Kommunale E-Fahrzeuge: Welche eMobility-Akzente die IFAT in München setzt
Kurz zur Messe selbst: Die IFAT gilt als Leitmesse für Umwelttechnologie und steigt alle zwei Jahre in der bayerischen Landeshauptstadt. Am Montag wurde die diesjährige Ausgabe eröffnet – mit gut 3.100 Ausstellern auf rund 300.000 Quadratmetern Fläche. Laut den Veranstaltern kommen 55 Prozent der Ausstellenden aus dem Ausland, womit „die Internationalisierung im Vergleich zur Vorveranstaltung 2022 noch einmal zugenommen hat“, wie es heißt.
Ein weiterer Trend: Jede Menge Elektrofahrzeuge und teils auch Ladeinfrastruktur – allen voran unter den Trucks auf dem Freigelände nahe der Halle C6. Dort präsentiert die Branche – mit Fokus auf Kommunen als Zielgruppe – noch bis morgen Fähigkeiten und Features aus den Bereichen Straßenbetriebsdienst, -reinigung und Entsorgung. Laut den IFAT-Veranstaltern sind dort mehr als 150 Maschinen und Trucks zu sehen, unter ihnen auch etliche mit alternativen Antrieben. Wir schauen darauf, welche davon Daimler Truck, Designwerk, Renault Trucks und Quantron mitgebracht haben.
Bei Daimler Truck sind zwei von drei in München ausgestellten Fahrzeugen rein elektrisch: Die Stuttgarter präsentieren einen E-Lkw des Typs eActros 400 mit Abrollkipper von Meiller und mit Winterdienstausstattung in Form eines Schneepflugs von Bucher Municipal. Das zweite Elektro-Fahrzeug ist ein eEconic für kommunale Aufgaben. Laut Christian Wilz, Leiter Mercedes-Benz Trucks Sales and Services Deutschland, setzt sein Unternehmen auf der IFAT explizit den Fokus auf die Integration Batterie-elektrischer Fahrzeuge in kommunalen Anwendungen.
Der eActros 400 ist auf auf der IFAT erstmals als Winterdienstfahrzeug zu sehen. Der Schneepflug soll dabei besonders geräuscharm und fahrbahnschonend räumen. Verbunden ist dieser mit dem E-Lkw über eine neuartige Frontanbauplatte, die nicht mehr fest mit dem Fahrzeug verbunden ist, sondern nun am Schneepflug verbleibt. „Das ermöglicht eine uneingeschränkte Nutzung der Sensorik der GSR-Anforderungen ohne diese versetzen zu müssen. Zusätzlich ergibt sich eine deutliche Gewichtsersparnis im Einsatz außerhalb des Winterdienstes“, schildert der Hersteller. Der ebenfalls elektrisch angetriebene, vom Fahrzeug autarke Streuer verfügt über fünf Kubikmeter Trockenstoff- und 2.150 Liter Solevolumen.
Als Kandidat für die Abfallwirtschaft stellen die Stuttgarter zudem den eEconic 300 mit der Radformel 6×2 als Fahrgestell aus. Das schon länger erhältliche Fahrzeug ist in München ohne Aufbau zu sehen, sodass die Besucher einen besseren Blick auf die Antriebsarchitektur des Fahrzeugs werfen können. Auf der IFAT begegnet dem Publikum dem eEconic gleich mehrfach, denn auch die Aufbauspezialisten Zöller, Faun und Terberg HS nutzen ihn als Demonstrationsfahrzeug. Und: Mit einem eEconic aus der eigenen Werkslogistik stellte Mercedes-Benz Special Trucks außerdem das Fahrzeug, auf dessen Aufbau die Podiumsdiskussion des VAK (Verband der Arbeitsgeräte- und Kommunalfahrzeug-Industrie) stattfand.
Einige Meter weiter zeigt Renault Trucks in München auf dem Messestand von Aufbauspezialist Terberg HS seinen E-Lkw des Typs E-Tech D Wide Low Entry Cab (LEC) mit Bustür. Das Batterie-elektrische Müllsammelfahrzeug beherbergt eine eigens für diesen Einsatzzweck optimierte Tür, die den Zugang zum Fahrerhaus erleichtern soll. Dabei haben sich die Entwickler an Bustüren orientiert. Die Merkmale sind ein tieferer Einstieg auf der Beifahrerseite und ein größeres Fenster zur Verbesserung der Sicht und den Komfort für Fahrer und Beifahrer.
