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Klimavorteil von E-Autos wächst schneller als erwartet

Die Studienlage ist bereits länger klar: Elektroautos sind die sauberste Antriebsart. Eine neue Erhebung des ICCT zeigt jetzt, dass der Klimavorteil schneller wächst als bisher angenommen. Heute in Europa verkaufte Stromer verursachen über ihre Lebensdauer hinweg 73 Prozent weniger Treibhausgase als Benziner. Grund dafür ist die positive Entwicklung des Strommixes.

Analysen über die Emissionen im „Lebenszyklus“ von Autos gibt es viele – und je nach dem, welche Faktoren alle eingerechnet und wie gewichtet werden, ergeben sich leicht unterschiedliche Ergebnisse. Welche Emissionen werden für die Produktion veranschlagt? Sind die Daten eher allgemein gehalten oder werden die Lieferketten für jede Komponente detailliert samt ihrer Transportwege (und den dort entstehenden CO2-Emissionen erfasst? Wird bei Benzinern und Diesel nur der CO2-Ausstoß der Verbrennung im Motor erfasst oder auch die CO2-Emissionen aus Förderung, Raffination und Transport des Kraftstoffes? Und welcher Strommix wird für das Laden der Elektroautos veranschlagt?

Unterschiedliche Studien zur „Life Cycle Analysis“ miteinander zu vergleichen, kann aufgrund solcher Unterschiede etwas irreführend sein. Viel besser ist es daher, Erhebungen miteinander zu vergleichen, die auf der gleichen Methodik basieren, aber die Daten aus unterschiedlichen Jahren nutzen. Genau das hat das International Council on Clean Transportation (ICCT) nun gemacht uns seine Studie „Life-cycle greenhouse gas emissions from passenger cars in the European Union“ neu aufgelegt – um die Daten aus 2021 und 2025 zu vergleichen.

Die Aussage, dass ein 2025 in Europa verkauftes, vollelektrisches Auto über die Lebensdauer 73 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßt als ein Benziner (auch unter Berücksichtigung der Produktionsemissionen) ist ein Ergebnis der aktuellen Studie. Interessant ist aber der Vergleich zu 2021: Das entspricht nämlich einer Verbesserung um 24 Prozentpunkte innerhalb von vier Jahren zu den damaligen ICCT-Berechnungen. Das zeigt: Mit dem Ausbau der Erneuerbaren im europäischen Strommix verbessert sich auch die Klimabilanz von Elektroautos.

Sauberer Strommix macht E-Autos sauberer

Für die Untersuchung hat das ICCT nach eigenen Angaben „alle klimarelevanten Emissionen aus der Produktion und dem Recycling von Fahrzeugen und Batterien, der Herstellung von Kraftstoffen und Strom sowie dem Energieverbrauch während des Betriebs und der Wartung der Fahrzeuge“ erfasst. Zudem werden die Energieverbräuche anhand realer Nutzungsdaten ermittelt, nicht mit den offiziellen Verbrauchsangaben – die gerade bei Plug-in-Hybriden ein verzerrtes Bild ergeben. Die Methodik berücksichtigt nicht nur den aktuellen Strommix, sondern die Entwicklung des Strommixes über die Lebensdauer eines Fahrzeugs hinweg – also in diesem Fall bis ins Jahr 2044. Bis 2025 soll der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Europa 56 Prozent betragen – ein Anstieg um 18 Prozentpunkte gegenüber 2020. Die Gemeinsame Forschungsstelle (Joint Research Centre, JRC) der EU rechnet damit, dass dieser Anteil bis 2045 auf 86 Prozent steigen wird.

icct klimavorteil elektroauto 2025
Bild: ICCT

Allerdings hat das ICCT nicht nur reine Elektroautos betrachtet. Andere Antriebsarten wie Hybride und Plug-in-Hybride zeigen im Vergleich nur geringe oder keine Fortschritte bei der Reduktion ihrer Klimaauswirkungen. Und genau das macht klar: Nur vollelektrische Autos können die Emissionssenkungen erzielen, die erforderlich sind, um die Klimaziele auch im Straßenverkehr zu erreichen. Aufgrund des Strommixes hat sich der Klimavorteil von E-Autos in nur vier Jahren deutlich erhöht, die Klimabelastung von Hybriden ist hingegen nahezu unverändert. Für Vollhybride hat das ICCT um 20 Prozent geringere Emissionen als bei Benzinern errechnet, bei Plug-in-Hybriden sind es 30 Prozent. Zwar bringe die Hybridisierung gewisse Vorteile, doch im Vergleich zu den Einsparungen vollelektrischer Autos fallen sie deutlich geringer aus – und reichen nicht aus, um langfristig die Klimaziele zu erreichen, so das ICCT.

