Sprunghafter Gewinnanstieg: Tesla knackt Milliarden-Marke

Tesla erregt in seinen Geschäftszahlen mit einem sprunghaften Gewinnanstieg Aufmerksamkeit: Erstmals hat der Elektroautobauer im zweiten Quartal 2021 die Überschuss-Marke von einer Milliarde US-Dollar geknackt. Ein Plus, das mehr als doppelt so hoch ausfällt wie der bisherige Rekord aus dem ersten Quartal dieses Jahres.

Zwei Jahre ist Tesla nun ununterbrochen in den schwarzen Zahlen. War dieser Sachverhalt in den vergangenen Quartalen häufig dem erfolgreichen Verkauf von CO2-Zertifikaten in Höhe dreistelliger Millionen-Dollar-Beträge zu verdanken, steht der Gewinn im zurückliegenden zweiten Quartal für sich: 1,14 Milliarden US-Dollar Ertrag holt Tesla aus einem Umsatz von 11,96 Milliarden US-Dollar. Die Verkäufe von Regulierungskredite an andere Autobauer machen diesmal „nur“ 354 Millionen Dollar aus (in Q1 2021 waren es gut eine halbe Milliarde Dollar). Die operative Marge macht einen Satz von zuletzt 5,7 auf 11,0 Prozent. Wenn es nach Tesla geht, noch lange nicht Ende der Fahnenstange.

In den Vorquartalen sucht man nach annähernd vergleichbaren Zahlen vergeblich. Höchster Überschuss bisher? 438 Millionen US-Dollar im ersten Quartal 2021. Bester Umsatzwert? 10,74 Milliarden Dollar im vierten Quartal 2020. Beide Kennzahlen toppen die Kalifornier jetzt um Längen. Die relative Steigerung des Gewinns im Vergleich zum Q2 2020 – eine gerne herangezogene Jahr-zu-Jahr-Gegenüberstellung – beziffert Tesla auf 998 Prozent. Der Vergleich hinkt allerdings etwas: Seinerzeit befand sich der Autobauer im Corona-Krisenmodus und musste teils Werke vorübergehend schließen. 

Tesla selbst führt das sprunghaft angestiegene Betriebsergebnis hauptsächlich auf das Volumenwachstum und Kostensenkungen zurück – und lässt gleichzeitig durchblicken, dass in dem Rekordgewinn diverse Negativ-Posten bereits abgezogen sind, etwa der Model-S- und Model-X-Ramp-up, zusätzliche Kosten für die Lieferkette (an anderer Stelle im Geschäftsbericht präzisiert Tesla, dass es um den Chip-Mangel geht), Bitcoin-bezogene Wertminderungen in Höhe von 23 Millionen US-Dollar und eine fällige Prämie an CEO Elon Musk im Wert von 176 Millionen US-Dollar. Anders ausgedrückt: Tesla lässt die Anleger mit diesem Statement im Geschäftsbericht davon träumen, was in der Gewinnzone nach oben noch so alles möglich wäre.

Kein Statement zu Model-X-Auslieferplänen

Fakt ist: Für die wachsende Haben-Seiten der Bilanz sorgen zweifellos die steigenden Produktions- und Auslieferungszahlen, die Tesla bereits Anfang des Monats publik gemacht hat. Deshalb hier nur in aller Kürze: Das Unternehmen setzte in Q2 neue Höchstmarken auf der Produktions- und Auslieferungskurve: 201.250 Teslas wurden zwischen April und Juni an Kunden ausgeliefert, 206.421 Fahrzeuge wurden gebaut – darunter sind auch wieder die ersten Model S Refresh, konkret 2.340 gebaute und 1.890 ausgelieferte Exemplare. Das überarbeitete Model X hat sein Comeback derweil noch nicht gegeben. Tesla äußert sich im aktuellen Geschäftsbericht auch nicht zu Auslieferungs-Plänen für das große E-SUV. Ebenso wenig findet übrigens ein vorübergehender Lieferstopp des neuen Model S Erwähnung, der sich dieser Tage abspielt haben soll.

