EU will CO2-Ziele für 2025 abschwächen
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärt in einer offiziellen Mitteilung, dass sie den Herstellern erlauben will, das CO2-Ziel in den kommenden drei Jahren zu erreichen statt wie ursprünglich vorgesehen in diesem Jahr – sofern das Parlament und die Mitgliedsstaaten zustimmen. Bereits im vergangenen Jahr waren Stimmen laut geworden, die CO2-Flottengrenzwerte abzuschwächen, um den unter wirtschaftlichem Druck stehenden Autobauern potenzielle Milliarden-Strafen bei Nichteinhaltung der Ziele zu ersparen. Eine Möglichkeit, die früh ins Spiel gebracht wurde: Das CO2-Ziel an sich bleibt bestehen, die Hersteller sollen aber mögliche Überschreitungen 2025 mit künftigen Unterschreitungen verrechnen können.
Auf ein solches Konstrukt läuft es jetzt hinaus. „Anstelle der jährlichen Einhaltung erhalten die Unternehmen drei Jahre Zeit – das ist das Prinzip des Bankwesens und der Kreditaufnahme; die Ziele bleiben die gleichen; sie müssen die Ziele erfüllen“, sagt von der Leyen. „Es gibt eine klare Forderung nach mehr Flexibilität bei den CO2-Zielen. Das Schlüsselprinzip dabei ist Ausgewogenheit. Auf der einen Seite brauchen wir Vorhersehbarkeit und Fairness für diejenigen, die ihre Hausaufgaben erfolgreich gemacht haben. Das bedeutet, dass wir uns an die vereinbarten Ziele halten müssen. Andererseits müssen wir auf die Stimmen der Betroffenen hören, die in diesen schwierigen Zeiten mehr Pragmatismus und Technologieneutralität fordern.“ Eine genaue Regelung gibt es aber noch nicht, die Kommissionspräsidentin will in diesem Monat „eine gezielte Änderung der Verordnung über CO2-Standards vorschlagen“.
Von der Leyen signalisiert zudem, den Autoherstellern eine mögliche Hintertür für das ab 2035 beschlossene Aus für fossile Verbrenner zu öffnen. Sie wolle „die Arbeit an der Überprüfung für 2035 beschleunigen, wobei uneingeschränkte Technologieneutralität ein zentrales Prinzip ist“. Nähere Details sind am Mittwoch zu erwarten, wenn der von Verkehrs-Kommissar Apostolos Tzitzikostas erarbeitete Aktionsplan für die Autoindustrie vorgelegt werden soll.
Das gilt womöglich auch für weitere Vorhaben zur Batterieförderung, die von der Leyen ebenfalls in Aussicht gestellt hat. Einer der drei Kernpunkte der Gespräche am Montag sei die Wettbewerbsfähigkeit gewesen. „Die europäischen Automobilzulieferketten müssen robuster und widerstandsfähiger werden, vor allem bei den Batterien. Hier stehen wir vor einer Herausforderung“, sagt die CDU-Politikerin. „Denn während wir unsere eigene Produktion ausbauen, stellen wir fest, dass importierte Batterien billiger sind. Wir können nicht zulassen, dass E-Fahrzeuge teurer werden. Aber wir können es uns auch nicht leisten, neue Abhängigkeiten zu schaffen.“
Aus diesem Grund werde man „eine direkte Unterstützung für EU-Batteriehersteller prüfen“. Diese soll aber an Bedingungen geknüpft sein, die dem ersten Anschein nach ein wenig an die Vorgaben des Inflation Reduction Acts aus den USA ähneln könnten Es sollen schrittweise europäische Inhaltsanforderungen für Batteriezellen und -komponenten eingeführt werden.
Einen genauen Zeitplan für ein solches Förderprogramm oder die angedeutete Hintertür rund um die Regelung für 2035 gibt es noch nicht. Daher ist auch noch offen, wie die ganzen Vorhaben umgesetzt und die Ziele erreicht werden sollen, wenn die Hersteller einerseits etwas mehr Zeit bekommen, ihre 2025er CO2-Ziele zu erreichen und andererseits wieder über Technologieoffenheit ohne klare Ausbau- und Förderstrategie für Kraftstoffe wie Wasserstoff und E-Fuels diskutiert wird.
Die Pläne zur Abschwächung der Flottengrenzwerte rufen bereits Kritiker auf den Plan. So schreibt Peter Mock, Europa-Chef des International Council on Clean Transportation (ICCT): „Die Ad-hoc-Lockerung der Zielvorgaben schafft Unsicherheit unter den Akteuren der Branche und sendet ein negatives Signal an die Verbraucher.“ Die Verkaufszahlen vom Januar würden ein vielversprechendes Wachstum des Elektroauto-Marktes in ganz Europa zeigen – wie ein Läufer, der in einem Rennen an Schwung gewinnt. Der vorgeschlagene EU-Mechanismus berge nun die Gefahr, dass der Markt genau jetzt ins Stocken gerät, wo er gerade an Fahrt gewinnt. „Die Umsetzung dieser Maßnahme wird die europäische Automobilindustrie mit einem schwächeren Rechtsrahmen zurücklassen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können“, urteilt Peter Mock.
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