In Kombination mit dem Aufbau von Terberg HS soll der Renault-Lkw das „leiseste in Serienproduktion gefertigten Müllsammelfahrzeug“ sein. Stadtlärm könne für alle Beteiligten belastend sein, kommentiert Frederic Ruesche, Geschäftsführer von Renault Trucks Deutschland. „Deswegen freut es mich, dass wir das Projekt des vollelektrischen Müllsammelfahrzeugs gemeinsam mit Terberg HS umsetzen konnten.“ Die im Demonstrationsfahrzeug zu sehende Low Entry Cab ist eine 2,3 Meter breite Kabine, die im Gegensatz zum Standard-Fahrerhaus um 60 Zentimeter nach vorne versetzt und um 20 Zentimeter abgesenkt ist. Dadurch soll das Fahrzeug bessere Arbeitsbedingungen bieten. Die Bustür ist als weiteres Feature in dieser Richtung gedacht. „Der Renault Trucks E-Tech D Wide LEC mit Bustür eignet sich durch individuelle Aufbauten nicht nur für die Müllentsorgung, sondern für alle Einsätze im konventionellen Verteilerverkehr“, betont Ruesche.
Die Schweizer E-Mobilitätsschmiede Designwerk ist in München mit ihren eMobility-Produkten bei ihrem Vertriebspartner Faun präsent. Im Fokus des Designwerk-Messeauftritts stehen ein vollelektrisches Kanalreinigungsfahrzeug (MID CAB Sewer Cleaner 6x2R), zwei E-Abfallsammelfahrzeuge (LOW CAB Collect und MID CAB Collect) sowie eine Batterie-betriebene Kehrmaschine (MID CAB Sweeper). Diese Auswahl zeigt: Die Schweizer fühlen sich vor allem im Bereich der elektrischen Spezialfahrzeuge wohl und geben an, die Fahrzeuge nochmals den jeweiligen Kundenanforderungen anpassen zu können. “In der Regel nutzen wir als Basismodul Batteriegrößen von 125 bis 250 Kilowattstunden, die je nach gewünschter Dimension und Anwendungsfall montiert und angesteuert werden”, präzisiert Fabian Bahlmann, Vertriebsleiter E-Lkw Nordeuropa bei Designwerk. Die Spezialfahrzeuge seien bereits bei zahlreichen Kunden in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den angrenzenden EU-Ländern im täglichen Einsatz.
Auch das Heben von Containern, die Reinigung von Kanälen oder das Einsammeln von Müll erfolgte dank elektrischer Nebenantriebe mit bis zu 125 Kilowatt energieeffizient, CO2-frei und deutlich leiser, betont der Hersteller. Zu seinem Müllfahrzeug auf Basis des Mercedes Econic mit abgesenktem Fahrerhaus präzisiert Designwerk, dass dieses dank seines kurzen Randstands besonders wendig sei und dennoch 450 kWh Batteriekapazität beherberge. Zum Laden verfügt das Modell über zwei On Board-Ladegeräte über die je 44 kW Wechselstrom bezogen werden kann.
Apropos Laden: Erstmals stellt Designwerk der Öffentlichkeit auf der Messe sein mobiles Schnellladegerät des Typs MDC 88-920 vor. Das Unternehmen bezeichnet das Gerät als „Overnight-Charging-Modell, das die nachhaltigen kommunalen Mobilitätslösungen um ein leistungsstarkes und praktisches Aggregat erweitert“. Der MDC 88-920 ermöglicht eine Ladeleistung von 88 Kilowatt bei bis zu 920 Volt Spannung. „Mit dem MDC 88-920 bedienen wir die gesteigerte Nachfrage, Nutzfahrzeuge mit einer Batteriekapazität von mehr als 500 Kilowattstunden über Nacht beziehungsweise in acht bis zehn Stunden zu laden“, erklärt Bahlmann. Ebenfalls in München zu sehen ist der sogenannte “Mega Charger” der Schweizer, ein Megawatt-Lader mit Pufferspeicher aus Second-Life-Batterien.
Die Quantron AG hat auf der IFAT ihren Brennstoffzellen-Transporter in der 4,2-Tonnen-Klasse am Start. Die technischen Eckdaten des QLI FCEV sind mit einer maximalen Motorleistung von 150 kW, einer 45-kW-Brennstoffzelle, 8,2 kg fassenden Wasserstofftanks und 37- kWh-Batteriekapazität bekannt. Interessant ist aber, dass der Hersteller die Messe als Rahmen nutzt, um eine Partnerschaft mit R&B AbfallTechnik zu verkünden. Beide Seiten wollen „zukunftsweisende Lösungen für alternativ angetriebene Abfallsammelfahrzeuge entwickeln und umsetzen“. Der Schwerpunkt der Kooperation soll dabei auf modernen Fahrzeugtechnologien für die Sammlung von Kommunal- und Gewerbeabfällen und auf der Schaffung alternativer Finanzierungs- und Nutzungsmodelle liegen.
daimlertruck.com, renault-trucks.de, press-n-relations.com (Designwerk), quantron.net
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