
ACEA-Halbjahresbilanz: Anteile elektrischer Nutzfahrzeuge steigen
„Das erste Halbjahr 2025 gestaltete sich für den Nutzfahrzeugmarkt der EU herausfordernd“, stellt der Verband gleich zu Beginn seiner Mitteilung klar. „In einem ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen Umfeld kam es in wichtigen Märkten zu deutlichen Zulassungsrückgängen.“ In Zahlen ausgedrückt: Mit 155.367 Einheiten wurden 15,4 Prozent weniger neue Lkw registriert, wobei die mittelschweren und schweren Lastwagen gleichermaßen verloren haben. Auch die Nachfrage bei den Bussen ging in der EU auf 18.123 Einheiten zurück, jedoch langsamer als zuletzt. „Zwar stieg der Anteil elektrisch aufladbarer Fahrzeuge, doch das Wachstum ist noch nicht schnell genug, da die Marktakzeptanz weiterhin durch das nahezu fehlende Vorhandensein wesentlicher Rahmenbedingungen gebremst wird“, schreibt der ACEA.
Kurz zur Klärung der Begriffe vorab: Im Lkw-Bereich unterteilt der ACEA ihre Statistik in unterschiedliche Gewichtsspannen. Als mittelschwere Lkw führt der Verband alle Trucks mit 3,5 bis 16 Tonnen, als schwere Lkw alle Fahrzeuge ab 16 Tonnen – alles unter 3,5 Tonnen fällt in die Rubrik der Transporter, um die es hier nicht geht. Bei den Bussen unterscheidet der ACEA nicht nach Gewichtsklassen: Hier werden schlichtweg alle für den Personentransport bestimmten Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen erfasst. Und: Der Verband unterscheidet nicht zwischen rein Batterie-elektrischen Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden, sondern fasst diese nur als „Elektrisch ladbar“ zusammen.

Starten wir mit den mittelschweren Lkw. In der EU sind die Neuzulassungen im ersten Halbjahr 2025 auf 25.421 Fahrzeuge um glatte 20 Prozent zurückgegangen, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch über 31.000 Lastwagen in dieser Gewichtsklasse. Nimmt man noch die EFTA-Staaten Island, Norwegen, Schweiz und Liechtenstein sowie das Vereinigte Königreich hinzu, sind es 32.524 mittelschwere Lkw und ein Rückgang um immer noch 18 Prozent.
14,3 Prozent E-Anteil bei den mittelschweren Lkw
Satte 72,5 Prozent Wachstum auf EU-Ebene (und +74,6 Prozent mit dem UK und EFTA) gibt es hingegen bei den Elektroantrieben in dieser Gewichtsklasse. Diese konnten EU-weit von 2.116 auf 3.650 Neuzulassungen zulegen, in Gesamt-Europa kratzen die mittelschweren E-Lkw mit 4.975 Einheiten sogar an der 5.000er Marke. Das Wachstum wurde dabei nicht von einem einzelnen Land oder dem größten Einzelmarkt (Deutschland mit 1.372 Einheiten und einem Plus von 7,2 Prozent) getrieben, sondern einer positiven Entwicklung in gleich mehreren Ländern. In den Niederlanden sind die Neuzulassungen um über 900 Prozent gestiegen – von 66 auf 669 Einheiten. In Schweden war das Wachstum mit über 3.000 Prozent noch größer, allerdings war auch die Ausgangsbasis mit nur neun Fahrzeugen im Vorjahr sehr klein. 292 neue E-Lkw können sich aber sehen lassen. Auch Frankreich (358 Einheiten, +2,0 %), Italien (355 Einheiten, +211,4 %), Dänemark (204 Einheiten, +172 %) und Spanien (182 Einheiten, +43,3 %) kommen auf dreistellige Neuzulassungen. Enorme Rückgänge gibt es eigentlich in keinem Land. Bei der Slowakei stehen zwar -44,4 Prozent in der Tabelle, der tatsächliche Rückgang von 9 auf 5 Neuzulassungen ist allerdings eher überschaubar. Es muss aber auch erwähnt werden, dass in 14 EU-Ländern keine oder nur eine einstellige Anzahl an E-Lkw in diesem Segment zugelassen wurden – es gibt also noch Luft nach oben.
