Batterie vs. Brennstoffzelle – Fraunhofer ISE vergleicht CO2-Bilanz

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Forscher des Fraunhofer ISE haben im Auftrag von H2 Mobility einen Lebenszyklus-Vergleich von Elektroautos und Brennstoffzellen-Fahrzeugen durchgeführt. Trotz der vermeintlich eindeutigen Ergebnisse sind die Zahlen nur mit Vorsicht zu genießen – denn es bleiben ein paar Fragen unbeantwortet.

Kernaussagen der Studie: Der CO2-Fußabdruck von Produktion und Recycling eines Brennstoffzellensystems inklusive Tank entspricht etwa dem eines BEV-Antriebs mit 45-50 kWh Speicherkapazität. Der entscheidende Faktor sei der wesentlich größere CO2-Rucksack, den Batterieautos durch die Produktion der Batterie tragen müssen.

Obwohl die gesamte Prozesskette beim Wasserstoff von dessen Herstellung über den Transport bis hin zur Stromerzeugung im Auto um ein Vielfaches ineffizienter ist als die direkte Verwendung des Stroms im Elektroauto (BEV), kann die höhere Effizienz des Batterie-Betriebs nicht den Treibhausgas-Nachteil aus der Herstellung kompensieren, so eine der zentralen Botschaften. Bei vergleichbarer Reichweite habe ein Brennstoffzellenauto (FCEV) Emissonsvorteile, wenn beide Autos erneuerbaren Strom nutzen. Bei Fahrzeugen mit geringer Reichweite für die Stadt haben Batterie-elektrische Autos jedoch einen Vorteil gegenüber der Brennstoffzelle.

Im Betrieb ist die Energiequelle für Strom und Wasserstoff entscheidend. Bei einer Laufleistung von 150.000 Kilometern überzeugt das Brennstoffzellenfahrzeug in allen Fällen: Selbst im Worst Case (100 Prozent H2 aus Erdgas) liegt der CO2-Fußabdruck im gesamten Lebenszyklus noch die nächsten 10 Jahre unter dem vergleichbarer Batteriefahrzeuge (gerechnet wurde wegen der vergleichbaren Reichweite mit einer Batterie von 90 kWh) und ist ebenfalls geringer als bei Dieselfahrzeugen.

„Für Diesel- und Batteriefahrzeuge gab es bereits gute Zahlen zu Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus – für Brennstoffzellenfahrzeuge nicht“, sagt Nikolas Iwan, Geschäftsführer von H2 Mobility. „Um faktenbasiert über Einsatzgebiete von Brennstoffzellen und Batterien bei Pkw diskutieren zu können, haben wir die Analyse in Auftrag gegeben. Mit der vorliegenden Studie vom Fraunhofer ISE gibt es nun eine gute Basis für strategische Entscheidungen.“ Allerdings: Als Betreiber der Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland hat H2 Mobility natürlich ein Interesse an einer bestmöglichen Umweltbilanz der Brennstoffzellenfahrzeuge.

Bei der Energiequelle sind die Fraunhofer-Forscher durchaus differenziert vorgegangen und haben verschiedene Szenarien berücksichtigt. Bei den Batterie-elektrischen Autos kommt der Strom im besten Fall aus der eigenen Photovoltaik-Anlage, im Worst Case haben die Forscher den deutschen Strommix zugrunde gelegt. Für die Wasserstoffbereitstellung wurde beispielsweise die Erzeugung per Elektrolyse mit Windstrom (Best Case) sowie die Erdgasdampfreformierung (Worst Case und im Moment üblich) zugrunde gelegt.

Die Forscher haben die Ergebnisse in zwei Zeiträume aufgeteilt: 2020 bis 2030 und 2030 bis 2040. Im erstgenannten Zeitraum ist bei einer Gesamtfahrleistung von 150.000 Kilometern das Brennstoffzellenauto mit Wasserstoff aus 100-prozentiger Windproduktion die Option mit dem geringsten Treibhausgas-Ausstoß. In der Betrachtung zwischen 2030 und 2040 schneidet ein Elektroauto mit 60-kWh-Batterie und PV-Strom noch etwas besser ab als das Wasserstoffauto – vor allem, weil die Herstellung und Entsorgung des Elektroautos in der Annahme der Forscher deutlich emissionsärmer geworden ist.

