Flugtaxis: US-Rivale Archer kauft Patente von Lilium
Seit Anfang August hat die Ambitious Air Mobility Group (AAMG) mit Sitz in den Niederlanden und Verbindungen nach Spanien, Dubai und Japan lautstark darum gebuhlt, das bayrische Unternehmen Lilium übernehmen und wiederbeleben zu wollen. Doch dieser Versuch ist nun offenkundig gescheitert: Mit dem Verkauf des geistigen Eigentums von Lilium in Form von über 300 Patenten an den US-Wettbewerber Archer hat AAMG nun keine Chance mehr, in den Besitz der wohl wichtigsten Assets von Lilium zu kommen.
Dabei umfasst das Lilium-Patentportfolio Innovationen in den Bereichen Hochvolt-Systeme, Batteriemanagementsysteme, Flugzeugkonstruktion, Flugsteuerungssysteme, elektrische Antriebssysteme, Propellertechnik und Mantelpropeller-Technologie für eVTOL-Flugzeuge. „Die Pionierarbeit von Lilium hat die Grenzen des eVTOL-Designs und der eVTOL-Technologie erweitert, und wir freuen uns, ihre Spitzentechnologien bei Archer einzubringen, während wir unsere Produkt-Roadmap vorantreiben“, sagte Adam Goldstein, Gründer und CEO von Archer, zur Übernahme der Patente.
Archer legt dafür 18 Millionen Euro auf den Tisch. Liliums Insolvenzverwalter Ivo-Meinert Willrodt von der Kanzlei Pluta sagt dazu: „Nach langen Verhandlungen in einem komplexen Transaktionsprozess hat sich Archer im Bieterwettbewerb durchgesetzt.“ Neben Archer soll auch dessen US-Konkurrent Joby Aviation auf die Patente von Lilium geboten haben. Und eben auch besagte AAMG-Holding.
Über den Zuschlag für Archer ist AAMG – ein kleines Unternehmen mit sehr aktiver PR – nicht wirklich amüsiert und hat umgehend eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Ambitious Air Mobility Group beanstandet Abwicklung des Verkaufs von Lilium-Assets“ verschickt. Darin moniert AAMG, dass es „ein vollständig konformes, finanziell abgesichertes Angebot zum Erwerb aller Vermögenswerte der Lilium GmbH und der Lilium eAircraft GmbH im Rahmen des vom Insolvenzverwalter festgelegten Verfahrens abgegeben“ habe.
AAMG wollte 30 Millionen Euro für alles zahlen
Und weiter: Der Insolvenzverwalter habe sich nun für ein wohl ungesichertes Angebot eines börsennotierten US-Unternehmens über 18 Millionen Euro für begrenzte Rechte an geistigem Eigentum entschieden. Dieses Angebot liege deutlich unter dem gesicherten Angebot der AAMG in Höhe von 23 Millionen, das dann auf 30 Millionen Euro für die gesamten Vermögenswerte aufgestockt worden sei. Obwohl der Vermögensverwalter schriftlich bestätigt habe, dass die Vermögenswerte an den Meistbietenden gehen würden, sei dies nun „eindeutig nicht der Fall“. Entsprechend zeigt sich AAMG „zutiefst enttäuscht“.
Ein Sprecher des Insolvenzverwalters erwidert dazu gegenüber electrive: „Im Bieterverfahren war für uns sehr wichtig, dass wir die höchste Transaktions- und Umsetzungssicherheit sowie Finanzierungssicherheit gewährleisten. Wir haben ein ordnungsgemäßes Bieterverfahren in Abstimmung mit beiden Gläubigerausschüssen durchgeführt; neben diesen haben auch die Sicherungsgläubiger der Veräußerung zugestimmt. Der Verkauf erfolgte auf einer klaren und transparenten Entscheidungsgrundlage. Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu Details in Kaufvertragsverhandlungen. Zu Details werden wir uns daher auch in diesem Fall nicht äußern.“
1,5 Milliarden Euro für Flugtaxi-Entwicklung
Lilium gilt als einer der Pioniere im Bereich Flugtaxis. Das Unternehmen wurde 2015 von von Ingenieuren und Doktoranden der TU München gegründet. Investoren steckten in den folgenden Jahren 1,5 Milliarden Euro in das bayrische Startup. Angesichts der jahrelangen Zertifizierungsprozesse in der Branche ging Lilium aber 2024 die Luft aus und das Startup ging vergangenen Oktober in Insolvenz. Zu Weihnachten wurde es dann von einem neuen Investor gerettet. Doch nur vermeintlich: Der Deal platzte und Lilium ging im Februar schließlich erneut in Insolvenz. Im August wurde dann besagtes Angebot von AAMG bekannt.
Archer Aviation wiederum wurde 2018 in Kalifornien gegründet, ist aber mittlerweile deutlich weiter: Bereits kommendes Jahr sollen die ersten Flüge in Abu Dhabi erfolgen. Zudem ist Archer auch fürs US-Militär tätig.
Quelle: Pressemitteilungen per E-Mail, archer.com, manager-magazin.de, wiwo.de, handelsblatt.com
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