Q1-Zahlen: Tesla trennen nur 400 Millionen Dollar von der Verlustzone
2024 war für Tesla ein schwieriges Jahr. Es zeugte davon, dass die Zeiten des ewigen Wachstums vorbei sind. Nach einem schwachen Jahresauftakt konnte Tesla dieses „Zwischenjahr“ aber solide beenden. 2025 beginnt für Tesla nun wieder mau – und unterbietet dabei noch die rückläufigen Werten aus dem Q1/2024 klar, für das seinerzeit u.a. ein Konflikt am Roten Meer sowie der Brandanschlag auf die Gigafactory Berlin sorgten. Als Grund für den gründlich verpatzten Start ins laufende Jahr nennt der Hersteller nun vor allem den Produktionsanlauf des Model Y Juniper. Ob dies wirklich der Hauptgrund für die ernüchternden Zahlen ist, werden die künftigen Quartale zeigen.
Konkret verbuchte Tesla im Q1/2025 einen Umsatz von 19,3 Milliarden US-Dollar und einen Gewinn von 409 Millionen US-Dollar. Beide Ergebnisse bilden Ausreißer nach unten: Der Umsatz gab im Vergleich zum Q1/2024 um neun Prozent und gegenüber dem Vorquartal um 25 Prozent nach. Betrachtet man den Umsatz des Automotive-Geschäfts isoliert (ohne das Supercharger- und Energie-Business), stürzt der Umsatz sogar auf 14 Milliarden US-Dollar, was einen Rückgang von 20 Prozent gegenüber Q1/2024 und von satten 29 Prozent gegenüber Q4/2024 entspricht.
Gewinn-Einbruch um 71 Prozent
Ebenfalls unübersehbar ist das aktuelle Tal beim Q1-Gewinn: Mit 409 Millionen US-Dollar fällt Tesla beim GAAP-Überschuss auf das Niveau von Q1/2021 zurück. Seit Mitte 2021 war Teslas Gewinn nicht mehr unter die Milliarden-Schwelle gerutscht. Gegenüber Q1/2024 geht es nun um 71 Prozent abwärts, gegenüber dem Vorquartal um gravierende 81 Prozent. Fakt ist: Ohne das brummende Energie-Business und die verlässlichen Einnahmen durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten („regulatory credits“, Q1/2025: 2,6 Milliarden Dollar), hätte Tesla zwischen Januar und März wohl keine schwarzen Zahlen mehr geschrieben.
Tesla selbst führt die stark rückläufigen Kennzahlen teils auf den Produktionsanlauf des aktualisierten Model Y in allen vier Werken zurück. Die überall gleichzeitig erfolgte Umstellung der Model-Y-Linien habe zu einem mehrwöchigen Produktionsausfall im ersten Quartal geführt, so das Unternehmen, das aber auch von „unsicheren Zeiten“, gestiegenen Betriebskosten, teuren KI- und anderen F&E-Projekten und einen geringeren durchschnittlichen Fahrzeugverkaufspreis als Ursache spricht.
Nur noch 2,1% operative Marge
Letzteres ist ein Ergebnis von Teslas Preisgestaltung bzw. Produktmix und gipfelt in einer im ersten Quartal dieses Jahres auf 2,1 Prozent abgestürzten operativen Marge. Zum Vergleich: 2022 lag dieser Wert schon einmal bei 19 Prozent, zuletzt pendelte er grob zwischen fünf und elf Prozent. Doch Tesla beschneidet seine Rentabilität schon länger zugunsten des Absatzes. So kam das Unternehmen im vierten Quartal 2024 zwar noch auf einen Rekord von fast 500.000 ausgelieferten Fahrzeugen, rabattierte diese aber augenscheinlich so stark, dass der Umsatz aus dem Autogeschäft gleichzeitig nach unten sackte.
