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Bild: Carla Westerheide

ICCT-Studie: Welche Lkw-Hersteller die 2025er CO2-Hürde locker nehmen – und welche nicht

Eine neue ICCT-Studie analysiert den Fortschritt der europäischen Lkw-Hersteller bei der Erfüllung der ersten CO2-Einsparhürde der EU im Jahr 2025. Das Ergebnis: Fünf der sieben großen OEMs dürften die Ziele locker erreichen. Das hat aber weniger mit E-Lkw zu tun als mit verbesserten Dieseln.

Die Europäische Union hat vergangenes Jahr den Pfad für die Lkw-Hersteller des Kontinents vorskizziert: OEMs müssen demnach die durchschnittlichen Emissionen ihrer Lkw (ab 7,5 Tonnen) und Reisebusse 2030 um 45 Prozent, 2035 um 65 Prozent und 2040 um 90 Prozent gesenkt haben. Als Referenz gelten dabei die CO2-Emissionen von 2019. Mit den neuen Vorschriften wird der Zeitraum ab 2030 in den Blick genommen. Das bestehende Ziel für 2025 gibt es dagegen schon länger. Und laut diesem müssen die Emissionen von schweren Lkw mit einem Gewicht ab 16 Tonnen um 15 Prozent runter – ebenfalls gegenüber 2019. Konkret müssen Hersteller diese Vorgabe für den Berichtszeitraum 2025 erfüllen. Sie gilt also für die Lkw-Flotte, die zwischen dem 1. Juli 2025 und dem 30. Juni 2026 erstmals zugelassen wird. Wie gut kommen die Hersteller bei der CO2-Reduktion voran? Dieser Frage ist das International Council on Clean Transportation (ICCT) nun in einer neuen Studie nachgegangen. Ihr Titel: „Within reach – The 2025 CO2 targets for new heavy-duty vehicles in Europe“.

Der Zeitpunkt zur Veröffentlichung der Studie ist dabei nicht zufällig gewählt. Sie erscheint unmittelbar vor dem geplanten Treffen der Lkw-Hersteller mit der Europäischen Kommission in Brüssel am 11. September. Als Hauptergebnis der 40-seitigen Analyse hält das ICCT fest, dass fünf der untersuchten sieben führenden Hersteller in der Europäischen Union auf einem guten Weg sind, ihr 15-Prozent-Reduktionsziel zu erreichen, im Einzelnen: Scania, Volvo Trucks, DAF, Renault Trucks und MAN. Das Duo Daimler Truck und Iveco kämpft hingegen mit einer Lücke. Dazu gleich die Details. Wichtig vorneweg: Die CO2-Flottengrenzwerte für 2025 können die Hersteller mit einem Mix aus Maßnahmen erreichen. Der Verkauf von mehr emissionsfreien Lkw (also Batterie-elektrischen oder Wasserstoff-Lkw, BEVs oder FCEVs) ist nur ein Weg. Die Studienmacher betonen, dass vor allem effizientere Verbrennungsmotoren ausschlaggebend dafür sind, dass die meisten OEMs wenig Probleme mit der neuen Hürde bekommen. Bei dem 2025er Ziel handelt es sich übrigens um die erste CO2-fokussierte Vorgabe, die die EU den Herstellern macht. Insofern ist sie für alle Unternehmen Neuland.

Simulation auf Basis der aktuellsten, erhältlichen Daten

Kurz zur Methodik: Zwar schreiben wir schon das Jahr 2025, die Datenbasis hinkt aber naturgemäß hinterher. Das ICCT greift auf die jährlichen Publikationen der Europäischen Umweltagentur (EUA) zur offiziellen CO2-Bilanz neu zugelassener schwerer Nutzfahrzeuge zurück, die die Zeitspanne bis zum Berichtszeitraum 2023 (also bis Juni 2024) abdecken. Und ergänzt diese mit nationalen Statistiken zu Elektro-Lkw-Verkaufszahlen schwerer Nutzfahrzeuge bis Juni 2025 (basierend auf vierteljährlichen Marktdaten von Dataforce). Eine Datenlücke ergibt sich dennoch, sodass das ICCT explizit eine Simulation vornimmt, um den Fortschritt der OEMs bei ihren CO2-Flotteneinsparungen zu bewerten. Dabei setzen die Studienmacher auf „konservative Annahmen“.

