EVBox vor dem Aus – Betrieb quasi eingestellt
Der französische Energiekonzern Engie, der EVBox 2017 übernommen hatte, bestätigte diesen Schritt gegenüber niederländischen Medien. Die Schließung von EVBox betrifft neben den Niederlanden auch Filialen und Mitarbeiter in Deutschland und den USA. Lediglich 30 der rund 700 Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Zunächst hatte die Zeitung „Het Financieele Dagblad“ darüber berichtet.
Engie hatte bereits seit einigen Monaten nach einem Käufer für EVBox als Ganzes gesucht, es sind laut dem Unternehmen auch zwei Gebote eingegangen. Überzeugt hat Engie aber keines davon, wie die Schließung zeigt. Lediglich die Fabrik in Bordeaux wurde verkauft. EVBox hatte die Produktionsstätte selbst 2018 übernommen und grundlegend modernisiert. Seit 2019 wurden dort Schnellladesäulen hergestellt. Der Käufer des Werks wird in dem Artikel aber nicht genannt – es ist somit offen, ob dort auch künftig Ladesäulen produziert werden.
Unklar ist auch, wie Wartung und Betrieb der bereits installierten Lade-Produkte von EVBox gewährleistet werden soll. Seit der Gründung 2010 hat das Unternehmen immerhin 500.000 Ladepunkte weltweit geliefert. Die Ladesäulen von EVBox wurden bis zuletzt nachgefragt: Der erst in der vergangenen Woche eröffnete Lkw-Ladekorridor zwischen Paris und Lyon nutzt unter anderem eine 480-kW-Säule von EVBox.
Mit dem weitestgehenden Ende des Betriebs bei EVBox geht die Konsolidierung auf dem DC-Lademarkt weiter. Im Juli musste der österreichische DC-Ladesäulen-Hersteller EnerCharge Insolvenz anmelden, inzwischen wurde das Geschäft von Keba übernommen. Auch das Brandenburger Lade-Startup ME Energy, das sich auf stromnetzunabhängige Schnellladestationen spezialisiert hatte, ist seit September insolvent.
Klar ist aber, dass die Ladeinfrastruktur-Branche zunehmend unter Druck gerät, weil in einigen Ländern der Markthochlauf nicht im erwarteten Tempo stattfindet oder Förderprogramme gestrichen wurden. Da die Unternehmen dennoch gezwungen sind, für das erwartete Wachstum zu investieren, aber nicht genau wissen, wann sich dieses Wachstum in den eigenen Bilanzen niederschlägt, kann das in einigen Fällen zu einer wirtschaftlich angespannten Lage führen. Zum Teil ist auch von Überkapazitäten und Lagerbeständen zu hören. Dazu kommt, dass neue Vorgaben wie etwa die AFIR weitere Investitionen in die Hard- und Software erfordern, was gerade kleinere Anbieter stärker belastet.
Im Falle von EVBox könnte auch die Politik eine gewisse Rolle gespielt haben: In den niederländischen Medienberichten wird der Vorwurf erhoben, dass Engie die französischen und niederländischen Standorte nicht gleich behandelt habe. Der französische Staat ist bei dem Energiekonzern als Großaktionär aktiv. Engie soll den „nationalen Interessen“ bei der Suche nach einer Lösung für EVBox zu viel Priorität eingeräumt haben. Die Tatsache, dass nur das Werk in Bordeaux unter neuem Eigentümer erhalten bleibt und Standorte in den Niederlanden, Deutschland und den USA geschlossen werden, könnten diese These stützen – auch wenn zum aktuellen Zeitpunkt noch keine genaue Einschätzung möglich ist.
goudsdagblad.nl (auf Niederländisch), fd.nl (Paywall)
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