Im Auftaktquartal 2025 hat Tesla wie berichtet 362.615 Fahrzeuge produziert und 336.681 Autos an Kunden übergeben. Beides ist klar unterdurchschnittlich – und deutete bereits auf schwächelnde Finanzzahlen hin. In Prozenten ausgedrückt, ging es in Q1 für Tesla bei der Produktion um 16,3 Prozent abwärts, gegenüber dem vierten Quartal sogar um 21 Prozent. Bei den Auslieferungen ein ähnliches Bild (-13% YoY, -27% gegenüber Q4/2024). Mit so niedrigen Fahrzeug-Kennziffern wartete Tesla zuletzt im zweiten Quartal 2022 auf.
Bei den Baureihen zeigt sich das übliche Bild: Das Model 3 und das Model Y – hier unser Fahrbericht zum Juniper-Modell – sorgen weiterhin für das Volumen. Die beiden Mittelklasse-Modelle kamen im Auftaktquartal auf 345.454 gebaute und 323.800 ausgelieferte Einheiten. Das Model S, Model X und der Cybertruck werden schlicht unter „andere Modelle“ zusammengefasst – mit nur noch 17.161 produzierten und 12.881 ausgelieferten Fahrzeugen.
BYD enteilt Tesla
Die Gründe für den Abstieg werden viel diskutiert. Unstrittig ist, dass Tesla eine relativ veraltete Produktpalette hat und sich das wichtigste Facelift – das des Bestsellers Model Y – eben erst in den künftigen Statistiken niederschlagen wird. Gleichzeitig dürfte aber auch CEO Elon Musk mit seinen umstrittenen politischen Aktivitäten einen gewissen Anteil an der Kaufzurückhaltung haben. Fakt ist: Angesichts des Rückgangs war Tesla zwischen Januar und März international nicht mehr der größte Hersteller von Elektroautos: Chinas Konzern BYD veräußerte im ersten Quartal 416.388 BEVs, zählt man die von BYD außerdem auch im Sortiment geführten Plug-in-Hybride hinzu, kam sogar ein Absatz von 986.098 Einheiten zusammen. Schon im Jahr 2024 hatten sich beide E-Auto-Hersteller ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Ins Jahr 2025 startet BYD nun also mit einem gehörigen Vorsprung.
Mit etwa gutem Willen positiv bewerten lässt sich, dass Tesla die Fabriken während der Umstellung für das aktualisierte Model Y auch schon auf die Einführung der angekündigten günstigeren Modelle im Laufe dieses Jahres vorbereitet hat. Als gesichert gilt, dass ein abgespecktes Model Y herausgebracht wird. Während der Hersteller in seinem Geschäftsbericht betont, dass der Produktionsbeginn für diese „erschwinglicheren Modelle“ weiterhin in der ersten Hälfte des Jahres 2025 vorgesehen ist, meldete Reuters heute unter Berufung auf Insider, dass sich diese Modelle um „mindestens mehrere Monate“ verspäten dürften. So oder so äußert Tesla explizit, dass „erschwinglichere Optionen angesichts der wirtschaftlichen Ungewissheit, die sich aus der veränderten Handelspolitik ergibt, wichtiger denn je sind“.
Zu den neuen Modellen selbst gibt sich Tesla ansonsten bedeckt. Selbst in der üblichen Auflistung der einzelnen Werks-Kapazitäten lässt sich das Unternehmen nicht in die Karten blicken, wo die Fahrzeuge gebaut werden sollen. Das nach wie vor größte Tesla-Werk ist die Giga Shanghai mit über 950.000 Fahrzeugen Kapazität, gefolgt von Fremont (100.000 Model S/X und über 550.000 Model 3/Y) und der Giga Berlin mit über 375.000 Model Y gleichauf mit der Giga Texas – dort teilt sich die Produktionskapazität aber auf 250.000 Model Y und 125.000 Cybertrucks auf.