Und diese ergeben, dass allen voran Scania und Volvo Trucks das Ziel für 2025 problemlos erreichen. Beide Hersteller haben die durchschnittlichen CO2-Emissionen ihrer Flotte schon innerhalb des jüngsten EUA-Berichtszeitraums 2023 um 15 Prozent reduziert – also das 15%-Ziel quasi schon zwei Jahre früher erreicht. Es ist also keine Simulation seitens des ICCT nötig. „Wenn sie nur die gleichen Fahrzeugtechnologien verkaufen wie bisher, werden sie die Ziele für 2025 erfüllen“, heißt es in der Studie. Renault Trucks und DAF sind ebenfalls gut aufgestellt, müssen aber eigene Gutschriften aus den Jahren 2019-2024 heranziehen (zu diesen gleich mehr), um die 2025er-Hürde zu nehmen. MAN kann diese ebenfalls überspringen, da Konzernschwester Scania die Vorgaben übererfüllt – das macht eine Regel zum unlimitierten Transfer innerhalb eines Konzerns möglich.

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Grafik: ICCT

Auf Daimler Truck kommt nach den Simulationen des ICCT eine kleine Compliance-Lücke zu, die aber „durch moderate Leistungssteigerungen seiner Dieselfahrzeuge oder durch eine Steigerung des Absatzes an emissionsfreien Nutzfahrzeugen“ geschlossen werden kann, so die Analysten. Iveco soll dagegen unter den Herstellern vor der größten Herausforderung bei der Einhaltung der Vorgaben stehen. Den Italienern raten die ICCT-Experten ein ganzes Bündel von Maßnahmen an, die aber durchaus eines Kraftakts bedürfen.

Untersuchte OEMs decken 70 Prozent des Markts ab

Auf diese sieben Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge fokussiert sich die Studie, da dieses Septett in der EU die größten Marktanteile auf sich vereint: Daimler Truck kam 2024 auf 19 % des EU-Markts für schwere Lkw, dahinter versammeln sich Volvo Trucks (15 %), MAN (14 %), Scania (14 %), Iveco (12 %), DAF (11 %) und Renault Trucks (8 %). Diese Hersteller, die zusammen 70 Prozent des Marktes abdecken, haben laut der aktuellen Verordnung der EU verschiedene Möglichkeiten zur Einhaltung der CO2-Reduktionsziele im Jahr 2025. Das ICCT fasst zusammen:

  • Die Verbesserung der Effizienz konventioneller Fahrzeuge (d. h. Diesel- und Erdgasfahrzeuge)
  • Die Erhöhung des Absatzanteils von emissionsfreien, schweren Nutzfahrzeugen (z. B. BEVs und FCEVs)
  • Zwischen 2019 und 2024 erworbene Gutschriften („Credits“) können zum Ausgleich bei Nichteinhaltung des Ziels für 2025 verwendet werden
  • Fahrzeugtransfers innerhalb von Mutterkonzernen
  • Limitierte E-Lkw-Transfers außerhalb von Mutterkonzernen

Laut ICCT haben sich die Hersteller bisher stark auf die Effizienzsteigerung ihrer Diesel als Hauptstrategie zur Reduzierung der CO2-Emissionen verlassen. Gemäß Daten der Europäischen Umweltagentur senkten sie fast allein durch die Verbesserung konventioneller Fahrzeugtechnologie die durchschnittlichen CO2-Emissionen ihrer Flotte von 2019 bis 2023 um 6 bis 13 Prozent. Dazu tragen nicht nur Motorverbesserungen bei, auch Aerodynamik, Reifentechnologie und Fahrerassistenzsysteme (ADAS) sind für Hersteller zu Stellschrauben geworden, an denen sich noch drehen lässt.

