Bidi-Laden: Agora-Studie nennt für 2030 Erlöspotenzial von 500 Euro im Jahr

In einer neuen Analyse zum bidirektionalen Laden skizziert der Thinktank Agora Verkehrswende, wie die Vermarktung von Strom Verbrauchern Kosten einsparen und das Prinzip der „Speicher auf vier Rädern“ gleichzeitig die Energiewende unterstützen kann. Die Analysten gehen davon aus, dass Nutzern 2030 bereits Erlöse von bis zu 500 Euro jährlich winken.

vw bidirektionales laden für interview
Symbolbild: E-Auto gibt über die heimische Wallbox Strom zurück.
Bild: Volkswagen

Die Rückspeisung von Strom aus Fahrzeugbatterien ins Netz kann sich für Nutzer von E-Autos finanziell lohnen und gleichzeitig dem Stromsektor dienen. So weit, so bekannt. Laut einer Analyse, die das Reiner-Lemoine-Institut im Auftrag von Agora Verkehrswende angefertigt hat, könnten dabei für Verbraucher aber schon 2030 mehrere hundert Euro Erlös pro Fahrzeug und Jahr herausspringen. Die 30-seitige Studie hat der Thinktank jetzt unter dem Titel „Bidirektionales Laden. Wie es sich finanziell auszahlen kann, die Antriebsbatterien von Elektrofahrzeugen als Speicher für das Stromnetz einzusetzen“ veröffentlicht.

„Indem das Fahrzeug bei niedrigen Strompreisen lädt und bei höheren Strompreisen ins Netz einspeist, lassen sich durch den Handel am Strommarkt im Jahr 2030 voraussichtlich Erlöse von bis zu 500 Euro jährlich erzielen“, verdeutlichen die Studienmacher. Werde das Auto zusätzlich durch eine eigene Photovoltaikanlage geladen – und als Speicher für den Haushalt genutzt –, könnten die Erlöse sogar noch höher ausfallen.

Ein Aber folgt jedoch: Die prognostizierten Erlöse sind laut Agora Verkehrswende stark von Strompreisen und Marktbedingungen abhängig. Und eine wachsende Zahl von Fahrzeugen und Wallboxen verfügt zwar inzwischen über die Voraussetzungen, bidirektionale Anwendungen umzusetzen. Die größte technische Hürde bleibt aber der stockende Ausbau intelligenter Messsysteme, sogenannter Smart Meter.

„Um das Potenzial des bidirektionalen Ladens voll auszuschöpfen, sind Reformen der politischen Rahmenbedingungen erforderlich“, betont Fanny Tausendteufel, Projektleiterin bei Agora Verkehrswende. „Es gilt, ein effizientes Regelwerk zu schaffen, das tragfähige Geschäftsmodelle für Vehicle-to-Grid-Anwendungen ermöglicht. Wer die Flexibilität seines E-Autos für das Stromsystem zur Verfügung stellt, sollte davon auch finanziell profitieren.“

Die Bundesregierung sollte aus Sicht von Tausendteufel insbesondere die Einspeisung ins allgemeine Stromnetz („Vehicle-to-Grid“) finanziell attraktiver machen – denn diese Anwendung nutze auch dem Stromsektor. Eine Möglichkeit dafür böten etwa flexible Netzanschlussvereinbarungen („Flexible Connection Agreements“, FCA), durch die Netzbetreiber sicherstellen können, dass das Laden und Entladen netzverträglich erfolgt. „Im Gegenzug reduzieren sie Netzentgelte für zwischengespeicherten Strom, was die individuellen Stromkosten signifikant senken würde. Hilfreich wären außerdem mehr Aufklärung und Vertrauensbildung unter Nutzerinnen und Nutzern von E-Autos.“

