Scania will Northvolt Labs retten

Nach der Insolvenz von Northvolt, dem einstigem Hoffnungsträger der europäischen Batteriezellenproduktion, bemüht sich der schwedische Nutzfahrzeughersteller Scania intensiv darum, das Forschungs- und Entwicklungszentrum Northvolt Labs im schwedischen Västerås zu retten. Dafür sucht Scania-Chef Christian Levin nun nach Partnern.

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Bild: Scania

Northvolt befindet sich seit langem in der Krise und hatte zunächst  im November 2024 ein Gläubigerschutzverfahren in den USA angemeldet, im März 2025 folgte dann die Insolvenz in Schweden. Im Mai kam dann auch die Nachricht, dass die Produktion der Batteriezellen im Stammwerk in Skellefteå Ende Juni eingestellt wird.

Der einzige Kunde für die Zellen war zuletzt Scania, das schon lange der beste Kunde von Northvolt ist und mit dem Unternehmen auch über seine Muttergesellschaft Volkswagen verbunden ist, die mit 21 Prozent der Anteile der größte Aktionär von Northvolt ist. Im Zuge der Turbulenzen von Northvolt hat Scania bereits die Batteriesysteme-Sparte Northvolt Systems Industrial inklusive Forschungs- und Entwicklungszentrum sowie einem Team von etwa 260 Mitarbeitern übernommen

Nun also die nächste Rettungsaktion von Scania: CEO Christian Levin sieht in den Northvolt Labs nicht nur eine unternehmerische Chance, sondern vor allem eine strategische Notwendigkeit, um Europas Know-how im Bereich Batterietechnik zu bewahren. Heißt also: Scania will das Feld nicht den asiatischen Playern wie CATL aus China oder LGES aus Südkorea überlassen.

Konsortium für den Erhalt des „Kronjuwels“

Scania benötigt allerdings Partner für den Rettungsversuch und plant die Gründung eines Konsortiums aus Industriepartnern, der schwedischen Regierung und der EU-Kommission, um Northvolt Labs aus der Insolvenzmasse herauszukaufen. „Wir versuchen, ein Konsortium zu bilden, das dies teilweise finanzieren würde, aber wir können das nicht alleine schaffen, es ist einfach zu viel, selbst für ein großes Unternehmen wie das unsere“, sagte Levin der „Financial Times“. Ziel sei es, den Standort und das dort angesammelte Wissen für Europa zu sichern.

Northvolt hatte rund 750 Millionen Dollar in die Einrichtung investiert. Sie gilt unter Branchenkennern als das „Kronjuwel“ des Unternehmens. Etwa 1.100 hochqualifizierte Mitarbeitende forschen dort an innovativen Batteriematerialien und Recyclingverfahren. Trotz der Krise um das Unternehmen bleibt diese Forschungsbasis von hoher Bedeutung – auch für den europäischen Industriestandort insgesamt. Die Gefahr, dass asiatische Wettbewerber die technologische Vorherrschaft im Batteriesektor noch ausbauen, ist für viele Entscheidungsträger in Europa ein Warnsignal.

Bedeutsam auch für Flottenziele der EU

Die Bedeutung des Erhalts von Northvolt Labs geht weit über die Rettung einer Forschungseinrichtung hinaus. Scania sieht sich – und die europäische Nutzfahrzeugbranche – durch die schwierige Lage von Northvolt zunehmend unter Druck. Der Wandel hin zu emissionsarmen Antrieben ist politisch gewollt und regulatorisch festgeschrieben: Bis 2030 sollen Nutzfahrzeuge in der EU deutlich geringere Emissionen verursachen.

Doch der Markt hinkt hinterher. Im ersten Quartal 2025 machten batterieelektrische Lkw gerade einmal 3,5 Prozent der Verkäufe aus. Um die EU-Ziele zu erreichen, müsste dieser Anteil bis 2030 auf 35 Prozent steigen. „Wenn wir kein entsprechendes Verkaufsvolumen erreichen, werden wir einfach zu teuer und können weder in China noch in Südostasien konkurrieren“, warnt Levin. Die Folge wären nicht nur Wettbewerbsnachteile, sondern auch hohe Strafzahlungen.

Mangel an europäischen Batterien

Scania bezieht noch bis Ende Juni Batteriezellen von dem angeschlagenen Unternehmen – wenn auch unter schwierigen Bedingungen. Parallel dazu wird die Versorgung über asiatische Anbieter ausgebaut. Das sorgt jedoch bei vielen Kunden für Unmut, denn europäische Batterien gelten aufgrund ihres geringeren CO₂-Fußabdrucks als besonders nachhaltig. Die Abhängigkeit von außereuropäischen Lieferanten widerspricht zudem den industriepolitischen Zielen der EU.

Obwohl sich Scania aktiv für den Erhalt von Northvolt Labs einsetzt, bleibt die politische Unterstützung bisher aus. Gespräche mit Verantwortlichen in Brüssel und Stockholm verliefen bislang ergebnislos. Scania-Boss Levin macht deutlich: Ohne öffentliches Engagement droht nicht nur der Verlust wertvoller Arbeitsplätze und Forschungsressourcen, sondern auch ein Rückschlag für Europas technologische Unabhängigkeit.

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