Bei den mittelschweren E-Lkw waren auf EU-Ebene 14,3 Prozent der Neuzulassungen extern ladbar. Mit 21.000 Neuzulassungen und 83 Prozent Marktanteil bleibt der Diesel die dominante Antriebsart – der Rückgang zum Vorjahr beträgt allerdings satte 26,9 Prozent. Bei den weiteren Antriebsarten ist im Grunde nur noch die Kategorie „Sonstige“ mit 642 Zulassungen erwähnenswert, darunter versteht der ACEA Brennstoffzellenantriebe, Erdgas, Flüssiggas, E85/Ethanol und andere Treibstoffe. Mit gerade einmal 27 neuen Benzinern (-60,9 %) und vier Hybriden (-83,3 %) spielen die beiden weiteren Antriebs-Kategorien keine Rolle.
Schwere E-Lkw legen um 13,2 Prozent zu
Bei den schweren Lastwagen unterscheiden sich zwar die Zahlen, die grundsätzlichen Tendenzen am Markt aber nicht. Über alle Antriebe hinweg gibt es EU-weit ein Minus von 14,5 Prozent auf 129.946 Fahrzeuge nach fast 152.000 Einheiten im ersten Halbjahr 2024. In Gesamt-Europa sind es zwar 151.406 Fahrzeuge, aber auch hier liegt der Rückgang mit 14,2 Prozent auf einem ähnlichen Niveau. Dominante Antriebsform ist der Diesel mit 95,6 Prozent Marktanteil oder 124.313 Neuzulassungen in der EU. Aber: Die Diesel haben mit -15,0 Prozent noch etwas stärker verloren als der Gesamtmarkt. Hybride und reine Benziner spielen mit 19 bzw. 16 Fahrzeugen auch bei den schweren Brummis keine Rolle.
Anders als bei den mittelschweren Lastwagen können im Schwerlast-Segment die „sonstigen“ Antriebe mit 3.680 Fahrzeugen die „extern ladbaren“ Elektro-Lkw übertreffen. Allerdings sind die „Sonstigen“ 4,9 Prozent unter dem Vorjahr, während die E-Lkw gegen den Markttrend um 13,2 Prozent gewachsen sind. Allerdings entsprechen 1.918 Neuzulassungen (nach 1.695 im Vorjahr) nur 1,5 Prozent des Marktes. Somit überrascht es kaum, dass bei den schweren Lastwagen (obwohl das Segment insgesamt ungleich größer ist als jenes der mittelschweren Lkw) kein Land auf vierstellige Neuzulassungen kommt. Der größte Einzelmarkt ist auch hier Deutschland, wobei die Neuzulassungen von 568 sogar auf 509 Fahrzeuge um 10,4 Prozent zurückgegangen sind! Die anderen großen EU-Märkte sind aber gewachsen und holen folglich auf: In Frankreich ging es von 257 auf 410 Neuzulassungen (+59,5 %) nach oben, in den Niederlanden um 12,8 Prozent auf 309 Einheiten und in Schweden um 3,4 Prozent auf 183 ladbare Lkw. Zudem schafft es Österreich mit 117 Neuzulassungen (+37,6 %) in den dreistelligen Bereich. Außerhalb der EU konnten noch die Schweiz zulegen (+41,2 % auf 192 Einheiten), ebenso Norwegen (+9,9 Prozent auf 178 Fahrzeuge). Im Vereinigten Königreich steht mit 119 schweren E-Lkw allerdings ein Rückgang um 17,4 Prozent in der Statistik.
Insgesamt kommt aber mehr Bewegung in den Markt, auch wenn hier ebenfalls 13 EU-Länder keine oder nur einstellige Neuzulassungen ausgewiesen haben. In vielen Ländern sind die Stückzahlen noch überschaubar, so dass die Auswirkungen einzelner Faktoren (zum Beispiel eine Großbestellung eines Unternehmens oder eine lokale Förderung) stark auf den Gesamtmarkt auswirken. Es ist aus der Statistik also derzeit kaum abzulesen, ob die teils deutlichen Wachstumsraten auf das wachsende Modellangebot zurückzuführen sind oder auf die erwähnten Einmaleffekte. Klar ist aber auch: Mit 3,6 Prozent E-Anteil bei den Lastwagen über beide Gewichtsklassen hinweg gibt es für die Elektromobilität noch viel zu tun. Oder wie es Optimisten ausdrücken würden: Viel Potenzial für Wachstum.
