Milence eröffnet dritte MCS-Ladestation – diesmal in Schweden
Milence hat den ersten öffentlichen MCS-Ladepunkt für schwere E-Nutzfahrzeuge in Schweden in Betrieb genommen. Die neue Ladesäule von Power Electronics befindet sich im Lkw-Ladepark in Landvetter, unweit des Flughafens Göteborg. Mit einer Leistung von bis zu 1.440 kW (1.500 A bei 1.000 Volt) ermöglicht das System Ladezeiten von 30 bis 45 Minuten.
Der Standort Landvetter war bereits im Dezember 2024 ans Netz gegangen und wurde nun aufgerüstet. Somit gibt es dort neben acht CCS-Ladeplätzen nun auch einen MCS-Ladepunkt. Zudem wurde die CCS-Kapazität verdoppelt. „Das ist ein wichtiger Meilenstein für die gesamte Branche – wir zeigen, dass nachhaltiger Straßengüterverkehr keine Zukunftsvision mehr ist, sondern Realität“, so Milence-CEO Anja van Niersen. „Mit dem Ausbau unseres Ladeparks in Landvetter und dem Einsatz von MCS kommen wir dem ersten europaweiten Korridor für Megawatt-Laden ein gutes Stück näher.“
Gegründet wurde Milence 2022 als Joint Venture von Daimler Truck, Traton und der Volvo Group. Bis 2027 sollen europaweit mindestens 1.700 Ladepunkten entstehen. Dank einer Förderung aus dem EU-Programm Alternative Fuels Infrastructure Facility (AFIF) will das Joint Venture bis 2027 zudem insgesamt 284 MCS-Ladepunkte an 71 Standorten in 10 EU-Mitgliedstaaten einrichten. Hinzu kommen 264 geförderte CCS-Ladepunkte, die Gesamtförderung beträgt über 111 Millionen Euro.
Nach ersten Initiativen in Antwerpen und Zwolle ist Landvetter nun der dritte MCS-Standort von Milence. Der geplante MCS-Korridor soll Antwerpen und Stockholm über zwei zentrale TEN-T-Routen verbinden – eine Strecke von über 1.500 Kilometern.
Transformation könnte über Nacht kommen – Herausforderungen bleiben
„Mit drei aktiven Standorten wissen wir inzwischen, was funktioniert“, erklärt van Niersen. „Es ist nicht mehr so neu – aber beim Feintuning, vor allem in der Kommunikation zwischen Lkw und Ladesäule, gibt es noch Herausforderungen. Interoperabilität ist ein großes Thema – es gibt einfach noch zu wenige Fahrzeuge, die MCS nutzen können. Daran arbeiten wir gemeinsam mit den OEMs.“ MCS-fähige Lkw sollen ab 2026 in die Serienproduktion gehen. „Wir rechnen im ersten oder zweiten Quartal 2026 mit den ersten marktreifen Fahrzeugen“, so van Niersen gegenüber electrive.
Ein weiteres zentrales Thema bleibt der Netzanschluss. Milence verfolgt einen flexiblen Ansatz, um sich an lokale Gegebenheiten anzupassen. „Wir priorisieren Standorte mit geringen Netzrestriktionen“, erklärt van Niersen. „Einige Standorte starten mit geringerer Leistung und werden dann hochskaliert, sobald mehr Kapazität verfügbar ist.“ Zudem kooperiert Milence, wo möglich, mit Erzeugern erneuerbarer Energie und teilt sich den Netzanschluss. Das helfe sowohl dem Netz als auch dem Ladenetzbetreiber.






Die Kosten für Netzanschlüsse sind laut van Niersen schwer vorhersehbar: „Sie können 30.000 Euro pro Megawatt betragen – oder drei Millionen. Das hängt vom lokalen Netzbetreiber, der Entfernung zur Umspannstation und dem notwendigen Netzausbau ab. Da lässt sich kein pauschaler Prozentsatz ansetzen.“
Bis zum Jahr 2030 erwartet van Niersen dann auch eine wenig konstante Entwicklung: „Diese Transformation wird nicht gleichmäßig verlaufen. Sie kann ganz plötzlich passieren. Einige Flotten verabschieden sich jetzt schon vom Diesel. Die Frage ist: Schafft es die Infrastruktur, schnell genug mitzuwachsen? Derzeit ist die Finanzierung das größte Hindernis. Ist das gelöst, spricht nichts dagegen, dass 2030 jedes zweite neue Nutzfahrzeug elektrisch fährt.“
Volvo FH Aero Electric zeigt, wie es gehen kann
Laut Milence ist Schweden Vorreiter bei der Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs: Über 1.000 elektrisch betriebene Langstrecken-Lkw sind bereits unterwegs, dazu kommen mehr als 150 öffentliche Ladepunkte – europaweit die höchste Dichte.
Die erste öffentliche MCS-Ladesession eines Volvo FH Aero Electric fand im Rahmen der EVS38 statt. Der für das zweite Quartal 2026 angekündigte E-Lkw kann mit bis zu acht Batteriepaketen (gesamt 780 kWh) ausgestattet werden und bietet eine Reichweite von bis zu 600 Kilometern. Der Ladevorgang von 20 auf 80 Prozent dauert per MCS rund 40 Minuten – passend zu den gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten für Fahrer.
Wie an anderen Standorten bietet Milence auch in Landvetter flexible Bezahloptionen: mehrere eMSP-Anbieter werden unterstützt, ebenso Direktzahlungen vor Ort sowie die Milence Charge Card. Der Preis liegt bei 0,399 Euro/kWh (zzgl. MwSt) – unabhängig davon, ob CCS oder MCS geladen wird. Perspektivisch plant Milence dynamische Preismodelle, will diese aber schrittweise einführen. „Erst braucht es Vertrauen in den Markt“, so van Niersen. „Langfristig wird es Preisgestaltung je nach Tageszeit, Energiequelle oder Nutzungsverhalten geben.“
Beim Thema Kosten und Total Cost of Ownership (TCO) verweist van Niersen auf die Wettbewerbsfähigkeit in bestimmten Regionen: „In Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden ist elektrisches Fahren dank Steueranreizen bereits wirtschaftlich. Die Fahrzeugpreise – aktuell 2,5-mal so hoch wie Diesel – bleiben allerdings ein Problem.“
Den ersten Praxistest für das Megawatt-Laden führte Milence im Juli 2024 durch – ebenfalls mit Hardware von Power Electronics. Die gleiche Technik kommt nun in Schweden, Belgien und den Niederlanden zum Einsatz.
Das Megawatt Charging System soll der neue Standard für das Schnellladen von E-Lkw werden. Es ist auf Ladeleistungen von bis zu 3.750 kW (3.000 A bei 1.250 V) ausgelegt – ein Vielfaches dessen, was heutige CCS-Ladesysteme mit maximal 400 kW bei 500 A bieten. Anders als bei Pkw ist beim MCS die Position des Ladeanschlusses standardisiert: Er befindet sich auf der linken Fahrzeugseite, 2 bis 4,80 Meter hinter der Front – etwa auf Hüfthöhe. Diese Normierung soll die Planung und Umsetzung von Ladeparks deutlich vereinfachen. Erste Layouts hat CharIN bereits vorgestellt.
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