Die Volumenmodelle Model 3 und Model Y sind und bleiben die Treiber des Wachstums: 204.081 Exemplare wurden zwischen April und Juni gebaut, 199.360 an Kunden übergeben. Tesla merkt zwar an, dass der durchschnittliche Verkaufspreis pro Fahrzeuge durch den vorübergehenden Produktionsstopp von Model S und Model X und durch den größeren Anteil an in China hergestellten Autos am Fahrzeug-Mix um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahres-Vergleichszeitraum gefallen sei, in der Gesamtbilanz schlägt dies aber nicht durch.

Gut möglich, dass diese Kennziffer ohnehin wieder steigt, denn Tesla kündigt an, dass der Produktionshochlauf des überarbeiteten Model S in den USA im weiteren Verlauf des Jahres weiter beschleunigt wird. Als Orientierungsmarke wird im Geschäftsbericht für Fremont weiterhin eine Produktionskapazität für Model S und Model X in der Größenordnung von 100.000 Stück genannt. Hinzu kommen bis zu 500.000 Model 3 und Model Y jährlich. Fast alle dieser in Kalifornien gebauten Volumenmodelle verbleiben laut Tesla angesichts der starken inländischen Nachfrage in Nordamerika.

Shanghai als primäres Fahrzeug-Exportzentrum

Die Gigafactory 3 in Shanghai – im neuen Geschäftsbericht nunmehr mit einer Jahreskapazität von 450.000+ statt 450.000 angegeben – hat den Angaben von Tesla zufolge dagegen den Übergang„als primäres Fahrzeug-Exportzentrum“ abgeschlossen. Von dort aus wird also aktuell unter anderem die europäische Nachfrage bedient, die gemäß dem Unternehmen „weiterhin das Angebot deutlich überschreitet, was zu wachsenden Wartezeiten bei der Auslieferung führt“. Zur Gigafactory 4 in Grünheide heißt es nur kurz, dass man so schnell wie möglich an der Aufnahme der Produktion arbeite, während in der Zwischenzeit das Importvolumen steige. Bereits im vorangegangenen Geschäftsbericht im April hatte Tesla den Produktions- und Auslieferungsbeginn für die Gigafactory 4 nur noch mit „late 2021“ angegeben.

Immerhin: An dieser Einschätzung halten die Kalifornier fest, obwohl noch immer die endgültige Genehmigung für das Werk in Grünheide fehlt. Auch die Gigafactory Texas soll noch dieses Jahr in Betrieb gehen. „Wir glauben, dass wir weiterhin auf dem richtigen Weg sind, um unsere ersten Model-Y-Fahrzeuge in Berlin und Austin im Jahr 2021 zu bauen“, bekräftigt Tesla. Aber: „Das Tempo der jeweiligen Produktionsanläufe wird von der erfolgreichen Einführung vieler neuer Produkt- und Fertigungstechnologien, den anhaltenden Herausforderungen im Zusammenhang mit der Lieferkette und regionalen Genehmigungen beeinflusst werden.“

Und noch ein Aber folgt auf den Fuß: Dem Fokus auf diese Fabriken und auf die begrenzte Verfügbarkeit von Batteriezellen und Halbleitern muss das Semi-Truck-Programm nochmals weichen. Den Launch des E-Lkw verschiebt Tesla diesmal auf 2022. Angekündigt war er für Ende dieses Jahres, auch dieser Termin lag bereits über ein Jahr hinter dem ursprünglichen Zeitplan.

Fortschritte bei Validierung der 4680er-Zellen

Lange Gesichter dürfte der Elektroautobauer trotzdem nicht fürchten müssen, füttert er Anleger doch mit folgender Ankündigung aus der Batterieentwicklung an: „Wir haben erfolgreich die Leistung und Lebensdauer unserer 4680er-Zellen validiert. Feldqualität und Ausbeute sind auf einem tragfähigen Niveau, und unser Fokus liegt nun darauf, die Fertigungsprozesse zu verbessern.“ Gleichwohl gebe es noch Arbeit, ehe die Volumenproduktion erreicht werden könne. Tesla plant bekanntlich eine eigene Fertigung von 4680er-Zellen in seinen Fabriken in Texas und Grünheide, wird solche Zellen aber vermutlich auch extern zukaufen.

