Volkswagen bestätigt Zellfabrik-Bau in Kanada

Volkswagen wird seine erste Batteriezellenfabrik außerhalb Europas in Kanada errichten. Die Wahl des Konzerns und seiner Batterie-Tochter PowerCo fiel nach der im Dezember gestarteten Standortsuche nun auf das kanadische St. Thomas in Ontario.

Der Produktionsstart dort ist einer Konzernmitteilung zufolge für 2027 geplant. Nach Salzgitter und Sagunt nahe Valencia wird die kanadische Produktionsstätte die weltweit dritte Zellfabrik Volkswagens und die erste in Nordamerika. Die Zellfertigung in Ontario soll künftig die Batterie-elektrischen Modelle von Konzernmarken in der nordamerikanischen Region mit Einheitszellen versorgen und ist Teil eines größeren Plans, den Volkswagen und PowerCo im August letzten Jahres mit der Regierung des kanadischen Premierministers Justin Trudeau abgestimmt haben. Die damals unterzeichnete Absichtserklärung fokussiert auf Batterie-Wertschöpfung und Rohstoffsicherheit zur Förderung der Elektromobilität im Land.

Der Volkswagen-Konzern will wie berichtet mit seinen Marken bis 2030 mehr als 25 neue BEV-Modelle in den USA auf den Markt bringen. Neben einer erweitereten Montage des VW ID.4 in Chattanooga im US-Staat Tennessee plant Volkswagen auch den Ausbau der mexikanischen Werke in Puebla und Silao, um dort in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts BEVs und möglicherweise auch BEV-Komponenten wie beispielsweise Elektromotoren zu montieren. Diese Pläne nennen die Wolfsburger nun erstmals. Vor einigen Tagen bestätigte der Konzern bereits den Bau eines Werks für seine neue US-Elektroauto-Marke Scout in der Nähe von Columbia im Bundesstaat South Carolina.

All diese Vorhaben brauchen eine sichere Versorgung mit Zellen, was uns zurück nach Kanada führt: Im August 2022 hatten der Volkswagen-Konzern mit dem Staat bereits ein erstes, nicht-bindendes Memorandum of Understanding geschlossen, in dem die Standortsuche bereits Thema war. Zu diesem Zeitpunkt waren aber auch noch US-Standorte im Rennen. Im Dezember 2022 legten beide Seiten dann nach: Volkswagen-CEO Oliver Blume und François-Philippe Champagne, der kanadische Minister für Innovation, Wissenschaft und Industrie, unterzeichneten eine Zusatzvereinbarung, bei der es im Kern um die konkrete Suche nach geeigneten Standorten für eine Gigafabrik ging.

Nun ist die Wahl auf St. Thomas in Ontario gefallen. Zu der geplanten Produktionsstätte macht der Konzern über die voraussichtliche Inbetriebnahme im Jahr 2027 und die Einheitszelle als Produktionsgegenstand hinaus keine Angaben. So bleibt unklar, welche Produktionskapazität in Kanada geplant ist und wie die Lieferketten aussehen werden. Volkswagen gibt lediglich an, dass „Kanada auf dem Weg zu einer Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Batteriewertschöpfungskette in Nordamerika der PowerCo ideale Voraussetzungen wie etwa die Versorgung mit lokalen Rohstoffen und dem Zugang zu Grünstrom bietet. Weitere Einzelheiten zur Gigafabrik in St. Thomas werden in naher Zukunft kommuniziert.“

Unabhängig vom Subventionsstreit zwischen EU und USA ist mit dem Standort in Kanada über ein Freihandelsabkommen der Zugang zum US-Markt sichergestellt. Denn die Vereinigten Staaten fördern aktuell bekanntlich nur in den USA montierte Fahrzeuge oder solche aus Staaten mit denen ein Freihandelsabkommen besteht. Die Förderhöhe richtet sich dabei künftig auch nach der verwendeten Batterie bzw. der Herkunft der batteriekritischen Mineralien. Die detaillierten Anforderungen an Batteriemineralien und -komponenten will die Biden-Administration wie berichtet erst diesen Monat veröffentlichen. Klar ist aber: Batterien aus kanadischer Produktion werden wie solche aus US-Produktion behandelt.

Insofern spricht Volkswagen in seiner Mitteilung anhand der Kanada-Entscheidung auch viel von einer ambitionierten Wachstumsstrategie des Konzerns für ganz Nordamerika. Oliver Blume, CEO des Volkswagen Konzerns, betont, dass man mit den Entscheidungen für die Zellproduktion in Kanada und für den Scout-Standort in South Carolina die Umsetzung seiner Nordamerika-Strategie beschleunige.

Arno Antlitz, CFO & COO des Volkswagen-Konzerns sieht „jetzt die einzigartige Chance, in Nordamerika profitabel zu wachsen und den Wandel in Richtung Elektromobilität maßgeblich voranzubringen“. Beide neuen Großprojekte seien integrale Bausteine von Volkswagens ambitionierten Wachstumsprogramms für die ganze Region. „Damit können wir ein noch breiteres Kundenspektrum ansprechen. Volkswagen verfügt über die richtige Strategie, Produkte und Größe, um eine starke Position im nordamerikanischen Markt aufzubauen.“

Laut einem kürzlichen Bericht der „Financial Times“ hat Volkswagen übrigens seine Prioritäten geändert und angesichts des günstigen Investitionsklimas in Nordamerika seine ebenfalls vorangetriebenen Pläne für eine Batteriezellenfabrik in Osteuropa auf Eis gelegt. Genau solche Strategieschenks fürchtet die EU die zuletzt mehrfach gewarnt hatte, dass sie die Bestimmungen des zum Jahreswechsel in Kraft getretenen Inflation Reduction Act für diskriminierend hält. Inzwischen haben die USA und die EU bekanntlich verabredet, „unverzüglich“ ein Abkommen über kritische Mineralien für die Batterien von Elektroautos aushandeln zu wollen, um den Konflikt zu entschärfen.

Volkswagen hat bisher bekanntlich sechs Zellfabriken für Europa angekündigt. Der Konzern baut die genannten Zellfabriken in Salzgitter und in Sagunt nahe Valencia. Eine weitere Fabrik soll zusammen mit Northvolt in Schweden entstehen. Für die vierte der sechs geplanten Europa-Zellfabriken hatte sich zuletzt das Flughafengelände nahe der tschechischen Stadt Pilsen als Favorit abgezeichnet. Bereits im Dezember hatte der Konzern eine konkrete Standortentscheidung für Osteuropa allerdings vertagt, damals unter Verweis auf die hohen Energiepreise.

Thomas Schmall, Technikvorstand bei VW und Leiter der für die Batteriezell-Fertigung verantwortlichen Komponenten-Sparte, stellte jüngst harte Forderungen an die EU. VW mache „viel schnellere Fortschritte“ bei den Plänen für eine Batteriefabrik in Nordamerika als in Europa, schrieb Schmall vor rund einer Woche auf LinkedIn. Europa laufe Gefahr, „Milliarden von Investitionen zu verlieren, über die in den kommenden Monaten und Jahren entschieden wird“, fügte er hinzu und forderte ein europäisches staatliches Beihilfeprogramm und niedrigere Preise für grüne Energie. „Wir brauchen vor allem Eile“, so Schmall weiter. „Der IRA ist in Kraft und liefert bereits Ergebnisse.“

PowerCo wurde im Juli 2022 gegründet. Das globale Headquarter der Volkswagen-Tochter befindet sich in Salzgitter neben der deutschen Batteriefabrik des Unternehmens, für die im Juli der Grundstein gelegt wurde.
volkswagen-newsroom.com

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