V2G-Studie gibt Handlungsempfehlungen an Politik und BNetzA
Das Vorhaben wurde von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) im Auftrag von Amprion, Bayernwerk Netz, der BMW Group, EWE Netz, Mercedes-Benz Group und TransnetBW durchgeführt – also Experten aus den Bereichen Energieforschung, Stromnetze und E-Autos. Erklärtes Ziel der Partner war es, zentrale Hürden und potenzielle Mehrwerte von V2G aufzubereiten und daraus einen strukturierten Lösungsraum abzuleiten. Also Handlungsempfehlungen für die deutsche Politik, die sich mit dem Thema V2G weiterhin schwer tut.
Mit dem Abschluss der Studie liegen diese Ergebnisse jetzt vor. Kern ist eine Roadmap mit elf konkreten Lösungsvorschlägen, „adressiert an politische Entscheidungstragende (u. a. das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), die Bundesnetzagentur, relevante Normierungsgremien sowie Netzbetreiber“, wie die FfE mitteilt.
Zunächst hat die FfE in der Studie aber den Status Quo zusammengetragen. Aus über 15 Studien, „aufgrund ihrer wissenschaftlichen Relevanz und Aktualität ausgewählt“ wurden, haben die Forscher die Mehrwerte des bidirektionalen Ladens abgeleitet und in sechs Hauptkategorien eingeteilt, um auf dieser Basis die strukturierte Analyse durchzuführen:
- Integration von Erneuerbaren Energien
- Netzdienlichkeit und Systemstabilität auf Übertragungsnetzebene
- Netzausbaubedarfe und Netzdienlichkeit auf Verteilnetzebene
- Ressourceneffizienz im Gesamtsystem
- Einsparung von Systemkosten
- Mehrwerte aus Kund:innensicht
„Anknüpfend an die Mehrwerte des bidirektionalen Ladens werden die bestehenden Hürden analysiert, die den Hochlauf von V2G und die Hebung der Mehrwerte verhindern oder bremsen“, heißt es in der Studie. Die Hürden wurden wiederum in drei Kategorien eingeteilt, etwa Akzeptanz & Kund:innen-KnowHow, die Regulatorik und technische Kompetenzen.
Die Hürden
Bei letztgenanntem Punkt wird zum Beispiel die mangelnde Interoperabilität als Hürde angeführt: „Die ISO 15118-20 ist der zentrale Ladekommunikationsstandard für bidirektionales DC-Laden. Er soll die reibungslose und interoperable Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladestation sicherstellen. Versuche mit echten Systemkomponenten haben jedoch gezeigt, dass trotz eines vorhandenen Kommunikationsstandards Interoperabilität nicht zwingend gewährleistet sein muss“, so die Studie. „Die größte Hürde besteht darin, die übertragenen Informationen in den unterschiedlichen Systemen einheitlich zu bewerten und gleiche Handlungen daraus abzuleiten.“ Aber auch die hohen Kosten gelten als Hürde bei den technischen Kompetenzen, da in der aktuellen Lage auch noch unklar ist, wie hoch die tatsächlichen Kostenersparnisse für Kunden ausfallen, die in ein V2G-System investieren. In den optimistischen Szenarien der Studie mit hohen Ersparnissen könne sich das Investment schon nach weniger als acht Jahren rechnen – im schlechtesten Fall aber erst nach 25 Jahren.
Den deutlich größeren Raum bei den Hürden nimmt allerdings die Regulatorik ein. Dort werden unter anderem die „hohen staatlich induzierte Strompreisbestandteile (SIP) in Deutschland“ angeführt, bei denen es teils schon Erleichterungen, aber auch weitere finanzielle Hebel zur Entlastung gibt. Aber auch die „komplexen Messkonzepte zur Grünstromabgrenzung“ oder die Notwendigkeit von Smart-Meter-Gateways und Netzanschlussbedingungen für AC-Wallboxen werden als Hürden genannt, um nur einige Beispiele zu nennen.