„Die Studie zeigt, dass sich Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeuge in idealer Weise ergänzen. Für große Reichweiten sind Brennstoffzellenfahrzeuge klimafreundlicher und für geringe Reichweiten Batteriefahrzeuge“, sagt Christopher Hebling, Bereichsleiter Wasserstofftechnologien am Fraunhofer ISE. Im Zeitraum 2020-2030 hätten Brennstoffzellenfahrzeuge zum Beispiel einen besseren Treibhausgas-Fußabdruck als Batteriefahrzeugen mit einer Batteriekapazität größer als 45 kWh.

Dennoch ist Vorsicht geboten, wenn aus den Studienergebnissen auf die gesamte Umweltbilanz der Fahrzeugarten geschlossen werden soll: Die Studie behandelt nur die Treibhausgas-Emissionen der Fahrzeuge, nicht – was entscheidend ist – jene der gesamten Wertschöpfungskette. Und die Liste der Einschränkungen, die die Forscher gemacht haben, ist lang: So wurde das Verbesserungspotenzial bei der Herstellung wichtiger Materialien (etwa Platin bei der Brennstoffzelle, Lithium bei Batterien und die energieintensive Aluminium-Produktion) nicht berücksichtigt. Auch eine Second-Life-Nutzung von Batterien und Brennstoffzellen wurde nicht eingerechnet – hier schlummert aber ein potenziell großer Hebel.

Zudem empfehlen die Fraunhofer-Experten, neben den Treibhausgas-Emissionen, um die sich alles in der Studie dreht, noch weitere Wirkungskategorien zu untersuchen – etwa den Wasser- oder Flächenverbrauch. Auch die Umweltwirkung für die Errichtung der Mobilitätsinfrastruktur wurde nicht betrachtet, sondern nur die Fahrzeuge. Dabei ist dies ein entscheidender Punkt für das Gesamtergebnis.

Denn hier kommt wieder die bereits erwähnte Energieeffizienz von der Energiegewinnung bis ins Fahrzeug zum Tragen: Während das Batterie-elektrische Automobil laut Zahlen von Transport & Environment 73 Prozent des ursprünglich erzeugten (Öko-)Stroms in Vortrieb umwandelt, sind es beim Brennstoffzellenauto lediglich 22 Prozent. Sprich: Um den Energiebedarf der Brennstoffzellenautos zu decken, müsste die Ökostrom-Produktion um ein Vielfaches stärker ausgebaut werden als für Batterie-elektrische Autos – was wiederum Folgen für den Flächenverbrauch, Materialeinsatz und die gesamte Umweltbelastung hat. Auch der im Vergleich zu Ladestationen deutlich höhere Aufwand beim Bau von Wasserstoff-Tankstellen wurde nicht berücksichtigt.

Es bleiben also – wie bei den meisten Studien zuvor – gewisse Punkte offen. Wir lernen: Einfache Antworten gibt es im Zeitalter alternativer Antriebe nicht mehr. Immerhin: Selbst im schlechtesten Szenario muss sich der Diesel nach 160.000 Kilometern der Studie zufolge beiden elektrischen Antriebsformen geschlagen geben.
fraunhofer.de, fraunhofer.de (Studie als PDF), spiegel.de (Zusammenfassung)

