Nach Merz-Vorstoß: EU offen für neue Verbrenner nach 2035
Im Gespräch mit dem Handelsblatt antwortete Tzitzikostas auf die Frage, ob die EU nicht nur Hybridautos, sondern auch klassische Verbrenner erlauben werde, dass man „offen für alle Technologien“ sei und die Kommission in der neuen Regelung „alle technologischen Entwicklungen“ einbeziehen werde.
Diese Aussagen werden in der aktuellen Lage natürlich auf die jüngsten Vorgänge in Deutschland bezogen. Die EU-Kommission will voraussichtlich im Dezember einen neuen Vorschlag für die CO2-Ziele ab 2035 vorlegen. Dass dieses Ziel überprüft werden soll, stand bereits länger fest. Ende der vergangenen Woche hatten sich Union und SPD in einer Koalitionssitzung auf eine gemeinsame Position der Bundesregierung geeinigt: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte in einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag gefordert, die EU solle bei ihrer Revision der Flottengrenzwerte ab 2035 neben Elektroautos auch Plug-in-Hybride, Fahrzeuge mit Range Extender und „hocheffiziente“ Verbrenner berücksichtigen.
Mit den Äußerungen von Verkehrskommissar Tzitzikostas könnten die „hocheffizienten“ Verbrenner also tatsächlich eine Zukunft nach 2035 haben – auf den ersten Blick. Denn der griechische Politiker schränkte seine Aussage umgehend ein, dass man auch „die Rolle von emissionsfreien und emissionsarmen Kraftstoffen und fortgeschrittenen Biokraftstoffen“ prüfen werde. Zwei weitere Kommissionsbeamte bestätigten offenbar dem Handelsblatt, dass man „traditionelle Verbrennermotoren zulassen wolle, solange diese mit Biokraftstoffen oder E-Fuels betankt werden“.
Der genaue Wortlaut des Briefs von Friedrich Merz ist zwar nicht bekannt, in der Pressekonferenz nach dem Koalitionsbeschluss hat er aber synthetische oder biologische Kraftstoffe mit keiner Silbe erwähnt. Das legt nahe, dass es Merz darum geht, „hocheffiziente“ Verbrenner mit fossilen Kraftstoffen zu betreiben.
Die jetzt getätigten Ankündigungen der EU-Vertreter gehen aber in eine ganz andere Richtung. Die Einschränkung auf emissionsfreie und emissionsarme Kraftstoffe oder Biokraftstoffe wäre eine enorme Abweichung von Merz’ Vorhaben: Es könnten dann zwar neue Verbrenner nach 2035 zugelassen werden, jedoch eben nur, wenn sie nachweislich mit sauberen Kraftstoffen betrieben werden. Und wie gut und vor allem zu welchen Preisen diese Kraftstoffe 2035 oder früher verfügbar sind, steht nicht fest. Somit könnte über die sauberen Kraftstoffe zwar der Klima-Gedanke „gerettet“ werden, die von Merz angestrebte Stärkung der europäischen Autoindustrie könnte aber indes ausbleiben – wenn moderne Verbrenner zwar erlaubt bleiben und mit Milliarden-Summen entwickelt werden, aber kein Kunde sie kauft, weil man nicht an die nötigen, sauberen Kraftstoffe kommt oder diese die Betriebskosten extrem steigen lassen.
Bis zur Klarheit in dieser wichtigen Frage wird es noch etwas dauern. Konkret stand der 10. Dezember als Datum im Raum, an dem die EU-Kommission das neue „Autopaket“ mit den CO2-Flottengrenzwerten vorstellen wollte. In dem Gespräch kündigte Tzitzikostas aber an, dass sich das Paket um „wenige Wochen“ verzögern könnte. Man arbeite zwar „sehr hart“ daran, das Paket noch im Dezember präsentieren zu können – es sei aber möglich, dass es auch erst Anfang Januar fertig sei, so der Kommissar. Begründet wird die Verzögerung mit dem Umfang des Pakets und dessen Bedeutung – es sei entscheidend „für die europäische Industrie, die Bürger und unsere Wettbewerbsfähigkeit“.
Übrigens: In dem „Auto-Paket“ soll es neben den neuen Regelungen rund um die CO2-Ziele auch „neue Anreize für Elektroautos in Unternehmensflotten“ geben. Wie genau das aussehen wird, geht aus dem aktuellen Bericht nicht hervor. Im Raum steht schon länger eine E-Auto-Quote von 100 Prozent ab 2030, womit danach ohnehin nur noch Privatkunden die „hocheffizienten“ Verbrenner und Hybride kaufen könnten. Die Mietwagen-Branche läuft schon jetzt Sturm gegen die möglichen EU-Vorgaben.





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