Mercedes eActros 600 startet in die Kundenerprobung

Die beiden Logistiker Contargo und Remondis haben die ersten Exemplare des Mercedes-Benz eActros 600 für den Testeinsatz übernommen. Vor dem Marktstart werden die beiden getarnten Langstrecken-Lkw mit Elektroantrieb nun im Alltagseinsatz erprobt – weitere Kunden-Einsätze mit unterschiedlichen Anwendungsfällen sollen folgen.

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Bild: Daimler Truck

Wobei sich eines der beiden Fahrzeuge, das inzwischen an die ersten Test-Kunden übergeben wurde, gar nicht weit entfernen wird: Contargo wird seinen eActros 600 rund um das Daimler-Truck-Werk in Wörth einsetzen. Gleich mehr zu dem genauen Einsatzszenario.

Die Erprobung neuer Modelle beim Kunden ist in der Lkw-Branche keine Seltenheit, gerade bei Elektro-Lkw sind die Hersteller auf das Feedback aus dem Alltagseinsatz angewiesen. Die Ingenieure können in der Entwicklung viele Szenarien simulieren und selbst erproben. Aber am Ende geht nichts über die Erfahrungen der Kunden und ihres Personals, wie sich das Fahrzeug schlägt, wo es gut läuft und im besten Fall eine Verbesserung bietet und wo noch nachjustiert werden muss. Auch schon beim Verteilverkehr-Modell, dem eActros 300 und 400, hat Daimler Truck zahlreiche Vorserienfahrzeuge im Kundeneinsatz gehabt, teils in verschiedenen Entwicklungsstufen.

„Die Erprobung von E-Lkw bei Kunden vor dem Produktionsstart hat sich sehr bewährt“, sagt Stina Fagerman, Leiterin Marketing, Vertrieb und Services bei Mercedes-Benz Trucks. „So setzen wir auch beim eActros 600 auf Praxistests. Wir freuen uns sehr, dass Contargo und Remondis als erste Kunden den eActros 600 im Realbetrieb testen werden.“

Die beiden Erstkunden sind Teil des global agierenden Rethmann-Konzerns – und haben bereits Serienmodelle des eActros 600 bestellt. Im Falle von Contargo soll der eActros 600 nicht im Fernverkehr eingesetzt werden, aber in einem Szenario mit täglichen Fahrleistungen von mehr als 800 Kilometern. Dafür ist der eActros 600 deutlich besser geeignet als die kleinere Version für den Verteilverkehr. Über mehrere Monate hinweg soll das Fahrzeug zwischen dem Hafen in Wörth am Rhein und unterschiedlichen Be- und Entladestellen unterwegs sein. Im ersten Schritt wird das Fahrzeug an einer Schnellladesäule am Contargo-Terminal in Karlsruhe geladen. In Kürze plant Contargo den Aufbau einer eigenen Ladeinfrastruktur auf seinem Betriebshof. Contargo baut nach eigenen Angaben derzeit das größte private Ladenetz für schwere E-Lkw in Deutschland auf, mit 90 Ladepunkten an 18 Standorten.

„Mit Mercedes-Benz Trucks haben wir schon immer unterschiedliche Innovationen gemeinsam erprobt. Daher war es für uns von Anfang an eine Freude und auch logische Konsequenz, bei diesem Fahrzeug dabei zu sein. Der eActros 600 setzt neue Maßstäbe!“, sagt Michael Starke, Geschäftsführer Rhenus Trucking GmbH & Co. KG. „Wir bekommen das Fahrzeug Nummer 1 übergeben. Zudem haben wir vergangenes Jahr 20 dieser Fahrzeuge verbindlich bestellt. Damit werden wir auch zu den ersten gehören, die diese dann auf der Straße im flächendeckenden Einsatz fahren – was uns unsere E-Touren in der Containerhinterlandlogistik sowie im nationalen Fernverkehr erleichtern wird.“

Andreas Roer, Geschäftsführer Contargo Wörth-Karlsruhe GmbH, ergänzt: „820 Kilometer am Tag – dafür setzen wir den eActros 600 jetzt in einem Shuttle-Service im Zweischichtbetrieb ein. Dank unserer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur ist das eine ideale Anwendung für den Einsatz dieses Fahrzeugs.“

Das zweite Exemplar wird von Nordrhein-Westfalen aus den elektrischen Fernverkehr erproben. Remondis wird das Erprobungsfahrzeug bei Köln im Rahmen des Projekts „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr“ (HoLa) einsetzen. Ziel von HoLa ist der Aufbau, Betrieb und die wissenschaftliche Begleitung einer Hochleistungs-Ladeinfrastruktur für den Batterie-elektrischen Fernverkehr. Am Projekt sind neben Daimler Truck weitere Konsortialpartner aus Industrie und Forschung beteiligt. Das Testfahrzeug für Remondis wird vor allem für den Transport von recycelten Rohstoffen eingesetzt und ist mit einem eigens für die Erprobung produzierten Auflieger der Firma Kögel ausgestattet.

