VDI und VDE fordern mehr Ladepunkte und H2-Tankstellen für Lkw

Mit einer neuen Kurzstudie haben VDE und VDI die Auswirkungen der Elektromobilität für den Nutzfahrzeugsektor untersucht. Während es laut der Analyse der Verbände Oberleitungs-Lkw und synthetische Kraftstoffe schwer haben werden, fordern sie von der Regierung Investitionen in die Infrastruktur für Batterie- und Brennstoffzellen-Lkw.

Für die Veröffentlichung zu klimafreundlichen Nutzfahrzeugen haben der VDI und VDE mehrere aktuelle Studien miteinander verglichen. Betrachtet wurden dabei die Potenziale von Batterie-elektrischen Lkw, Brennstoffzellen-Lkw, Oberleitungen, aber auch mit regenerativen Energien erzeugter Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren.

Während sich einzelne Studien – wie etwa zuletzt das ifeu und Fraunhofer ISI – auch im Lkw-Bereich wegen der CO2-Ersparnisse und Gesamtkosten vorrangig für den Einsatz Batterie-elektrischer Antriebe aussprechen, kommen die Experten der beiden Verbände in ihrer Analyse zu einem anderen Ergebnis: Um die EU-Vorgaben bis 2030 zu erfüllen (-30 Prozent CO2-Emissionen bei schweren Nutzfahrzeugen) sei beides nötig: Im Fernverkehr die Brennstoffzelle, im urbanen Raum die Batterie.

„Batteriefahrzeuge sind zwar grundsätzlich effizienter, Brennstoffzellenfahrzeuge weisen hingegen Vorteile in den Punkten Reichweite und Tankdauer auf“, heißt es dazu in einer Mitteilung zu der Studie. „Insbesondere die Reichweite stellt eine Herausforderung für batteriebetriebene Nutzfahrzeuge dar. Sie kämpfen mit den Batteriegewichten an Bord und einer langen Ladezeit.“

Effizienz als alleiniger Gradmesser?

Bei einem Pressegespräch zu der Kurzstudie hob Martin Pokojski, Vorsitzender des VDI/VDE-Fachausschusses Wasserstoff- und Brennstoffzellenfahrzeuge und Mitautor der Studie, einen weiteren Aspekt hervor: Man müsse mehr Faktoren als die reine Effizienz einbeziehen. „Heute fahren Lkw 1.600 Kilometer mit einer Tankfüllung“, sagte Pokojski. Das sollte mit alternativen Antrieben auch möglich sein. Wichtig sind auch die Tankzeiten und die Nutzlast: Kann ich hier nicht mithalten, riskiere ich die Akzeptanz bei jenen, die solche Fahrzeuge kaufen sollen.“ Dass ein Lkw auf 1.600 Kilometern aber mehrere Pausen machen muss und sehr wahrscheinlich mindestens einmal über Nacht parkt, führt Pokojski aber nicht an.

Ginge es rein nach dem Wirkungsgrad, liegen auch bei der VDI/VDE-Studie die Oberleitungs-Lkw vorne, noch vor dem reinen Batteriebetrieb – da hier über Strecken der Strom direkt aus der Oberleitung genutzt werden kann und die Speicherung in der Batterie entfällt. Während diese Lösung mit einem Basis-Netz von rund 3.000 Kilometern in der erwähnten ifeu-Studie auch bei den Kosten gut abschneidet, sehen der VDE und VDI bei den Total Cost of Ownership die Oberleitung deutlich hinter Batterie und Brennstoffzelle.

Can Remzi Samsun vom Institut für Energie- und Klimaforschung des Forschungszentrums Jülich und Mitglied des Fachausschusses Wasserstoff- und Brennstoffzellen im VDI/VDE hat für die Veröffentlichung vor allem die Kosten analysiert. Die höheren Anschaffungspreise der elektrisch angetriebenen Lkw sind aus seiner Sicht kein Problem, da sie auch mit niedrigeren laufenden Kosten einhergehen. Aber: „Die Wettbewerbsfähigkeit ist heute im Vergleich zum Diesel noch nicht gegeben – die Studien gehen aber davon aus, dass es in der Zukunft der Fall sein wird“, sagte Samsun bei dem Pressegespräch. „Zum einen, weil die Kosten bei Alternativen sinken und bei Diesel steigen, etwa wegen Steuer oder Liefer-Einschränkungen in Innenstädten.“

Im Ergebnis stünden zwar wirtschaftliche Vorteile für FCEV und BEV, die 2030 bei den TCO auf vergleichbare Kosten kämen. Auf eine Technologie festlegen will sich der Jülicher Forscher aber nicht: „Wir sehen eine große Unsicherheit bei der Kostenentwicklung, vor allem bei den variablen Kosten. Diese variieren je nach Studie in einer Spanne von mehreren zehn Cent pro Kilometer, die Gewinnspannen aber nur bei wenigen Cent“, sagt Samsun. „Aufgrund der starken Wettbewerbssituation ist die Frage nach der Investition in die optimale Antriebstechnologie für viele Spediteure existenziell – aber derzeit sehr schwer zu beantworten.“ Es komme auch stark auf den jeweiligen Einsatzzweck an.

