Südtiroler „Wasserstofftal“ zu Leuchtturmprojekt gekürt

Unter dem Titel „Mission Innovation“ werden unter Federführung der EU-Kommission weltweit beispielgebende H2-Projekte unterstützt. Zu den 40 nun zu Leuchttürmen gekürten Vorhaben gehört auch das „Wasserstofftal“ in Südtirol, das nun „Hydrogen Valley South Tyrol“ heißt.

Ziel der EU-Kommission und einer ganzen Reihe Wirtschaftsminister aus Europa, China, Australien, den USA und mehreren südamerikanischen Ländern ist die Förderung von Wasserstoff als nachhaltiges Bindeglied zwischen Energie und Mobilität. Konkret sollen die ausgewählten Projekte nun intensiver begleitet werden, um Erkenntnisse für andere Länder und Projekte zu gewinnen.

Südtirol hat in puncto Wasserstoff bereits einen großen Erfahrungsschatz: Das „Wasserstofftal“ der norditalienischen Provinz baut auf drei Ausbaustufen auf, von denen die erste abgeschlossen und die zweite in der Realisierungsphase ist. Das Konzept zum „Hydrogen Valley South Tyrol“ hat das Wasserstoffzentrum Bozen (Institut für Innovative Technologien, IIT) in Zusammenarbeit mit der Brennerautobahn AG und dem Energieversorger Alperia erarbeitet.

Worum geht’s konkret? Nach den vorbereitenden EU-Pilotprojekten CHIC und HyFIVE im Bereich von BZ-Bussen und -autos ist Südtirol aktuell im Zuge der Förderprojekte MEHRLIN, JIVE und LIFEalps mit dem regionalen Rollout von BZ-Fahrzeugen und Infrastruktur befasst. In der dritten und letzten Phase wollen die Initiatoren dann den überregionalen und internationalen Ausbau angehen. Dabei soll Südtirols geografische Lage zum Tragen kommen: Der Brennerkorridor verbindet Mitteleuropa mit Italien und ist somit besonders verkehrsbelastet.

„Es ist kein Zufall, dass gerade die Brennerautobahn zu einem Zeitpunkt in Wasserstoff investiert hat, als dies noch als seltsam und bizarr galt“, ruft Carlo Costa, Technischer Generaldirektor der Brennerautobahn AG, in Erinnerung. „Wir haben bereits ein stabiles Netz von Ladesäulen für Batterie-elektrische Fahrzeuge und planen jetzt, weitere Wasserstofftankstellen zu eröffnen und so den Brennerkorridor zum ersten grünen Korridor Europas zu machen.“ Dabei hat Costa vor allem den Schwerlastverkehr im Auge.

Aktuell nutzt die Landesregierung Südtirol die Kofinanzierung durch die EU-Projekte JIVE und MEHRLIN, um den Ankauf und die Wartung von zwölf neuen Brennstoffzellenbussen sowie die Installation der zugehörigen Betankungs- und Logistikinfrastruktur zu bewerkstelligen. Seit Dezember 2018 befindet sich in Südtirol zudem bereits das EU-Projekt LIFEalps in der Umsetzung, in dessen Rahmen das Land flächendeckend mit der für Batterie- und Wasserstofffahrzeuge notwendigen Infrastruktur ausgestattet werden soll.

„Es ist wichtig, dass die regionale Entwicklung koordiniert und strategisch erfolgt“, äußert Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider. „Deshalb wird momentan ein ressortübergreifender Wasserstoffplan für Südtirol und in enger Zusammenarbeit mit den Nachbarprovinzen für die ganze Euregio erarbeitet, welche auf dem Südtiroler Erfahrungsschatz der letzten Jahre aufbaut.“

Als spezielle Stärke des Projekts heben die Initiatoren den Schulterschluss zwischen lokaler Politik, Autobahnbetreiber und lokaler Energiewirtschaft in einem stimmigen und langfristigen Konzept hervor. Dies habe zur Kür als internationales Leuchtturmprojekt beigetragen. „Das ist eine große Ehre“, unterstreicht Landeshauptmann Arno Kompatscher. „Auch der Zeitpunkt passt perfekt mit unseren Programmen überein: Die Coronakrise stellt alle Bereiche der lokalen Wirtschaft und jeden Einzelnen von uns auf eine harte Probe. Aus dieser Krise muss bei uns und weltweit ein Neubeginn folgen, der von Anfang an möglichst nachhaltig ausgerichtet sein muss. Und Wasserstoff, davon bin ich überzeugt – wird dabei eine wichtige Rolle spielen.“
suedtirolnews.it, rainews.it, h2-suedtirol.com

3 Kommentare

zu „Südtiroler „Wasserstofftal“ zu Leuchtturmprojekt gekürt“
Carsten Beiten
04.05.2020 um 17:24
Strom und Wasserstoff sind nur als "grün" zu bezeichnen, wenn sie aus regenerativen Quellen stammen. Ist das bei Strom recht einfach und mittlerweile auch kostengünstig zu machen, so ist das bei Wasserstoff auf absehbare Zeit nicht so: Aus ökonomischen Gründen wird Wasserstoff in großem Maßstab aus Erdgas erzeugt. Somit sind das keine "grünen" Autobahnen. Sollte es den zahlreichen Ehrern, Preisgebern und Auszeichnern ernst sein mit der Ökologie, so sollten sie darauf achten. Und sollte es dem Projekt selbst ernst sein, und sie den Wasserstoff wirklich ökologisch halbwegs verträglich z.B. aus Solar-, Wind- oder Wasserkraft erzeugen, und das auch großtechnisch (>> Tankstellennetz), dann ist DAS eine DEUTLICHE Erwähnung wert - sowohl in diesem Artikel als auch in der Presse. Da das aber nicht erwähnt wird, gehe ich davon aus, dass wieder die üblichen Interessengruppen am Werk sind, also die Mineralölkonzerne mit dem grünen Wasserstoffblümchen am Revert. Und so fahren dann auch diese BZ-Fahrzeuge mit einem anderen Treibstoff als Diesel oder Benzin, aber fossil ist er dann auch. Wer kann anderes sagen und zeigen, dass dieser Wasserstoff tatsächlich "grün" ist?
Frank
05.05.2020 um 09:26
Bevor man Projekten und Projektpartnern böswillige Machenschaften unterstellt, sollte man sich erstmal schlau machen. Es ist kein großer Aufwand selbst zu googeln und dabei in Erfahrung zu bringen, dass der Wasserstoff in Südtirol elektrolytisch mit grünem Strom hergestellt wird. Die haben dort reichlich Wasserkraft und können so 24/7 Wasserstoff herstellen, ohne auf Überschusstrom warten zu müssen. Wenn das in dem Artikel nicht erwähnt wird, ist das nicht die "Schuld" des Projekts, sondern allenfalls die des Artikelschreibers.
P. Al
11.05.2020 um 14:15
@Frank:Welche Firmen in Südtirol stellen Wasserstoff per Elektrolyse großtechnisch her? Ich zumindest kenne keine. Darüberhinaus wäre es schlau, Wasserkraft dann in großen Stil zu nutzen, wenn PV und Wind schwächelt und eher weniger als Grundlast. Das setzt aber einen anspruchsvollen über Landesgrenzen hinweg gehenden Nerzausbau voraus, der auch noch aussteht. Wenn das mal geschafft wäre und PV im Überfluss vorhanden ist, darf man auch die vom Wirkungsgrad her schlechte Wasserstofferzeugung angehen. Im Moment, wie schon erwähnt, kommt H2 typischer Weise aus Erdgas.

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