„Als eines der weltweit führenden Unternehmen für Recycling, Wasserwirtschaft sowie kommunale und industrielle Dienstleistungen ist bei uns Nachhaltigkeit gelebter Alltag. So konnten wir über die letzten Jahre bereits viele wertvolle Erfahrungen mit E-Lkw sammeln“, sagt Sascha Hähnke, Geschäftsführer Remondis Sustainable Services GmbH. „Für uns stand deshalb außer Frage, gleich als erstes Unternehmen an der Kundenerprobung des eActros 600 teilzunehmen. Gerade in der Kreislaufwirtschaft, in der Remondis weltweit tätig ist, beginnt alles mit der Logistik. Wir freuen uns, mit dem E-Lkw hier einen weiteren Schritt in Richtung Klimaneutralität gehen zu können.“

Welche weiteren Anwendungsfälle Daimler Truck in der Erprobungsflotte des eActros 600 abbilden will, wird anlässlich der Auslieferung der ersten beiden Testfahrzeuge nicht erwähnt – insgesamt wird derzeit eine Flotte von rund 50 Prototypen gebaut, von denen einige Fahrzeuge in einem nächsten Schritt auch zu ersten Kunden in die Praxiserprobung gehen sollen. Bereits 2022 wurde angekündigt, dass auch Amazon und Rhenus Test-Kunden für das damals noch eActros LongHaul genannte Fahrzeug werden sollen. Als eActros 600 wird das Fahrzeug erst seit seiner Weltpremiere im Oktober 2023 bezeichnet – wenige Tage vor der Premiere konnte electrive bereits in einem Prototyp mitfahren.

Mit einem Fahrzeug im Regional- und einem im Fernverkehr sind bereits zwei wichtige Felder besetzt – auch für das Laden des eActros 600. Derzeit ist das Fahrzeug noch auf das CCS-Laden mit bis zu 400 kW ausgelegt, später soll der auch das Megawattladen nach dem MCS ermöglichen. Die Kunden können hierfür bereits eine Vorrüstung bestellen. An einer entsprechenden MCS-Ladesäule soll die Batterie dann in 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent geladen werden können.

Bei der Batterie bietet der eActros 600 – analog zu den bekannten eActros 300 und 400 – 600 Kilowattstunden Energiegehalt. Dabei handelt es sich um robuste LFP-Zellen, die Daimler Truck von Marktführer CATL bezieht. Auch wenn er sich mit dem elektrischen Verteiler-Lkw den Namen teilt, ist der eActros 600 bei der Technik in weiten Teilen für seinen Einsatzzweck optimiert. So soll eine eigens entwickelte E-Achse den Verbrauch senken, um mit einer Ladung auf eine Reichweite von 500 Kilometern zu kommen. Wird der eActros 600 einmal zwischengeladen, soll er laut Daimler Truck „deutlich über 1.000 Kilometer am Tag“ zurücklegen können. Das soll selbst ohne Megawattladen möglich sein – in den gesetzlich vorgeschriebenen Fahrerpausen.

Die Serienproduktion des eActros 600 soll bekanntlich Ende 2024 in Wörth anlaufen. Das Modell wird dann von Anfang an als Sattelzugmaschine und Pritschenfahrgestell-Variante produziert, „was den Kunden zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten im vollelektrischen Transport bietet“, so der Hersteller.

daimlertruck.com

2 Kommentare

zu „Mercedes eActros 600 startet in die Kundenerprobung“
Michael W. Dietrich
18.04.2024 um 21:21
Schade, das von den Wohnmobilfirmen, die ihre Grüßen Modelle auf Actros bauen noch keine den eActros zu erproben scheint. Da hätte ich mir ja auf dem nächsten Caravansalon wenigstens Mal den einen oder anderen Prototypen erhofft Kann ja irgendwie auf Dauer nicht angehen, das die ach so naturverbundene Camping-Community weiterhin mit zu den größten Umweltsäuen im Straßenverkehr gehört.
Simon Gl
22.04.2024 um 12:16
Der Anteil der Camping-Community mit einem Actros Unterbau liegt wohl deutlich weit unter 1% bezogen auf den gesamten Verteiler- und Fernverkehr. Daher ist der Satz zu den "größten Umweltsäuen" wohl auch weit abseits der Realität.

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