36 Kommentare

zu „Batterie vs. Brennstoffzelle – Fraunhofer ISE vergleicht CO2-Bilanz“
Stefan
15.07.2019 um 19:04
Zitat ".. im Auftrag von H2 Mobility ..". Also eine Studie die durch einen Betreiber von Wasserstofftankstellen bezahlt wurde. Ich habe die Studie jetzt nicht gelesen aber das Ergebnis hat mich doch schon etwas überrascht.
Skeptiker
15.07.2019 um 21:14
Vielen Dank, dass ihr darüber so neutral berichtet.Natürlich ist das eine Studie für den Mülleimer.Aber wenn man sich die Auftraggeber anschaut ist eigentlich alles klar.
Dietmar Klement
15.07.2019 um 22:13
Wenn die Wasserstoff-Industrie zu diesem Zeitpunkt derartige Studien als Beweislast veröffentlicht steht es aber nicht zum Besten. Im Gegenteil. Absoluter Müll was da zusammen geschustert wurde und ein weiteres Forschungsinstitut, das den eigenen Namen mit einer Lüge kaputt macht.
C. Mayer
17.07.2019 um 00:44
Fraunhofer kann sich gar keinen Namen mehr kaputt machen. Die arbeiten schon seit eh und je nach Motto: "Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing." vor. Ihre Finanzierung ist per de halb staatlich und halb Industrie. Was soll man da erwarten. Ärgerlich halt, dass wieder mal "wertvolle Aufmerksamkeit" für eine offensichtlich weniger umweltfreundliche Variante als BEV kreiert wird indem durch Cherry-Picking und falsche Zahlen und der Marke Fraunhofer der Anschein eines seriösen Vergleichs gebracht wird. Z.B. Nur 150000 km Nutzung? Das ist ja weniger als bei den Verbrennern. Mal eben den riesigen mehrfachen Aufwand für Wasserstoffinfrastruktur und den 4fachen Strombedarf unterschlagen und zufällig diesmal "nur das reine Auto verglichen". Und immer wieder die Märchen von den Batterien mit ihrem angeblichen riesigen CO2 Ausstoß bei der Fertigung. Die Batterien von Tesla/Panasonic werden mit erneuerbaren Strom fast komplett ohne CO2 Ausstoß produziert. Sie ist das mit der ganzen zusätzlichen Infrastruktur für Wasserstoffautos, Tankstellen und Pipelines? Immer das selbe Schema: BEV scheinen so sauber in der Herstellung und Betrieb zu sein, dass man sich auf Materialen wie z.B. 10 kg Lithium in einem großen Tesla stürzen muss, die über die Lebensdauer von jetzt schon mehr als 8 Jahren und mehr als 500000 km im Einsatz sind und nach dem End of Life wiederverwertet werden können statt die 10 kg Öl, ihre Förderung und Raffinierung anzuprangern, die man locker in den letzten 4 Tagen alleine im Verbrenner unwiederbringlich verbrannt hat (15000 km pro Jahr mit 7 Lizer pro 100 km). Oder eben das Gejammere, dass die Stromnetze mit all den BEV zusammenbrechen würden aber 4x so viel Stromverbrauch für FCEV als unkritisch angesehen werden...FCEV sind die Fussionskraftwerke der Mobilität. Immer 20 Jahre in der Zukunft, immer viel besser, als das, was es schon gibt.
mike
07.11.2019 um 08:14
bitte die 10kg Öl auf die Tonnen im gesamten Autoleben hochrechnen...dann jammert keiner mehr über 500gk batterie...
Manfred Stummer
17.07.2019 um 22:37
100% Zustimmung!
Thomas Wagner
15.07.2019 um 22:22
Das Ergebnis einer solchen Studie lässt sich schon dadurch im eigenen Sinne beeinflussen, in dem man nur das Fahrzeug betrachtet. Gehen wir aber einmal davon aus, dass die Akkus von Elektroautos im Betrachtungszeitraum 2020-30 nach ihrem Gebrauch im Elektroauto (10-15 Jahre), ein zweites Leben in einem Groß-Speicher für Regelenergie zur Netzstabilisierung haben sowie als Hausspeicher für die bis dahin 2-5 Millionen Gebäudesolarstromanlagen, dann wird offensichtlich, dass dieser Vergleich entscheidend zu kurz greift und dadurch das Ergebnis grob verfälscht :-(
E.v.K.
15.07.2019 um 22:22
Wasserstoff hat keine Zukunft und man sollte keine Gelder rein stecken. Dazu wird die Energiedichte von Akkus immer besser was wohl auch dafür sorgt das die paar kleinen (Vorteile) der Brennstoffzelle verschwinden.
Peter W
16.07.2019 um 07:53