In Zahlen ausgedrückt: Mit E10 betriebene Benziner kommen im Schnitt auf 235 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilometer, wenn alle Emissionen aus dem Lebenszyklus eingerechnet werden. Beim Diesel sind es sehr vergleichbare 234 Gramm, mit Gasantrieb kommen Verbrennerautos auf 203 Gramm pro Kilometer. Elektroautos mit dem EU-Strommix kommen hingegen auf 63 g/km, mit Ökostrom sogar nur auf 52 Gramm. Diese Werte können auch Hybride nicht erreichen, die liegen bei 188 Gramm (HEV) und 163 Gramm (PHEV). Hier der jeweils größte CO2-Posten: der Kraftstoffverbrauch. Und selbst mit dem erhöhten Einsatz von Biokraftstoffen sei in in der Life Cycle Analysis für die Verbrenner und Hybride keine nennenswerte Verbesserung erwartbar.

Batteriechemie relevant für CO2-Ausstoß

„E-Autos schneiden in der Klimabilanz deutlich besser ab als alle anderen Technologien, auch Hybride und Plug-in-Hybride, und die Emissionen von Elektroautos sinken schneller als noch vor wenigen Jahren erwartet“, sagt Marta Negri, Wissenschaftlerin am ICCT und eine der beiden Autorinnen der Studie. „Dieser Fortschritt ist vor allem auf den beschleunigten Ausbau von erneuerbaren Energien und die hohe Effizienz batteriebetriebener Fahrzeuge zurückzuführen.“

Die ICCT-Daten zeigen auch, dass nach wie vor die Antriebsenergie der größte Einzelfaktor für den CO2-Ausstoß über die Lebensdauer hinweg ist – und nicht die Produktion und bei Elektroautos im Speziellen die oft kritisierte Batteriefertigung. Bei den Batterien hat das ICCT die Daten aus der 2024 Version des GREET-Modells vom Argonne National Laboratory als Basis genutzt. Dieses unterscheidet beim CO2-Ausstoß der Produktion zwischen LFP-, NMC622- und NMC811-Zellen. Da laut dem ICCT die meisten derzeit in Europa verkauften BEV und PHEV NMC622-Zellen nutzen, wurde dieser Wert als Grundlage genommen. Das heißt: Setzen sich zunehmend E-Autos mit LFP-Zellen in Europa durch, könnte der CO2-Ausstoß der Batterieproduktion sogar etwas sinken, da die Lithium-Eisenphosphat-Zellen niedrigere Emissionen haben. NMC811-Zellen kommen hingegen fast auf den gleichen Wert wie NMC622 – hier gibt es nur eine minimale Verbesserung.

Bei den NMC622-Zellen wurde auch der Ursprung der Zellen für die in Europa verkauften E-Autos berücksichtigt und somit je nach Gewichtung ein Wert aus den Daten für Zellen aus Europa, den USA, Südkorea, Japan und China errechnet: 72,8 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde. Für ein BEV mit einer durchschnittlichen Batteriegröße von 53,4 kWh ergeben sich somit 3,9 Tonnen CO2 für die Batterieproduktion, bei einem PHEV mit 13,3 kWh sind es 1,0 Tonnen.

Zurück zu den Fahrzeugen: Auch wenn sie auf dem EU-Markt gemessen an den Stückzahlen de facto keine Rolle spielen und somit im Fahrzeugbestand keine Auswirkungen auf die Klimabilanz des Straßenverkehrs haben, hat das ICCT auch wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge untersucht – bei einigen Unternehmen gibt es schließlich immer noch Pläne für FCEV im Pkw-Bereich. Das Ergebnis für die Brennstoffzelle fällt in der Gesamtbetrachtung differenziert aus: Hier sind – theoretisch, wie das ICCT betont – bis zu 79 Prozent Emissionsminderung im Vergleich zu Benzinfahrzeugen möglich. Allerdings nur, wenn der Wasserstoff mit Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt wird. Dieser „grüne“ Wasserstoff ist in Europa derzeit jedoch kaum verfügbar. „Stattdessen stammt nahezu der gesamte derzeit genutzte Wasserstoff aus fossilem Erdgas. In diesem Fall verringern Brennstoffzellenfahrzeuge ihre Emissionen lediglich um rund 26 % gegenüber herkömmlichen Benzinfahrzeugen“, schreiben die Experten. Und damit ist das technisch aufwändige Brennstoffzellenfahrzeug mit seiner eigenen, ebenfalls aufwändigen Tank-Infrastruktur auf einem vergleichbaren Niveau zu den Hybridantrieben.

