Tata verkündet Milliarden-Übernahme von Iveco

Tata Motors und die Iveco Group haben eine endgültige Vereinbarung geschlossen, welche die Übernahme des europäischen Nutzfahrzeugherstellers durch den indischen Autokonzern vorsieht. Erklärtes Ziel ist es, einen „globalen Champion” im Bereich Nutzfahrzeuge zu schaffen, der in Europa, Indien und Amerika präsent ist und sich auf nachhaltigen und emissionsfreien Transport konzentriert.

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Bild: Daniel Bönnighausen

Die Übernahme soll demnach im Rahmen eines freiwilligen öffentlichen Barangebots erfolgen. Tata lässt sich Iveco insgesamt 3,8 Milliarden Euro kosten. Offiziell wird das Angebot von einem Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden unterbreitet, das aber vollständig im Besitz von Tata ist. Der indische Konzern bietet 14,10 Euro in bar für jede Iveco-Aktie, ohne Dividenden aus dem Verteidigungsgeschäft von Iveco, das separat verkauft wird. So ergeben sich die 3,8 Milliarden Euro für das Nutzfahrzeug-Geschäft.

Die Ausgliederung des Verteidigungsgeschäfts von Iveco, dessen Wert auf rund 1,7 Milliarden Euro geschätzt wird, soll bis zum 31. März 2026 abgeschlossen sein. Sollte der Verkauf bis dahin nicht abgeschlossen sein, wird bis zum 1. April 2026 eine Ausgliederung erfolgen. Laut Reuters hat der italienische Lkw-Hersteller aber schon zugestimmt, die Rüstungssparte an Leonardo zu verkaufen – diese Klausel dürfte also wohl nicht greifen.

Die fusionierte Gruppe aus Tata und Iveco würde im Nutzfahrzeugbereich einen Jahresabsatz von über 540.000 Fahrzeugen und einen prognostizierten Umsatz von rund 22 Milliarden Euro erzielen, verteilt auf Europa (50 %), Indien (35 %) und Amerika (15 %). Das neue Unternehmen gibt an, man werde „einen Wettbewerbsvorteil in den aufstrebenden Märkten Asiens und Afrikas haben und von einer größeren Reichweite in den Bereichen Produktentwicklung, Fertigung und Elektrifizierung profitieren“.

Tata ist bisher nicht im europäischen Nutzfahrzeug-Geschäft aktiv

Die Partnerschaft ist darauf ausgerichtet, Innovationen im Bereich emissionsfreier Transportmittel voranzutreiben. Tata und Iveco planen, ihre jeweiligen Lieferantennetzwerke und industriellen Kapazitäten zu nutzen, um Elektromobilitätslösungen weltweit auszubauen. Die Antriebsstrangsparte von Iveco, FPT Industrial, wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Bisher wird Iveco vor allem von der Agnelli-Familie über die Exor-Holding kontrolliert, die 27,1 Prozent der Anteile, aber 43,1 Prozent der Stimmrechte hält. Laut Reuters hat Exor ebenfalls zugestimmt, seine Anteile an Tata zu veräußern.

Tata Motors kontrolliert im Pkw-Bereich bereits Jaguar Land Rover, ist jedoch in der europäischen Nutzfahrzeugindustrie praktisch nicht vertreten und verfügt über keine Produktionsstätten. Die Übernahme von Iveco bedeutet somit auch den Zukauf von Werken und Marktanteilen in Europa. Iveco macht hingegen 74 Prozent seines Umsatzes in Europa und könnte unter Tata von einer Internationalisierung profitieren.

Iveco galt als Übernahme-Kandidat

„Durch den Zusammenschluss mit Tata Motors erschließen wir neues Potenzial, um unsere industriellen Fähigkeiten weiter zu verbessern, Innovationen im Bereich emissionsfreier Transport zu beschleunigen und unsere Reichweite in wichtigen globalen Märkten auszubauen“, sagt Olof Persson, CEO der Iveco Group. Allerdings galt der Hersteller, der in der europäischen Nutzfahrzeugbranche einer der kleinsten ist, bereits länger als Übernahmeziel.

Der Verwaltungsrat von Iveco hat das Angebot einstimmig empfohlen und begründet dies damit, dass es im besten langfristigen Interesse des Unternehmens und seiner Stakeholder liege. „Wir sind stolz darauf, diese strategisch bedeutsame Fusion bekannt zu geben, die zwei Unternehmen mit einer gemeinsamen Vision für nachhaltige Mobilität zusammenbringt“, sagt Suzanne Heywood, Verwaltungsrats-Vorsitzende der Iveco Group. „Die verbesserten Aussichten der neuen Fusion sind im Hinblick auf die Sicherheit der Arbeitsplätze und die industrielle Präsenz der Iveco Group insgesamt äußerst positiv.“

Tata Motors hat zugesagt, die Fabriken und Arbeitsplätze von Iveco zu erhalten und den Firmensitz in Turin zu belassen. Beide Seiten haben eine Reihe von nicht-finanziellen Verpflichtungen unterzeichnet, die nach Abschluss der Transaktion zwei Jahre lang gültig bleiben und unter anderem Arbeitsbedingungen und Investitionspläne betreffen.

Iveco beschäftigt rund 36.000 Mitarbeiter, davon 14.000 in Italien. Daher gilt es als wahrscheinlich, dass die Vereinbarung mit Tata durch die italienischen Behörden genau geprüft wird.