Ein wichtiger Faktor für die variablen Kosten ist die Energiebeschaffung, die Thomas Grube vom Forschungszentrum Jülich untersucht hat. Eine Elektrolyse von Wasserstoff an der Tankstelle hält er nach der Analyse für „in Deutschland meist nicht attraktiv“. Es könne zwar lokal funktionieren, sei aber in der Fläche wirtschaftlich schwer umsetzbar. Der Wasserstoff soll stattdessen „in weltweiten Vorzugsregionen für erneuerbare Energien“ hergestellt werden – also aus dem Ausland importiert werden. Der Transport erfolgt dann in verflüssigter Form etwa per Schiff.

Niedrige Preise für den Wasserstoff-Import hat das ifeu in seiner Studie nur in „optimistischen Szenarien“ kalkuliert, was angesichts der Konkurrenz mit anderen Sektoren um sauberen Wasserstoff kaum zu erfüllen sei. Und nur bei extrem niedrigen Wasserstoffpreisen sei die Brennstoffzelle wirtschaftlich konkurrenzfähig, so das ifeu. Das ifeu arbeitet zwar vorrangig projektbezogen, weshalb man ihm eine gewisse Agenda bei seinen Veröffentlichungen unterstellen könnte. Das gilt aber auch für die Kurzstudie des VDI/VDE, die vorrangig vom Fachausschuss Wasserstoff- und Brennstoffzellenfahrzeuge erstellt wurde.

Für die Kosten sei nicht nur wichtig, wo und wie der grüne Wasserstoff hergestellt wird, sondern auch wie oft er (mit weiterem Energieaufwand) verflüssigt werden muss. Für jeden einzelnen Arbeitsschritt gilt: „Die örtlichen Stromkosten haben einen wichtigen Anteil an den späteren Gesamtkosten“, sagt Grube. Das gilt sowohl für den Batterie- als auch den Wasserstoff-Lkw.

In beiden Fällen müsse nun die Infrastruktur für Nutzfahrzeuge geschaffen werden, da die vorhandenen Ladepunkte und H2-Tankstellen zu sehr auf den Pkw ausgerichtet seien. Bis 2030 fordern die Verbände daher „70 Lkw-taugliche H2-Tankstellen gleichmäßig über das Autobahnnetz verteilt“. Bei den Batterie-Lkw werden 1.200 Ladepunkte mit einer Ladeleistung von 720 kW gefordert, um fünf Prozent des Fahrzeugbestands abdecken zu können.

„Der jüngste politische Plan, den Bau und Betrieb von Wasserstofftankstellen nicht mehr zu fördern, hätte fatale Auswirkungen. Damit behindert die Politik die EU-Vorgaben zur CO2-Reduktion von Schwerlastern“, mahnt Pokojski. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, vorhandene Wasserstoff-Tankstellen weiter auszubauen und um neue zu ergänzen.“
presseportal.de, vdi.de

3 Kommentare

zu „VDI und VDE fordern mehr Ladepunkte und H2-Tankstellen für Lkw“
Sebastian Krebs
01.03.2022 um 12:32
Die Argumentation des VDi ist nicht konstitent. Einerseits aufgrund der angeblich höheren TCO die oberleitungsgebundenen Systeme ausschließen und dann Wasserstoff ins Spiel zu bringen, der nict in D bereitgestellt werden kann, weil es nicht wirtschaftlich ist - dass passt nicht zusammen.Damit die erforderlichen Menegen aus noch unbekannten Quellen zu den dann fiktiv niedrig gerechneten Preisen verfügbargemacht werden können, sind so viele günstige Annahmen zu treffen, die derzeit nur schwierig zu realisieren sind, dass da jemand eher ein Ergebnis "gewürfelt" hat.Insofern wäre hier eigentlich eine Metastudie interessant, die die Ansätze mal detailliert einordnet und die verschiedenen Annahmen herausstellt. Der herbeiargumetierte Vorteil des Wasserstoffs wirrkt dabei wie den Sattel auf ein Pferd legen zu wollen, welches noch nicht einmal geboren ist.
Max
02.03.2022 um 12:27
Mein Fazit dieses Artikels: Alle Autoren stellen fest, dass die Technik, mit den sie sich am intensivsten beschäftigen, jeweils die beste ist. Lasst doch die Kunden selbst entscheiden!
Sebastian
02.03.2022 um 21:01
Die meisten LKW Fahrer/innen/de wissen zwei Stunden vorher nicht wo sie/er/es als nächstes sein müssen. Und wer schon mal ein olles Elektroauto versucht hat im Jahr 100.000 KM zu fahren, kann sich ungefähr ausdenken, wie das dann mit 18 bis 40 Tonnen sein soll. Aber hey, alle 4 Stunden muss man eh Pause machen.*ggg

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