Model Y Juniper bleibt Hoffnungsträger
Dafür nährt Tesla die These, dass die aktuelle Schwäche vor allem aus einer Nachfragezurückhaltung resultiert, die mit dem kollektiven Warten auf das Model Y Juniper zu erklären ist: „Als wir das neue Model Y auf den Markt brachten, erreichten wir im asien-pazifischen Raum an einem einzigen Tag einen Auftragsrekord. Dies ist von Bedeutung, da die Region der wettbewerbsintensivste Markt für Elektrofahrzeuge ist“, teilt Tesla mit. Und: „Die Produktion des Model Y in Shanghai wurde innerhalb von sechs Wochen vollständig hochgefahren – das ist die schnellste Produktionssteigerung, die wir je bei einem Fahrzeug erreicht haben.“ Gut möglich, dass das Model Y Juniper die Absatzzahlen tatsächlich wieder hochzieht. Die Auflösung erfolgt in den kommenden Quartalsberichten.
Interessant ist natürlich, wie Tesla die durch die US-Zölle geprägte, wirtschaftspolitische Lage einschätzt, schließlich war CEO Elon Musk zuletzt in der US-Politik dauerpräsent. „Die Unsicherheit auf den Automobil- und Energiemärkten nimmt weiter zu, da die sich rasch entwickelnde Handelspolitik die globale Lieferkette und die Kostenstruktur von Tesla und unseren Wettbewerbern beeinträchtigt. Diese Dynamik und die sich ändernde politische Stimmung könnten die Nachfrage nach unseren Produkten in naher Zukunft erheblich beeinflussen“, warnt Tesla in der Tat recht deutlich. An anderer Stelle spricht das Unternehmen von „kurzfristigen Rentabilitätshürden“.
Vor diesem Hintergrund will das Unternehmen auch keine Wachstumsprognose für 2025 abgeben, verspricht aber, diese im Q2-Bericht nachzureichen. Wie bei der Jahresbilanz für 2024 wiederholt Tesla jedoch erneut den Anspruch, dank der erschwinglicheren Modelle seine Produktionskapazitäten von fast drei Millionen Fahrzeugen voll ausschöpfen zu wollen, ehe in neue Fertigungslinien investiert wird. Konkret soll die Produktion um 60 Prozent zu 2024 wachsen. Gemessen an den 1,77 Millionen Einheiten aus dem Vorjahr wären das knapp 2,84 Millionen Autos – und eine Rückkehr auf den Wachstumspfad.
Tesla Semi und Cybercab weiter für 2026 geplant
Einige Ankündigungen macht Tesla in der Rubrik „Outlook“ zudem zu einzelnen Modellen. So sieht sich das Unternehmen im Zeitplan, um 2026 die Volumenfertigung des E-Lkw Semi in Nevada und des Cybercab in Texas anzustoßen. Ein erster Robotaxi-Service soll zudem im Juni als „Pilotprojekt“ in Austin starten. Mit dem Cybercab will Tesla bekanntlich eine neue, „revolutionäre Fertigungsstrategie“ einführen, die sogenannte „Unboxed“-Produktion. Noch für dieses Jahr kündigt Tesla zudem erste Auslieferungen des Cybertruck in Saudi-Arabien an – dem ersten Cybertruck-Markt außerhalb Nordamerikas.
Wie ein roter Faden ziehen sich durch den Geschäftsbericht überdies Teslas Ambitionen in den Bereichen KI, Robotik und Software. So bestätigt das Unternehmen, in China im ersten Quartal mit einem Software-Update einige „Full Self Driving“-Funktionen freigeschaltet zu haben und dies in Europa weiter vorzuhaben. Und: In Werken sollen zunehmend Bots eingesetzt werden und die Bereiche KI, Software und Flotten-Tools sollen künftig für zunehmend steigende Gewinne sorgen. All dies verlangt Tesla aktuell dauerhaft hohe Investitionen ab, was die Bilanzen entsprechend dauerhaft strapaziert. Doch Tesla gibt sich unbeirrt: „KI ist eine wichtige Säule des Wachstums für Tesla und die gesamte Wirtschaft und der Schlüssel zu unserem Streben nach nachhaltigem Wohlstand.“
28 Kommentare