E-Busse noch verbreiteter als E-Lkw
Der Busmarkt unterliegt hingegen nochmals ganz anderen Dynamiken, denn über Ausschreibungen und Konzessionen kann vielerorts die Politik die Nachfrage nach den Antriebsarten mit beeinflussen – und nicht nur über Förderprogramme. Insgesamt ist der Markt auch hier mit 18.123 Neuzulassungen rückläufig, allerdings mit -4,4 Prozent bei weitem nicht so stark wie bei den Lkw. In Gesamt-Europa war die Bus-Nachfrage aber größer: Vor allem die 5.398 Neuzulassungen aus dem Vereinigten Königreich (+38,9 %) sorgen in der europaweiten Betrachtung für ein Plus von 4,1 Prozent. Da die planbaren Strecken mit eigenen Ladepunkten im Depot einfacher elektrifiziert werden können als der ungleich flexiblere Einsatz vieler Lastwagen, ist der Diesel-Anteil bei den Bussen schon auf 64,6 Prozent gesunken – es sind aber immer noch 11.718 neue Dieselbusse im ersten Halbjahr auf die EU-Straßen gekommen.
Die extern ladbaren Busse (die in der Praxis deutlich mehr Batterie-Busse als Plug-in-Hybride sind) kommen mit 3.915 Neuzulassungen (+26,1 %) auf einen Anteil von 21,6 Prozent. Im ersten Halbjahr 2024 waren es noch 16,4 Prozent E-Bus-Anteil in der EU. Dass der Marktanteil gestiegen ist, liegt auch an der Entwicklung in Deutschland: Die Neuzulassungen der E-Busse haben hierzulande in den ersten beiden Quartalen 835 Fahrzeuge erreicht (+105,2 Prozent und 27,4 Prozent E-Bus-Anteil), im Vorjahr waren es noch 407 Einheiten. Damals lag Frankreich mit 424 ladbaren Bussen knapp vor Deutschland an der EU-Spitze. In unserem Nachbarland sind die Neuzulassungen jetzt aber um 31,4 Prozent auf nur noch 291 Fahrzeuge zurückgegangen. Damit liegen die Franzosen EU-weit nur noch auf Platz 5: Belgien (523 Busse, +375,5 %), Schweden (460 Busse, +4.500 Prozent) und Italien (401 Busse, +47,4 Prozent) haben Frankreich überholt, die Niederlande liegen mit 279 Neuzulassungen knapp dahinter. Insgesamt kommen bei den Bussen aber nur sieben EU-Länder auf keine oder einstellige Neuzulassungen.
66 Prozent E-Bus-Anteil in Norwegen
Zwei bemerkenswerte Märkte liegen außerhalb der EU: Norwegen konnte seine E-Bus-Zulassungen um 173,5 Prozent steigern und kommt nun auf 536 E-Busse im ersten Halbjahr – bei nur 881 neuen Bussen über alle Antriebsarten hinweg sind das 66,1 Prozent E-Bus-Anteil. Und mit 1.351 neuen E-Bussen bis zur Jahresmitte ist das UK mit einem Plus von 53,5 Prozent der klare Spitzenreiter, 516 Neuzulassungen mehr als in Deutschland. Aber: Mit 25 Prozent E-Bus-Anteil liegt das Vereinigte Königreich bei dieser Kennziffer knapp hinter Deutschland.
Zwar erfasst die reine ACEA-Statistik nicht genau die Verschiebung, von welchen Antriebsarten die ÖPNV-Betreiber zu den E-Bussen gewechselt sind. Es fällt aber auf, dass die Neuzulassungen der Hybrid-Busse um 35,5 Prozent auf noch 1.247 Neuzulassungen zurückgegangen sind. Abgesehen von überschaubaren Stückzahlen in Malta und Polen gab es in allen anderen Ländern starke Rückgänge – in Deutschland etwa von 558 auf 391 Hybrid-Busse, in Spanien von 489 auf 366 Einheiten. In Europas größtem Busmarkt UK kam hingegen kein einziger Hybrid-Bus neu auf die Straße. Das gilt auch für die Kategorie „Sonstige“, in der neben der Brennstoffzelle auch die Gas- und alternativen Antriebe zusammengefasst werden. EU-weit sind es immerhin noch 1.243 „sonstige“ Busse (-9,1 %), die sich aber fast ausschließlich auf Italien (573 Einheiten) und Frankreich (502 Einheiten) verteilen.
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