Die Vorschläge
Bei den elf Vorschlägen, mit denen diese Hürden für einen schnelleren Rollout aus dem Weg geräumt werden sollen, handelt es sich nicht um eine lose Sammlung, sondern um eine konkrete Reihenfolge, die nach Ansicht der Studienautoren am meisten Sinn ergibt: „Die Empfehlungen wurden nach ihrer Signifikanz und Umsetzbarkeit zeitlich priorisiert, um möglichst zielgerichtet Maßnahmen für die kommenden Jahre ableiten zu können.“
„Um den Hochlauf von V2G zu ermöglichen, schlagen wir eine Zweiteilung des Zeitraums von heute bis Ende 2035 vor: Eine Start und Lernphase von heute bis Ende 2028, in der V2G im realen Umfeld mit am Markt existierenden Produkten, aber noch in relativ kleiner Stückzahl erprobt und weiterentwickelt werden kann“, heißt es in der Studie. Durch den Einsatz von Experimentierklauseln könnten zuständige Stellen in dieser Phase etwa Ausnahme- oder Sonderregelungen erlassen.
Dem würde eine „V2G Hochlaufphase“ ab 2029 folgen, in der etwaige Experimentierklauseln obsolet werden. „In dieser Phase ist – bei erfolgreicher Start- und Lernphase – davon auszugehen, dass der Hochlauf des bidirektionalen Ladens und insbesondere von V2G ohne zusätzliche Anreize stattfinden wird. Grundvoraussetzung dafür ist dennoch ein einheitlicher Rechtsrahmen und die Überwindung der relevantesten Hürden in Phase 1“, heißt es. Allerdings zielen acht der elf Vorschläge auf die experimentelle Phase 1 ab, ob eben die V2G-Verbreitung früh anzuschieben.
An die Politik richten sich etwa die Forderungen, die Batterieforschung zu stärken, die Beteiligten bei der Stromsteuer zu entlasten, den konkretere Vorgaben zum Datenaustausch zu machen, die Pflichteinbaufälle für Smart-Meter-Gateways zu beschleunigen (um zu deren Rollout beizutragen) und die geforderten Experimentierräume für netzdienliche Leistungen zu schaffen. Die Normungsgremien wiederum sollen Konformitätstests für verpflichtende Standards schaffen, die Bundesnetzagebtur flexible Netzanschlussvereinbarungen für V2G ermöglichen und die Netzbetreiber seien gefordert, ein Zwei-Zähler-Messkonzeot zur Grünstromabgrenzung vorzulegen (verfügt ein Haushalt über keine PV-Anlage, ist laut der Studie nur ein Zweirichtungszähler notwendig).
Die Batterieforschung soll übrigens gefördert werden, um der mit den zusätzlichen Lade- und Entlade-Vorgängen verbungenen Alterung der Elektroauto-Batterie zu begegnen. „Zum einen kann die Weiterentwicklung der Zellchemie und Materialforschung zu Batterietechnologien mit höherer Zyklenfestigkeit und thermischer Stabilität führen, was die Lebensdauer unabhängig vom Nutzungsszenario verlängert“, heißt es dazu. „Zum anderen ermöglicht ein vertieftes Verständnis elektrochemischer Alterungsprozesse die Entwicklung intelligenter Batteriemanagementsysteme (BMS), die V2G-Prozesse so steuern, dass sie sich weniger negativ oder sogar lebensdauerverlängernd auswirken – etwa durch gezielte Nutzung entlastender Ladezustände oder temperaturgesteuerte Ladefenster.“
Laut der Mitteilung der FfE soll die Studie „einen Beitrag zur Klärung offener regulatorischer, normativer und technischer Fragestellungen“ leisten und biete „eine Informations- und Entscheidungsgrundlage für Politik und Regulierung“. Alle Details können Sie auch in dem unten verlinkten PDF zur Studie nachlesen.
ffe.de (Mitteilung mit Links zur Studie und Executive Summary)
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