Für alle, die keine Zeit haben um diese Studie zu lesen: Für das FCEV wurde kein Akku berechnet, wir alle wissen aber, dass ein H2 Fzg mindestens einen 10 kWh Akku braucht. Das sind rund 2 to CO2 die hier fehlen. Darüber hinaus wird die Wasserstoffelektrolyse mit Windenergie berechnet die nur 11g CO2 pro kWh verursacht, das BEV wird aber mit Solarstrom geladen, der 42g CO2 pro kWh verursacht. So wird erreicht, dass BEV und FCEV annähernd den Selben CO2 Ausstoß beim Fahren verursachen. Am Ende kommt noch hinzu, dass das FCEV nur 950 g H2 pro 100 km verbraucht, was nur nach NEFZ möglich ist, das BEV schluckt aber 20 kWh pro 100 km, was etwa 2 kWh mehr sind als ein vergleichbares SUV-BEV nach WLTP benötigt.
Daniel
11.12.2019 um 11:02
"Im Alleingang versorgt die 1,56 kWh große Batterie den Motor allenfalls kurzzeitig."https://www.mobile.de/magazin/artikel/alltag-mit-wasserstoff-der-hyundai-nexo-2019-im-test-12366
Johannes E.
18.07.2019 um 10:07
Bitte kein Halbwissen posten."dass ein H2 Fzg mindestens einen 10 kWh Akku braucht" Nexo: 1,56 kWh, Mirai: 1,6 kWh. Also wohl eher 0,X t CO2. Der F-Cell ist faktisch ein Range-Extender."Wasserstoffelektrolyse mit Windenergie" Wird zukünftig größtenteils so sein, da PV nicht die erforderlichen Volllaststunden für den Betrieb von Elektorlyseuren liefern kann."BEV wird aber mit Solarstrom geladen" Stimmt zumindest für viele Zuhauselader. Da müsste man sogar noch den Batteriespeicher mit einbeziehen, da das BEV ja meist nicht geladen wird, wenn die Sonne scheint."dass das FCEV nur 950 g H2 pro 100 km verbraucht, was nur nach NEFZ möglich ist" Nexo: 0,95 kg/100 km nach WLTP kombiniert EQC: 22,7 kWh/100 km nach WLTP kombiniertDie Studie hat Schwächen, wie im Artikel gezeigt, allerdings wird hier vieles (bewusst?) verdreht...
Andreas-Michael Reinhardt
16.07.2019 um 08:39
Der hohe Wirkungsgrad von Elektromotoren in Verbindung mit Akkus und die Verfügbarkeit von Strom an (fast) jeder Steckdose sind die großen Plus für Elektroautos. Auf diesen Nutzen für breite Bevölkerungskreise und ihre Alltagsmobilität sollten wir fokussieren. Jetzt! Dank Tesla, Renault und Nissan wissen wir um den Massenmarkt für Elektrofahrzeuge bereits. Nicht aus zudenken, wenn „wir Deutschen“ das erst noch erforschen müssten. Ob und wann weitere massentaugliche Antriebe in Zukunft zur Verfügung stehen werden, wird uns auch Fraunhofer sicherlich erzählen, wenn die bezahlenden Industrien solche Studien in Auftrag geben. Jedenfalls ist Dank electrive.net und Sebastian Schaal's Beitrag etwas mehr Differenzierung in’s Thema gekommen. Danke!
Dr. Till Wolfram
16.07.2019 um 09:13
Liebe 100%-Batterie-Befürworter,Bitte lesen Sie sich die original Arbeit durch und schreiben Sie dann Ihre Diskussionspunkte sachlich auf.Bitte berücksichtigen Sie auch wie so schön electrive.net zusammen gefasst hat (Zwar natürlich nichts neues, aber gerade sehr passend): "Wir lernen: Einfache Antworten gibt es im Zeitalter alternativer Antriebe nicht mehr. " Sowie: "(...) Beide Systeme ergänzen sich ideal...(...)"Ich glaube, dann kann eine wirkliche fachliche Diskussion statt finden.Beste Grüße, Till Wolfram
Peter W
16.07.2019 um 14:42
Ich habe einen sachlich korrekten Post eingestellt. Leider kommt dabei heraus, dass die Studie eine massive Schönrechnerei zu Gunsten des FCEV enthält.
Johannes E.
18.07.2019 um 10:08
"Ich habe einen sachlich korrekten Post eingestellt."Leider nein. (s.o.)
Nicklas
16.07.2019 um 09:23
20,4 kWh/100 km Verbrauch ohne Ladeverluste.805 gCO2eq/kWh für den Strommix bei der Batterieproduktion (China?!)90 kWh Batterie mit Pouch Zellen.Hat da etwa jemand den e-tron als Referenz genommen? Das ineffizienteste E-Fahrzeug überhaupt mit Zualssungen im promille Bereich?
Dani
16.07.2019 um 10:13
Langfristig wird der Markt entscheiden, und nicht bezahlte Studien oder Lobbymilliarden. Und weil die Zulassungswachstumsraten jetzt schon deutlich für BEVs sprechen, dürfte sich das Thema in weniger als 5 Jahren entschieden haben.
Uwe Wöllner
16.07.2019 um 10:49
Was schmälert denn die