Was weitere Ziele für das Jahr und darüber hinaus angeht, hält sich Tesla an Formulierungen, die wir bereits aus vorherigen Geschäftsberichten kennen. Über einen mehrjährigen Horizont wolle man das Auslieferungsvolumen im Schnitt pro Jahr um 50 Prozent steigern, so der Elektroautobauer. „In einzelnen Jahren wachse man vielleicht schneller – und 2021 schätze man als ein solches Jahr ein“, heißt es weiter. Legt man die knapp 500.000 Auslieferungen in 2020 zugrunde, rechnet Tesla also weiterhin im laufenden Jahr mit 750.000+ Auslieferungen. Wir halten fest: Für das erste Halbjahr stehen knapp 386.200 Auslieferungen zu Buche – womit diese Marke bei gleichbleibenden oder besseren Werten in Q3 und Q4 definitiv erreicht werden dürfte.

Die Zahl der Supercharger-Stationen weltweit konnte Tesla im Q2 von 2.699 auf 2.966 erhöhen, an diesen stehen Tesla-Fahrern 26.900 Schnellladepunkte zur Verfügung – statt bisher 24.515. Deutlicher fällt das Wachstum auf Jahressicht aus: Im Q2 2020 gab es weltweit nur 2.035 Supercharger-Stationen mit 18.100 Ladepunkten. Hier konnte Tesla um 46 bzw. 49 Prozent zulegen.

Als Resümee für das zweite Quartal hält Tesla fest, dass „die öffentliche Stimmung und Unterstützung für Elektrofahrzeuge an einem noch nie da gewesenen Wendepunkt zu sein scheint“. Die weltweite Fahrzeugnachfrage befinde sich auf Rekordniveau. Steigende Wachstumsraten für den Rest des Jahres hält Tesla trotzdem nicht für selbstverständlich. Der E-Autobauer warnt einmal mehr vor dem Einfluss der „Versorgung mit Komponenten“ – an dieser Stelle zum genau genommen vierten Mal im Geschäftsbericht.
ir.tesla.com

3 Kommentare

zu „Sprunghafter Gewinnanstieg: Tesla knackt Milliarden-Marke“
Birne
27.07.2021 um 07:55
Jetzt fehlen die üblichen Kommentare; nur wegen CO2 Zertifikate; nur wegen Förderungen, nur wegen Bitcoin… konnte Tesla überhaupt Gewinn generieren… Die Aussagen waren schon damals größtenteils falsch und je höher der Gewinn steigt und diese Faktoren wenig bis garnichts mehr ins Gewicht fallen, lernen vllt. auch diese Skeptiker die Geschäftsberichte richtig zu lesen aufgrund von Validierung
Andreas-Michael Reinhardt
28.07.2021 um 09:29
Dieser Gewinnanstieg bei Tesla über die 1 Mrd. US$ erinnert mich - fast vier Jahre zurück - an die "spektakulären Aussagen des früheren CEO Bob Lutz (Ford, Chrysler, GM) der sogar die "Pleite von Tesla" voraussagte:" Bob Lutz erwartet mittelfristig Tesla-Pleite 23.01.2018 Autor / Redakteur: gr/dpa / Andreas Grimm Die anhaltenden Tesla-Verluste deuten aus Sicht des früheren Automanager Bob Lutz auf ein grundlegendes Problem hin. Anders sehen das die Tesla-Aufsichtsgremien. Sie verlängerten den Vertrag mit dem Tesla-Chef gleich um zehn Jahre...."https://www.kfz-betrieb.vogel.de/bob-lutz-erwartet-mittelfristig-tesla-pleite-a-679492/
Uwe
28.07.2021 um 17:25
"Anders ausgedrückt: Tesla lässt die Anleger mit diesem Statement im Geschäftsbericht davon träumen, was in der Gewinnzone nach oben noch so alles möglich wäre."Was Tesla bisher geschafft hat ist wirklich beachtlich. V.a. eigene Supercharger (sollen bald wohl auch für andere Marken nutzbar sein) und OTA (mittlerweile Standard) als bisherige USPs.Zukünftig gibt es aber auch viele ernsthafte Wettbewerber (EQS, EV6 GT, F150-E etc.) mit etabliertem Handel/Service und immer weniger Zertifikatsverkäufe für Tesla (Q2 noch 354 Millionen Dollar!!!).Träumen ist natürlich erlaubt, Tesla kocht m.E. aber bald auch nur noch mit Wasser...

Schreiben Sie einen Kommentar zu Andreas-Michael Reinhardt Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lesen Sie auch