 2026 festhält. Ob festhalten mit wird gleichzusetzen ist, dürften nur die echten Insider wissen. Selbst das dürfte in Anbetracht der kommenden massiven um die Ohren fliegende Probleme bald in Vergessenheit geraten. Winterkorn hatte auch den Mitarbeiten den Clean-Diesel zum Tag X vorgeschrieben, was daraus entstanden ist, sollte klar sein. Hier stochert jede Berichterstattung und Meldung im Grunde im Nebel herum, genau wissen wir es erst wenn Fakten folgen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lesen Sie auch