Für die Analyse haben die Studienmacher vorhandene wissenschaftliche Daten und Erkenntnisse zusammengeführt und ausgewertet sowie Interviews mit Expertinnen und Experten geführt. Das Papier nennt Handlungsoptionen für eine breite Nutzung des bidirektionalen Ladens sowie Berechnungen für mögliche Erlöse im Jahr 2030 für drei verschiedene Fälle: Privater E-Pkw ohne Photovoltaikanlage, privater Pkw mit Photovoltaikanlage und gewerblicher Lkw mit Photovoltaikanlage. Als Kernergebnisse halten die Analysten folgende fünf Punkte fest:

  1. Die Batterien von Elektrofahrzeugen können als flexible Speicher die Kosten der Energiewende senken: Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien gewinnt Flexibilität im Stromsystem zunehmend an Bedeutung. Bidirektionales Laden kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die schwankende Einspeisung aus Wind- und Solarenergie auszugleichen und die Netzstabilität zu sichern. Die Einbindung von Elektrofahrzeugen als flexible Speicher trägt zu einer kosteneffizienten Energiewende bei.
  2. Bidirektionales Laden kann die Gesamtkosten für Elektrofahrzeuge senken: Beim bidirektionalen Laden kann Strom auch vom Auto zurück ins Haus oder ins Stromnetz fließen. Ist zum Beispiel der Strompreis hoch, kann der günstiger eingekaufte Strom im Haus genutzt oder auf dem Strommarkt verkauft werden. Das reduziert die Stromkosten für die jährliche Fahrleistung von Elektrofahrzeugen.
  3. Die Rückeinspeisung in das Stromnetz (Vehicle-to-Grid) bietet ein hohes Gewinnpotenzial: Durch den Handel am Strommarkt lassen sich Arbitragegewinne von bis zu 500 Euro pro Jahr realisieren. Alternativ bietet die Bereitstellung von Regelenergie ein ähnliches Gewinnpotenzial. Die Gewinne sind allerdings insbesondere von Preisschwankungen am Strommarkt abhängig.
  4. In Kombination mit der Eigenversorgung (Vehicle-to-Home/Building) sind zusätzliche Einsparungen möglich: Wird das Elektrofahrzeug bei Nutzung einer PV-Anlage zudem zur Eigenversorgung eines privaten Haushalts oder gewerblichen Gebäudes genutzt, erhöht das die Gewinne. Vehicle-to-Home-Anwendungen allein bringen im Vergleich zu gesteuertem Laden hingegen kaum finanzielle Vorteile, da die Mehrkosten für bidirektionale Ladeinfrastruktur die Gewinne häufig übersteigen.
  5. Um das Potenzial des bidirektionalen Ladens voll auszuschöpfen, braucht es eine Reform der politischen Rahmenbedingungen: Wenn sich die Rückeinspeisung in das Stromnetz finanziell lohnt, wird bidirektionalen Laden eine breite Anwendung finden. Technische Voraussetzung dafür ist der zügige Ausbau intelligenter Messsysteme, damit unter anderem ausreichend Informationen zur Netzauslastung vorliegen.

Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende, betont, dass Elektrofahrzeuge dem Stromsystem wichtige Flexibilität bieten. „Indem sie Strom aus ihrer Batterie ins Netz einspeisen, können sie schwankende Verfügbarkeiten von Wind- und Solarenergie ausgleichen und die Netzstabilität erhöhen. Das ermöglicht einen größeren Anteil erneuerbarer Energien am Strommix und günstigere Strompreise“, so sein Resümee. Gleichzeitig könnten die finanziellen Anreize den Hochlauf der Elektromobilität beschleunigen. „Im besten Falle können damit die Stromkosten für die jährliche Fahrleistung eines E-Autos vollständig kompensiert werden – emissionsfrei zum Nulltarif!“, so Hochfeld.

agora-verkehrswende.de (Pressemitteilung), agora-verkehrswende.de (Kernergebnisse), agora-verkehrswende.de (komplette Analyse, PDF)

