Mercedes steigt aus der Formel E aus

Mercedes hat seinen Ausstieg aus der Formel E nach der kommenden Saison offiziell bestätigt. Die Entscheidung sei im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung der Ressourcenverteilung für die Entwicklung von Elektrofahrzeugen getroffen worden.

Bereits während des letzten Rennwochenendes der Saison 7 in Berlin – bei dem sich Mercedes-EQ-Fahrer Nyck de Vries den Fahrertitel sichern und Mercedes-EQ dank des Podestplatzes von Stoffel Vandoorne zum Team-Weltmeister küren konnte – war vorab durchgesickert, dass sich das Werksteam des Stuttgarter Herstellers wohl zurückziehen werde.

Wie Daimler nun mitteilt, beende Mercedes-Benz sein Engagement beim „Mercedes-EQ Formel E Team“ am Ende der Saison 8. Damit zieht sich das Team nach drei Saisons zurück: In der Saison 5 hatte das Team „HWA Racelab“ die Vorhut gebildet und erste Erfahrungen in der Elektro-Rennserie gesammelt, bevor dann zur Saison 6 Mercedes-EQ als Werksteam übernahm.

Den Ausstieg aus der Formel E begründet Mercedes-Benz mit dem Ende Juli verkündeten Fokus, noch vor Ende des Jahrzehnts bei den Straßenfahrzeugen vollelektrisch zu werden – wo es die Marktbedingungen zulassen. Als Teil der neuen strategischen Ausrichtung habe sich die Marke „bewusst dazu entschieden, die Ressourcen zugunsten dieses schnelleren Hochfahrens der Elektrifizierung umzuverteilen“. Das bisherige Knowhow und die Ressourcen aus der Formel-E-Antriebsentwicklung soll nun in die Entwicklung der drei neuen Elektro-Architekturen fließen, die Mercedes im Jahr 2025 einführen will.

„In diesem Jahrzehnt haben wir uns bei Mercedes-Benz mit voller Kraft der Bekämpfung des Klimawandels verschrieben. Dazu bedarf es einer beschleunigten Transformation unseres Unternehmens, unserer Produkte und unserer Services in Richtung einer emissionsfreien und softwaregesteuerten Zukunft“, sagt Daimler- und Mercedes-Vorstand Markus Schäfer. „Um dies zu erreichen, müssen wir uns voll und ganz auf unsere Kernaktivitäten konzentrieren.“

Entwicklungsvorstand Schäfer spricht es zwar nicht direkt aus, aber zwischen den Zeilen wird deutlich, dass Mercedes mit dem Technologie-Transfer von der Formel E in die Straßenfahrzeuge nicht ganz zufrieden ist – ähnlich hatten auch Audi und BMW ihre Ausstiege zum Ende der nun abgeschlossenen Saison 7 begründet. Wörtlich sagt Schäfer: „In Zukunft werden wir den technologischen Fortschritt – besonders im Hinblick auf Elektroantriebe – mit Fokus auf die Formel 1 vorantreiben.“ Dass sich die Stuttgarter von der Elektro-Entwicklung der Formel-1-Hybridantriebe mehr versprechen als von dem Knowhow aus der Formel E, spricht Bände.

Aber auch Marketing-Überlegungen spielen offenbar eine Rolle: Wie auch Schäfer lobt auch Bettina Fetzer, Marketingchefin der Mercedes-Benz AG, die Wirkung der Formel E auf die Marke Mercedes-EQ. Aber: „Aus strategischer Sicht positionieren und stärken wir jedoch Mercedes-AMG als unsere Performance-Marke, gerade durch deren enge Zusammenarbeit mit dem Formel 1-Team“, so Fetzer.

„Wir sind bei unserem Einstieg in die Formel E unvoreingenommen an die Serie und ihren innovativen Ansatz im Motorsport herangegangen. Dabei haben wir viel harte Arbeit in das Team investiert, um es aufzubauen und konkurrenzfähig zu machen“, sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der auch Geschäftsführer des Formel-E-Teams ist. „Jetzt werden wir alles dafür geben, um sicherzustellen, dass wir unser Formel-E-Abenteuer in der Saison 8 standesgemäß beenden.“

Das Team selbst könnte der Formel E aber auch in der Saison 9 erhalten bleiben: Laut Teamchef Ian James prüfe man „die besten Optionen für das Team, um auch über die Saison 8 hinaus an der Formel E teilzunehmen“, inklusive eines potenziellen Verkaufs an neue Besitzer.

Zwei Gerüchte halten sich derzeit hartnäckig, beide haben mit Geschäftsführer Toto Wolff zu tun: Zum einen wird das in Monaco ansässige Mercedes-EQ-Kundenteam Venturi als Interessent gehandelt, Teamchefin von Venturi Racing ist die ehemalige Rennfahrerin Susie Wolff – Totos Ehefrau. Aber auch Aston Martin könnte Gerüchten zufolge interessiert sein. Toto Wolff ist privat in Aston Martin investiert.
daimler.com

3 Kommentare

zu „Mercedes steigt aus der Formel E aus“
Martin
19.08.2021 um 07:24
Weiter stark auf Hybrid setzen? Hätte ich Daimler-Aktien, würde ich alle verkaufen. Die Sturschädel, die am Verbrenner festhalten, werden untergehen.
Hans Herbert
19.08.2021 um 08:27
Ich halte diese Entscheidung von Mercedes für unverständlich. Man gibt an, bis 2030 zum reinen E-Fahrzeug-Hersteller werden zu wollen, will aber an der technischen Front - das ist allemal der Rennsport - nicht mehr dabei sein. Fragwürdig! Das kostet gerade für ihre E-Fahrzeuge wichtige Sympathiepunkte. Vielleicht haben wir aber übersehen, dass sie einfach nur auf ein anderes (noch zu erfindendes) Format hoffen. Tourenwagen vielleicht, LeMans-24, Offroad und Wüstenrennen? Hauptsach' ist, dabei zu sein .. um dann als Gewinner auszusteigen!
John
21.08.2021 um 12:27
So eng sieht es also für einen der deutschen Premiumhersteller aus? Alternativ hätte man auch einen Partner als Investor hinzunehmen können. Vielleicht taugt aber auch der E-Rennsport nicht mehr zum Aufbau eines geeigneten Images für Emobilität?

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