Die Verkäufe von emissionsfreien Lkw stiegen zwar auch (von 0,6 auf 1,7% Marktanteil in der EU zwischen 2022 und 2024), der Markt steckt aber weiter in den Kinderschuhen. Allerdings zählen emissionsfreie Lkw gewissermaßen zweifach: Zum einen durch die direkte Senkung des Flottendurchschnitts und zum anderen durch den sogenannten ZLEV-Faktor („zero- and low-emission vehicle“), der eine zusätzliche Reduzierung der flottendurchschnittlichen CO2-Emissionen pro Hersteller um bis zu 3 Prozent ermöglicht – abhängig vom Verkaufsanteil der emissionsfreien Lkw.

Flexibilität dank Credits und Fahrzeugtransfers

So oder so: Eine größere Rolle bei der Erreichung des diesjährigen Ziels spielen sogenannte Credits bzw. Gutschriften, die die Hersteller für jedes Jahr sammeln konnten, die sie unterhalb der von 2019 zu 2025 gezogenen Sparlinie (von 100 auf 85 Prozent der CO2-Flottengrenzwerte) geblieben sind. Diese Credits können sie zum Ausgleich im Jahr 2025 verwenden, falls das Jahresziel gefährdet ist. Im Prinzip handelt es sich um Puffer, die zwischen 2019 und 2024 durch den Verkauf von emissionsarmen Lkw aufgebaut werden konnten. Ungenutzte Credits verfallen nach 2025.

Ein weiteres Instrument steht OEMs in Unternehmenskonglomeraten zur Verfügung. Hersteller derselben Muttergesellschaft können Fahrzeuge demnach wechselseitig melden, um zusammen die CO2-Zielvorgaben einzuhalten. Davon können im Fall der sieben untersuchten Hersteller Scania und MAN (beide Töchter von Traton) sowie Volvo Trucks und Renault Trucks (beide Töchter der Volvo Group) profitieren.

Zwei Firmen, die nicht über eine Konzernmutter verbunden sind, können ebenfalls einen Fahrzeugtransfer verhandeln (begrenzt auf fünf Prozent des Absatzvolumens des Empfängers in einem bestimmten Berichtszeitraum). Hier geht es rein um emissionsfreie Lkw. Benötigt etwa Hersteller A nicht alle seine produzierten E-Lkw, um das 15%-Ziel zu erreichen, kann Hersteller B einige von den Einheiten von Hersteller A melden, um Strafen zu vermeiden. Dafür erhält Hersteller A eine Prämie – ähnlich wie bei den im Pkw-Bereich bekannten CO2-Pooling unter Autoherstellern.

Beide Pooling-Instrumente im Lkw-Bereich (innerhalb und außerhalb der Konzernstruktur) wurden 2024 nachträglich im Zuge der Revision des 2025er-C02-Ziels von den EU-Gremien eingeführt.

Die sieben OEMs in der Einzelbewertung

In seinen Simulationen bezieht das ICCT sämtliche Mechanismen für die einzelnen Hersteller ein. Auf dieser Basis sehen die Forscher die besagten fünf Hersteller Scania, Volvo Trucks, DAF, Renault Trucks und MAN auf der sicheren Seite. Daimler Truck und Iveco attestieren die Studienmacher „klare und realistische Möglichkeiten, die Lücke zu schließen, beispielsweise durch technologische Verbesserungen oder Flexibilität bei der Einhaltung der Vorgaben“. Hier die sieben OEMs in der detaillierten Einzelbewertung des ICCT:

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Grafik: ICCT
  • Bei Scania liegen die CO2-Emissionen seit 2019 unterhalb der Sparlinie, sodass die Schweden in jedem Jahr Gutschriften sammeln konnten. Aber selbst ohne diese Credits liegt Scania 2025 nach den Berechnungen des ICCT (unter Berücksichtigung der Dieseltechnologie von 2023 und der ZEV-Verkäufe von 2024) bereits 0,2 Prozentpunkte unter dem Zielwert. Garant für Scanias Erfolgsweg seien „hauptsächlich die niedrigen CO2-Emissionen seiner Diesel-Lkw“.
  • Volvo Trucks hat unter den sieben Herstellern den größten EU-Marktanteil bei emissionsfreien Lkw (mehr als 1.350 ZEV-Verkäufe im Berichtszeitraum 2023). In Kombination mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Dieseltechnologie kommt das Unternehmen laut ICCT-Schätzung auf nur eine winzige Lücke zum 2025er Ziel, „die Volvo Trucks mit nur etwa 4 % seiner angesammelten Gutschriften erreichen könnte“, heißt es.
  • DAF wird nach den aktuellen ICCT-Berechnungen bei einer Lücke von 4,8 Prozent landen, hat aber ebenfalls in den vergangenen Jahren eigene Credits gesammelt, die zum Ausgleich genutzt werden können. Fast die Hälfte der Gutschriften seien dazu nötig, so die Studie.
  • Renault Trucks ist wie Konzernschwester Volvo Trucks ein vergleichsweise guter E-Lkw-Verkäufer (knapp 1.000 ZEV-Verkäufe im Berichtszeitraum 2024) und landet hochgerechnet bei einer Ziel-Lücke von 2,2 Prozent, die sich auch hier über eigene Credits schließen lassen sollte.
  • MAN hat laut dem ICCT seine CO2-Emissionsbilanz hauptsächlich durch seine ständig weiterentwickelte Diesel-Lkw-Technologie verbessert. Der Hersteller blieb zwischen den Berichtszeiträumen 2019 und 2023 nahe am vorgegebenen Emissionsreduktionspfad und konnte daher nicht viele Gutschriften sammeln. Die vom ICCT prognostizierte Ziellücke von 5,8 Prozentpunkten kann MAN aber über Konzernschwester Scania ausgleichen. Oder selbst noch einmal bei ZEV-Verkäufen oder emissionsärmeren Dieseln nachbessern.
  • Daimler Truck machte laut der Studie zwischen 2019 und 2022 nur wenige Fortschritte auf dem Weg zum 2025er-Reduktionsziel und kam erst 2023 besser in Fahrt. Nach den Berechnungen des ICCT klafft eine Lücke von 5,4 Prozentpunkten, die Daimler Truck aber mangels Credits nicht einfach stopfen kann. Doch mittels des optionalen 5%-Fahrzeugtransfers könnte die Lücke wesentlich kleiner werden. Außerdem gehen die Analysten davon aus, dass Daimler Truck „seine Dieseltechnologie im Vergleich zu seinen 2023er-Angeboten verbessert und seinen ZEV-Absatzanteil mit der Produktion des eActros 600 erhöht“.
  • Iveco hat der Analyse zufolge von allen Herstellern die geringsten Fortschritte erzielt und verzeichnete zwischen den Berichtszeiträumen 2019 und 2023 durchgängig CO2-Emissionen, die über dem Einsparungspfad lagen. Die 2025er Lücke beziffert das ICCT auf 12,6 Prozentpunkte. Ohne eigene Credits muss Iveco wie Daimler Trucks wahrscheinlich auf den Fahrzeugtransfer-Handel hoffen. Laut den ICCT-Berechnungen haben Volvo Trucks, Renault Trucks oder Scania theoretisch bis zu 1.200, 950 bzw. 285 ZEVs als „Verhandlungsmasse“ zur Verfügung. Allerdings muss Iveco auch eigene Anstrengungen zur Verbesserung seiner Diesel und/oder zum Verkauf von mehr emissionsfreien Lkw unternehmen, um die Lücke zu schließen. Das ICCT traut es den Italienern zu: „Eine Kombination aus Zero-Emission-Lkw-Handel und konventioneller Technologieverbesserung reicht aus, damit Iveco im Jahr 2025 Strafzahlungen vermeiden kann.“


theicct.org, theicct.org (Studie als PDF)

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