Bis zu 79 Prozent Emissionsminderung mit Brennstoffzellenautos und „nur“ 73 Prozent Ersparnis mit Elektroautos? Ist die Brennstoffzelle also doch ein derzeit noch unterschätzter Faktor? Nicht ganz, denn auch hier kommt es auf die Datenbasis an: Die theoretisch bis zu 79 Prozent Verbesserung beim FCEV betreffen das Szenario mit reiner Ökostrom-Nutzung – die erwähnten 73 Prozent beim Batterie-Elektroauto stammen hingegen aus dem Szenario mit dem europäischen Strommix. Hier sind also noch Emissionen aus Kohle- und Gaskraftwerken mit eingerechnet. Werden die BEV ausschließlich mit Ökostrom geladen, liegen ihre Life-Cycle-CO2-Emissionen auf dem gleichen Niveau wie die mit grünem Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle.

E-Autos holen „CO2-Rucksack“ schnell auf

Das liegt an den einzelnen Bestandteilen der Lebensdauer-Emissionen: Durch den viel zitierten „CO2-Rucksack“ aus der (Batterie-)Produktion starten Batterie-Elektroautos mit einem höheren Wert – auch für die Produktion der Wasserstoff-Tanks, oft aus einem Faser-Verbund-Material, ist viel Energie nötig und es entstehen CO2-Emissionen – laut der Studie 1,9 Tonen. Nicht wenig, aber eben weniger als bei der Batterieproduktion. Im Betrieb benötigen die Brennstoffzellenautos dann aber deutlich mehr Ökostrom, um mit den Elektrolyseuren den nötigen, grünen Wasserstoff zu erzeugen. Beim Stromverbrauch liegt also das Batterie-Elektroauto vorne. Und in der Summe ergeben sich im reinen Ökostrom-Szenario jeweils knapp 50 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer im gesamten Lebenszyklus – für BEV und FCEV. Rechnet man bei den Batterie-Autos mit dem europäischen Strommix, steigt dieser Wert auf etwa 70 g/km. Stammt aber der Wasserstoff für die Brennstoffzellenautos aus der Erdgas-Reformation, schnellen hier die Emissionen auf etwa 175 g/km nach oben.

Das ICCT warnt auch vor einer selektiven Datennutzung, da das in der öffentlichen Debatte für Verunsicherung bezüglich der Klimabilanz von Elektroautos gesorgt habe. „Die ICCT-Analyse zeigt, wie stark einzelne Annahmen die Ergebnisse verzerren können – etwa, wenn man nicht einbezieht, dass sich der Strommix über die Lebensdauer der Fahrzeuge ändert, dass die realen Verbrauchswerte von Autos meist deutlich von den offiziellen Angaben abweichen oder dass Fahrzeuge im Schnitt mehr als 20 Jahre genutzt werden“, schreiben die Autoren. Ein Beispiel ist das gängige Argument, dass der CO2-Ausstoß von E-Autos aufgrund der Batterieproduktion höher sei. Es stimmt, dass bei der Herstellung vollelektrischer Autos rund 40 Prozent mehr Emissionen als bei Benzinern anfallen, doch dieses Emissionsdefizit – der viel zitierte „CO2-Rucksack“ – ist laut den ICCT-Zahlen nach rund 17.000 Kilometern ausgeglichen. Also je nach Fahrleistung im ersten oder zweiten Jahr der E-Auto-Nutzung. Danach ist der Stromer sauberer als der Benziner. Und das im Schnitt noch 18 Jahre lang.

ICCT will Falschinformationen entgegentreten

Interessant ist auch den Vergleich, den das ICCT zwischen den eigenen und den offiziellen Werten zieht – also ob etwa WLTP-Verbräuche oder reale Verbräuche genutzt werden und ob die prognostizierte Verbesserung beim Strommix einbezogen wird oder nicht. Mit den „offiziellen“ Daten schreiben die Verbrenner-Klassen grob zehn Prozent besser ab als mit den ICCT-Werten, während die CO2-Emissionen für die Elektroautos 64 Prozent (Strommix) bzw. 26 Prozent (Ökostrom) höher wären als vom ICCT berechnet. Damit würde der „Klimavorteil“ der E-Autos geringer ausfallen. Es kommt immer auf die Datenbasis an. Das ICCT fokussiert sich hier aber möglichst auf realitätsnahe Daten, um ein aussagekräftigeres und vor allem relevanteres Ergebnis zu erhalten. In der Studie listet das ICCT genau auf, welche Entscheidungen bei der Methodik das Ergebnis in welche Richtung beeinflusst haben.

