VW und Mercedes sichern sich Batterie-Rohstoffe aus Kanada

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Volkswagen und Mercedes Benz haben Abkommen mit der kanadischen Regierung geschlossen, um sich Zugang zu wichtigen Batterie-Rohstoffen wie etwa Lithium, Nickel und Kobalt zu sichern. Der Deal wurde im Rahmen des Kanada-Besuchs von Kanzler Scholz verkündet.

Zunächst hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider über die Deals berichtet. Inzwischen haben sowohl Mercedes-Benz als auch Volkswagen per Mitteilung bestätigt, dass Absichtserklärungen in Toronto in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau unterzeichnet wurden.

Man wolle die Zusammenarbeit in der gesamten automobilen Wertschöpfungskette vertiefen, so Mercedes – von der technischen Entwicklung über die Rohstoffgewinnung bis hin zur Produktion, Nutzungsdauer und zum Recycling. Ziel der Absichtserklärung sei es, die Zusammenarbeit und wirtschaftlichen Chancen innerhalb der kanadischen Lieferkette für Elektrofahrzeuge zu fördern. Dies beinhalte unter anderem den Zugang zu primären Rohstoffquellen.

„Mercedes-Benz ist dabei, die Produktion von Elektrofahrzeugen drastisch zu steigern. Deshalb sind wir auch dabei, uns neue Wege zu erschließen, um auf verantwortungsvolle Art an die dafür notwendigen Rohstoffe zu kommen“, sagt Markus Schäfer, Vorstandsmitglied der Mercedes-Benz Group AG, Chief Technology Officer, verantwortlich für Entwicklung und Einkauf. „Der direkte Zugang zu den Produzenten dieser Materialien ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Mit Kanada haben wir einen wichtigen und leistungsfähigen Partner an unserer Seite, um eine neue Ära der nachhaltigen Transformation in der Automobilindustrie einzuleiten.“

Von Volkswagen heißt es, beide Seiten würden prüfen, „welchen Beitrag Kanada zu den globalen und regionalen Batterielieferketten des Konzerns leisten kann“. Die PowerCo, das neu gegründete Batterieunternehmen des Konzerns, übernehme dabei eine zentrale Rolle und werde die geplante Zusammenarbeit in den Bereichen Batteriewertschöpfung, Rohstofflieferketten und Kathodenmaterialproduktion in der Region Nordamerika vorantreiben. Die PowerCo ist auch für die erste VW-Zellfabrik in Salzgitter verantwortlich, deren Grundstein im Juli gelegt wurde – ebenfalls im Beisein von Olaf Scholz.

„Ich möchte der kanadischen Regierung für ihre Unterstützung danken“, sagt der zum Monatsende scheidende Konzernchef Herbert Diess. „Die Versorgung mit Batterierohstoffen und die Produktion von Vorläufer- und Kathodenmaterialien mit geringem CO₂-Fußabdruck werden einen schnellen und nachhaltigen Ausbau von Batteriekapazitäten ermöglichen – ein wichtiger Hebel für unsere Wachstumsstrategie in Nordamerika.“

USA fordern Wertschöpfung in Nordamerika

Die Entscheidung, sich wichtige Batteriematerialien aus Nordamerika zu sichern, ist laut einer der Quellen auch vor dem Hintergrund der neuen US-Regularien zur Elektroauto-Förderung zu sehen. Künftig sind in den Vereinigten Staaten Elektroautos nur noch für die volle Steuergutschrift qualifiziert, wenn sie in Nordamerika montiert wurden und auch die wichtigsten Batterierohstoffe von dort stammen. Im Falle von VW soll die Belieferung aus Kanada auch die Lieferketten für die Werke in den USA vereinfachen – im US-Werk Chattanooga ist Ende Juli die Serienproduktion des ID.4 angelaufen, der noch auf Batteriezellen von SK On aus dem Werk in Georgia setzt. Bereits im April, also noch bevor US-Präsident Biden die neuen Förderregeln unterzeichnet hat, gab es bereits Gerüchte, wonach VW in der Nähe seines Fahrzeugwerks in Tennessee auch eine Batteriezellproduktion in Erwägung zieht.