7 Kommentare

zu „Bidi-Laden: Agora-Studie nennt für 2030 Erlöspotenzial von 500 Euro im Jahr“
E. Wolf
05.11.2025 um 07:46
Es ist ja gut, das V2H jetzt fast im gleichen Atemzug wie V2G erwähnt wird. Interessant ist nur, wie viele Worte für V2G erforderlich sind, um den Vorteil zu erläutern. Die technsichen Voraussetzung werden nebulös erläutert und als komplex dargestellt. Sind sie auch, da gaaaaanz viele daran verdienen wollen. Um wie viel einfacher ist V2H: Keine Dritten im Boot, kein sog. SmartMeter erforderlich, keine komplexen Vorschriften. Das eAuto mit der freigegebenen CCS-/DC-Schütz-Schnittstelle ist in beiden Fällen erforderlich, im Prinzip nur: Keine Blockade bei neg. Ströme, bei stehenden Rädern. Die DC-BiDi-Wallboxen folgen dann eh automatisch.
sig
05.11.2025 um 07:53
Viel einfacher wäre es doch Nur mit netzdienlichem Laden zu starten. Zweitarifsignal als Logik ob viel/wenig Angebot da ist. Technik ist seit den 1960 ern da und erprobt.
Peter Wulf
13.11.2025 um 14:24
Eigentlich Schade das im Stromversorgungsbereich Möglichkeiten wie: Nutzung von Nachtspeicherheizungen für Haubesitzer EFH oder Nachtstromtarife abgeschafft wurden . Statt den Strom bei "riesigen Werbeflächen in Städten nach 22 Uhr zu verballern " könnteer für E Autoladen Wärmepumpen Warmwasserspeicher verwendet werden. In Grosstädten wie Berlin mit 4000EW bis 15TEW /Quadratkilometer könnte der nächtliche Strom sinnvoller verwendet werden . Statt für Bewohner von Mietshäusern durch "Lichtsmog" in ihren Wohnräumen den Schlaf zu stören. Gleiche gilt für Verkehrsampeln die Nachts unnötig bei nicht vorhanden Verkehr Lärm und Abgase durch Bremsen und Anfahren verursachen. Die Kommunen könnten hohe Ausgaben Reduzieren und für andere Projekte nutzen.
Mini
05.11.2025 um 16:19
Netzdienliches Laden gibts doch schon. eyond und octopus geben bis zu 13 Cent Rabatt pro kWh
Max
05.11.2025 um 12:28
Oh nein, nicht schon wieder die "2-Tarif-Schnarchlader überall"-Kommentare bitte!
Frank
05.11.2025 um 14:35
Die Studie gibt eine max. Kostenersparnis von 300,-€ für Kunden mit eigener PV bei V2H an. Wenn ein Eigenheim mit rd. 5000KWh/a und Strom für das E-Auto mit rd. 2500KWh/a (Verbrauch und Km Leistung aus der Studie) bei durchschnittlich 39,8ct/KWh (BDEW)veranschlagt. Der eigene PV-Strom kostet ca. 6 ct/KWh. So habe ich mit jeder NICHT vom Energieversorger bezogene KWh eine Ersparnis von ca. 34ct/KWh. Da sollen bei 7500KWh Bedarf pro Jahr nicht mehr als 300,-€ drin sein. Für mich nicht nachvollziehbar. Da tut sich eine große Glaubwürdigkeitslücke auf.
Frank
05.11.2025 um 19:38
Ergänzend möchte ich noch erwähnen, das die Studie sowohl die Investitionskosten als auch die Betriebskosten nicht berücksichtigt. Raten wir mal alle zusammen, wer das bidifähige Fahrzeug mit entsprechend großer Batterie, die bidifähige Wallbox, sowie das eine oder andere Zubehör an der eigenen PV-Anlage bezahlen soll. Ich weiß nicht, wer bei V2G profitiert. Der Trottel der alles bezahlt ist es jedenfalls nicht.

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