„Mit dieser Studie möchten wir die öffentliche Debatte versachlichen und Politik wie Industrie eine verlässliche Entscheidungsgrundlage bieten“, sagt. Georg Bieker, Senior Researcher beim ICCT und einer der Studienautoren. Bieker wird deutlich: „In letzter Zeit haben Führungskräfte der Automobilbranche die Klimabilanz insbesondere im Vergleich von Elektroautos und Hybriden wiederholt falsch dargestellt. Doch eine Lebenszyklusanalyse ist kein Wunschkonzert: sie muss eine repräsentative Nutzung über das gesamte Fahrzeugleben abbilden und auf echten Praxisdaten basieren. Verbraucherinnen und Verbraucher haben Anspruch auf verlässliche, wissenschaftlich fundierte Informationen.“

Und die abschließende Empfehlung aus dem Bericht an die Politik ist klar und deutlich: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Beibehaltung des Auslaufs des Neufahrzeugverkaufs von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und allen Arten von Hybridfahrzeugen bis 2035 die Dekarbonisierung des Verkehrssektors in der Europäischen Union beschleunigen würde.“

theicct.org

7 Kommentare

zu „Klimavorteil von E-Autos wächst schneller als erwartet“
Torsten
09.07.2025 um 09:46
Sehr interessante Studie vom ICCT. Hoffe Sie findet öffentliche Beachtung und wird in ein paar Jahren wiederholt...
Battie
09.07.2025 um 10:05
Dass wir so weit gekommen sind haben wir eindeutig Tesla zu verdanken. Die Ewiggestrigen um Trump und Co. werden Lügen gestraft werden, mögen sie auch noch so hartnäckig versuchen den Rückwärtsgang einzulegen, es wird ihnen kaum mehr viel nützen. Und selbst wenn Diplom-Zauderer wie VW am Ende vorn liegen sollten, ist ruhmreich anders.
Lanzu
09.07.2025 um 10:35
Das Ergebnis bedeutet auch, dass sofortige Verschrottung eines Verbrenners und Ersatz durch ein Elektroauto weniger Emissionen verursacht als der Weiterbetrieb. Das gilt unabhängig davon wie alt der Verbrenner ist. Das bestätigt die Studie aus der Schweiz, die hier vor kurzem diskutiert wurde. Wirtschaftlich ist das natürlich nicht, also lieber erst gar keinen Verbrenner kaufen, bzw. herstellen.
Jörg
09.07.2025 um 10:55
die Antriebswende wird sich nur noch verzögern aber nicht aufhalten lassen. wenn erstmal das Ladekartell mit seinen unnötigen Abo- und Kartengedöns in seine Schranken verwiesen wurde, wird alles relativ schnell gehen..
Robert
09.07.2025 um 12:04
1 *für deinen richtigen Kommentar obwohl ich immer mehr das Gefühl habe das in deutschland hier alles mit Absicht verschleppt wird
Peter
09.07.2025 um 12:32
17.000 km für das Erreichen des break-even sind wirklich eine beeindruckende Verbesserung im Vergleich zu älteren Studien. Selbst die 45.000-60.000 km, die der ADAC 2022 genannt hat, sind ja schon eindeutig, aber es war klar, dass sich daran noch einiges tun wird. Ein direkter Vergleich ist allerdings nicht möglich, solange ICCT mit einem EU-Strommix rechnet. Hier wäre interessant, ob das auch mit dem deutschen Strommix bzw. einer deutschen Prognose für den Strommix gerechnet werden kann. Am Ergebnis wird sich aber eh nichts ändern: E-Autos sind so oder so um ein Vielfaches klimafreundlicher. Schade, dass sich in der Öffentlichkeit noch ein anderes, falsches Bild hält. Danke nochmal an Hans-Werner Sinn, der vermutlich auch heute noch seine absurd falschen Zahlen von 219.000km herumposaunt, die auf Studien aus 2013 basieren.
Lanzu
09.07.2025 um 13:41
Der deutsche Strommix hat etwa 80% mehr Emissionen. Nimmt man obige Grafik, dann wird der Abstand um ungefähr 5 Prozentpunkte kleiner. Der Vorteil ist also nicht mehr 73% weniger Emissionen, sondern 67% weniger Emissionen nach dem deutschen Strommix.Die Verwendung des europäischen Strommixes ist aber durchaus sinnvoll, da die CO2-Emissionen der Stromerzeugung (und weiterer Industriesektoren) wesentlich europäisch geregelt sind.

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