Ein wichtiges Detail erwähnt Volkswagen in seiner Mitteilung aber nicht: Wie das „Handelsblatt“ berichtet, strebt VW sogar als erster westlicher Autobauer direkte Beteiligungen an Minen an. „Wir eröffnen keine eigenen Minen, wir wollen uns aber an kanadischen Minen und Minenbetreibern beteiligen“, sagt VW-Technologievorstand Thomas Schmall der Wirtschaftszeitung. Ziel sei es laut Schmall, sich Volumen und Preise durch langfristige Lieferabkommen zu sichern, etwa im Rahmen eines Joint Ventures mit PowerCo.

Details zu den Lieferabkommen gehen aus dem Bericht nicht hervor, es wird aber ein Beispiel genannt: VW bzw. PowerCo könnte sich 20 bis 30 Prozent der Jahresproduktion einer Mine zu einem festen Preis sichern, während die Minenbetreiber die restlichen 70 bis 80 Prozent ihres Volumens zu Weltmarktpreisen an Dritte verkaufen könnten.

Viele westliche Autobauer – etwa Tesla, BMW, GM und Ford – sind bereits dazu übergegangen, nicht nur die Batteriezellen bei den Herstellern zu kaufen, sondern bereits die Rohstoffe bei den Minen-Konzernen selbst zu beschaffen, um sie dann dem jeweiligen Zell-Partner zur Verfügung zu stellen. In China ist ein Unternehmen bereits einen Schritt weiter: Der dortige Marktführer BYD baut nicht nur seine Batterien selbst, sondern hat Mitte August auch angekündigt, über vier Milliarden Euro in eine Batteriefabrik sowie ein Bergbauprojekt in Yichun in der chinesischen Provinz Jiangxi zu investieren.

„Früher dachten die großen Autohersteller, es reicht, wenn man Zellfabriken kauft. Heute wissen wir, dass wir viel tiefer in die Wertschöpfungskette reingehen müssen“, sagt Schmall. Kanada verfüge „über praktisch alle Rohstoffe, die wir für die Batterieproduktion brauchen“.

Mercedes wird künftig in seinem US-Werk Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama zwei Elektromodelle für den Weltmarkt bauen: den EQS SUV und den EQE SUV. Im März hatten die Stuttgarter die Batteriemontage für die beiden Fahrzeuge im benachbarten County eröffnet. Dort werden die zugekauften Zellen zu einbaufertigen Batteriepacks für das Fahrzeugwerk montiert. Seinerzeit hatte Mercedes auch angekündigt, ab Mitte des Jahrzehnts Zellen von Envision AESC zu beziehen. Diese Zellen könnten dann mit den Rohstoffen aus Kanada gefertigt werden.

Mercedes selbst kündigt in der Mitteilung an, eine strategische Partnerschaft mit dem deutsch-kanadischen Startup Rock Tech Lithium zu prüfen. Diese Partnerschaft soll es der Marke mit dem Stern ermöglichen, die Versorgung seiner Batteriezelllieferanten mit Lithiumhydroxid abzusichern, um die globale Nachfrage nach Batterie-elektrischen Fahrzeugen decken zu können. Im Rahmen der geplanten Partnerschaft beabsichtigt Rock Tech, Mercedes-Benz und seine Batteriepartner mit jährlich bis zu 10.000 Tonnen Lithiumhydroxid zu beliefern. Die beabsichtigte Zusammenarbeit soll im Jahr 2026 mit einer Qualifizierungsphase starten.

Rock Tech Lithium plant wie berichtet zwei Lithium-Veredlungsanlagen in Deutschland, die erste soll im brandenburgischen Guben entstehen. In diesen Konverter-Fabriken und einer weiteren geplanten Anlage in Rumänien will Rock Tech Lithium das Material aus seinem Minenprojekt im kanadischen Georgia Lake verarbeiten. Früheren Berichten zufolge gab es aber noch keine Genehmigung für Georgia Lake.
financialpost.com, handelsblatt.com, mercedes-benz.com, volkswagen-newsroom.com

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