Girish Wagh, Executive Director bei Tata Motors, hob die strategische Bedeutung der Fusion hervor: „Durch die Bündelung der Stärken beider Unternehmen eröffnen wir neue Wege für operative Exzellenz, Produktinnovation und kundenorientierte Lösungen. Diese Partnerschaft verbessert nicht nur unsere Fähigkeit, vielfältige Mobilitätsbedürfnisse in verschiedenen Märkten zu bedienen, sondern stärkt auch unser Engagement für nachhaltige Transportlösungen, die im Einklang mit globalen Megatrends stehen.“

Das indische Unternehmen hat im vergangenen Jahr sein Pkw- und Nutzfahrzeuggeschäft ausgegliedert, damit die Unternehmen ihre jeweiligen Strategien verfolgen können, um mit größerer Flexibilität ein höheres Wachstum zu erzielen. Natarajan Chandrasekaran, Vorsitzender von Tata Motors, sagte, die Übernahme von Iveco sei „ein logischer nächster Schritt“ und würde „es der fusionierten Gruppe ermöglichen, mit zwei strategischen Heimatmärkten in Indien und Europa auf wirklich globaler Ebene zu konkurrieren“.

„Die sich ergänzenden Geschäftsbereiche und die größere Reichweite der fusionierten Gruppe werden unsere Fähigkeit zu mutigen Investitionen verbessern”, fügte er hinzu.

reuters.com, ivecogroup.comtatamotors.com (PDF)

11 Kommentare

zu „Tata verkündet Milliarden-Übernahme von Iveco“
Musicman
31.07.2025 um 10:05
Ein Konzern von strategischer Bedeutung entzieht sich der Steuerung aus Europa hin zu einem Land, dass man als russlandnah bezeichnen muss. Eine schlechte Nachricht für Europa. So etwas sollte politisch untersagt werden.
MWF
01.08.2025 um 07:37
Na, dann lieber LNG-Gas aus Katar kaufen. Ist moralisch natürlich viel besser.
Musicman
01.08.2025 um 13:13
Wer braucht denn im Jahr 2025 noch LNG? Und was hat Ihre Aussage mit dem Iveco Thema zu tun? Wer heute noch eine Erdgasheizung bei sich einbauen lässt hat es verdient im Kalten sitzen zu müssen.
Franco
31.07.2025 um 12:08
Da bin ich absolut gleicher Meinung. Der Ausverkauf Europas geht munter weiter , sei es nach Indien, China oder USA und somit auch das "know how" !
Stern1
31.07.2025 um 14:39
Mit Daimler Truck, Traton, Volvo (nicht der Autohersteller) gibt es mindestens noch 3 weitere große europäische Hersteller. Alleine Daimler Truck macht ca. 3,5x soviel Umsatz wie Iveco. Welches ganz spezielle Knowhow geht da verloren?Übrigens Daimler und Traton besitzen auch ausländische LKW/Nutzfahrzeughersteller aus den USA oder Japan z. B... Aber lass mich raten, dann sind Aufkäufe plötzlich kein Problem?
Cmr
31.07.2025 um 10:48
Indien ist bekannt für eine geopolitisch neutrale Einstellung, mit allen Vor- und Nachteilen.Indien sucht sicherlich nach Möglichkeiten sich nicht bedingungslos der chinesischen Maschinenindustrie ausliefern zu müssen.... ähnlich wie Russland übrigens!Also werden sie sich auf die Hinterbeine stellen müssen, mit IVECO (und dem Juwel FTP) zusammentun und sehr kräftig investieren. Der indische Markt ist langfristig locker doppelt so groß wie ganz Europa.
Franz Baur
31.07.2025 um 13:25
Das sind die Früchte der EU, ihre unsinnige Vorschriften, treiben die Firmen zum Verkauf, egal an wen. Die EU ist an diesem Verkauf Hauptschuldiger, sowie die jeweiligen Landespolitiker. Macht einfach so weiter, bis nichts mehr da ist.
TeeKay
01.08.2025 um 12:14
Iveco unterliegt nach dem Verkauf den selben Regeln in der EU wie vor dem Verkauf. Inwiefern haben also angeblich nachteilige EU Regeln Anteil an der Verkaufsentscheidung?
Stern1
31.07.2025 um 20:25
Fast 4 Mrd. dafür auszugeben ist aber dann ganz schön beachtlich und ist beim KGV-Vergleich auch kein verscherbeln.Sagst du das gleiche dann eigentlich auch wenn EU-Firmen ausländische Unternehmen kaufen? Wie z. B. Traton den amerikanischen LKW-Hersteller Navistar vor ein paar Jahren?
Dirk
31.07.2025 um 15:41
Das ist mal wieder das übliche, faktenbefreite EU- und allgemeine Politiker-Bashing. Das fusionierte Unternehmen unterliegt denselben EU-Regeln, ob nun der Mehrheitseigner ein indisches Unternehmen oder eine italienische Industriellenfamilie ist.
Uli
31.07.2025 um 14:47
Ich als ehemaliger Mitarbeiter (48 Jahre dort gearbeitet), sehe das sehr kritisch, wir machen uns immer mehr abhängig von ausländischen Konzernen die ,in diesem Fall auch noch Gas etc.aus Russland beziehen .. schade, habe auf mehr Loyalität zu Europa gehofft.

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