Schwarz-Rot kündigt neue Förderung für E-Autos an – wie die Branche reagiert
Blickt man in das am Samstag veröffentlichte Sondierungspapier, so heißt es darin zum Thema Automobilbranche: „Wir bekennen uns klar zum Automobilstandort Deutschland und seinen Arbeitsplätzen. Dabei setzen wir auf Technologieoffenheit. Wir wollen uns aktiv dafür einsetzen, Strafzahlungen aufgrund der Flottengrenzwerte abzuwehren. Gleichzeitig wollen wir die E-Mobilität durch einen Kaufanreiz fördern. Bei der Bewältigung der Transformation unterstützen wir auch die Zulieferer.“ In Hinblick auf die Elektromobilität ebenfalls interessant sind geplante Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh beim Strom, indem die Stromsteuer und die Übertragungsnetzentgelte gesenkt werden sollen.
Das Sondierungspapier, das insgesamt elf Seiten lang ist und verschiedenste Themen abbildet, bildet die Grundlage für die nun bevorstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD. Wir zeigen erste Reaktionen auf das Sondierungspapier in Hinblick auf die Elektromobilität.
VDIK fordert optimistische Grundhaltung zu E-Mobilität
Der Verband der International Kraftfahrzeughersteller (VDIK) bezeichnet eine „optimistische öffentliche Grundhaltung aller Meinungsbildner, insbesondere der Politik, zur Elektromobilität“ als „von zentraler Bedeutung für die Vertrauensbildung bei den Kunden“. VDIK-Präsidentin Imelda Labbé sagt: „Das Vertrauen in die Antriebstechnik, die wirtschaftliche Leistbarkeit und die Ladeinfrastruktur entscheiden darüber, ob Verbraucher so schnell wie möglich auf klimaneutrale Antriebe umsteigen können und wollen. Deshalb muss eine neue Bundesregierung endlich langfristige und stabile Rahmenbedingungen für die Elektromobilität schaffen und sich dafür einsetzen, dass sich individuelle Mobilität in Deutschland nicht weiter verteuert. Der VDIK fordert daher schon lange einen zuverlässigen Transformationsplan, den Ausbau der Ladeinfrastruktur, planbare und restwertbeständige Anreize für alle Kundengruppen, einen wettbewerbsfähigen Ladestrompreis sowie Vorteile für E-Auto-Fahrer im Verkehr. Nur so können in Zukunft die europäischen und nationalen Klimaziele bei gleichzeitiger Technologieoffenheit erreicht werden.“
Und weiter heißt es vom VDIK: „Eine Anpassung der Stromsteuer auf EU-Mindestsatz und die Halbierung der Übertragungsnetzentgelte sind daher grundsätzlich ein richtiger Schritt, um die Betriebskosten für Elektrofahrzeuge zu reduzieren. Auch beim Thema Kaufanreize für Elektrofahrzeuge sehen wir aus den Erfahrungen der Vergangenheit, dass es sinnvollere und restwertbeständigere Alternativen zu Barprämien gibt. Möglich wären hier eine Reduzierung der Mehrwertsteuer oder Abschreibungsmöglichkeiten bei der Einkommensteuer. Wichtig ist in jeden Fall, dass es jetzt schnell verlässliche Rahmenbedingungen gibt, damit E-Auto-Käufer wissen, mit welchen Mobilitätskosten sie langfristig planen können,“ so VDIK-Präsidentin Imelda Labbé.
BBM wünscht sich längerfristige Planbarkeit
Axel Schäfer, Geschäftsführer beim Bundesverband Betriebliche Mobilität (BBM), äußert sich wie folgt zur geplanten Förderung der Elektromobilität durch die neue Koalition: „Die geplante Wiedereinführung eines Kaufanreizes für Elektrofahrzeuge sowie die Senkung der Stromsteuer sind grundsätzlich positive Signale für die Elektromobilität in Deutschland. Entscheidend für ein Erstarken der Antriebsart Elektromobilität ist in Unternehmen allerdings, dass eine längerfristige Planbarkeit gegeben ist. Das zurückliegende, politische Hin und Her bei der Frage der Förderung darf sich nicht wiederholen. Dies führt bei Unternehmen, die mit Investitionen in Elektromobilität wegweisend sein können, zu Unsicherheiten und einer Zurückhaltung hinsichtlich Investitionen in Elektromobilität. Die Planbarkeit und stabile Rahmenbedingungen haben auch Auswirkungen auf die Marktwertentwicklung von Fahrzeugen. Ein für Unternehmen sehr relevanter Punkt.
Wir erwarten von der neuen Bundesregierung sicherzustellen, dass kurzfristige Änderungen und unklare Förderperspektiven vermieden werden. Die Schaffung von Unsicherheit führte zuletzt dazu, dass viele Investitionen in E-Fahrzeuge hinausgezögert oder verworfen wurden. Dies widerspricht den Zielen der Verkehrswende und bremst den Hochlauf der Elektromobilität in den Unternehmen.
Der BBM fordert daher:
- Schnelle Entscheidung mit klaren Terminen – das ist das A und O, wenn es darum geht Verzögerungen der Investitionsentscheidungen zu vermeiden.
- Verlässliche Fördermechanismen – Unternehmen brauchen eine klare Perspektive, um ihre Elektrifizierungsstrategien planen zu können. Eine plötzliche Wiedereinführung von Kaufprämien kann zu weiteren Verzögerungen führen, wenn Unternehmen aus taktischen Gründen erst einmal abwarten. Wichtig vor allem: Die Förderung muss unbürokratisch erfolgen. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Ressourcen der verantwortlichen Behörde in ausreichendem Maß vorhanden sind. Die Abwicklung der Förderprogramme war in der Vergangenheit teils ein Trauerspiel.
- Ganzheitliche Anreize – Neben der Förderung von Fahrzeugen müssen auch Investitionen in Ladeinfrastruktur und betriebliche Energiekonzepte in die Betrachtung einbezogen werden. Für Anreize sollte nicht das Prinzip „Gießkanne“ gelten. Kritische Bereiche, z.B. im Bereich Transporter und Nutzfahrzeuge brauchen besondere Förderungen, da diese sonst auf lange Sicht zu schwierig sind, andererseits aber für eine Antriebsartenwende unerlässlich.
- Steuerliche Fairness – Eine Senkung der Stromsteuer ist sinnvoll, sollte aber mit einer generellen Kostenentlastung für gewerbliches Laden kombiniert werden. Hier gibt es nach wie vor erhebliche Kostenunterschiede zwischen privaten und gewerblichen Ladepunkten. Eine schier unüberschaubare Tarifstruktur bei Lade-Angeboten sollte perspektivisch durch die Möglichkeit der „Mitnahme von Stromtarifen“ ergänzt werden. Dies kann z.B. ermöglichen, dass gerade im Transport-/Nutzfahrzeugbereich eine bessere Kostenplanung möglich ist. Dies wiederum liefert der Wirtschaft entscheidende Wettbewerbsvorteile.
Wir stehen als BBM für den Dialog bereit und appellieren an die neue Koalition, die Mobilitätswende mit einer verlässlichen und nachhaltigen Strategie zu begleiten. Unternehmen brauchen keine kurzfristigen Kurswechsel, sondern eine solide Grundlage für langfristige Investitionen“, so Axel Schäfer, Geschäftsführer des BBM.
Agora Verkehrswende will bezahlbare E-Autos für die Breite
Dr. Wiebke Zimmer, Stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende, äußert sich gegenüber electrive folgendermaßen: „Anreize zur Beschaffung von E-Pkw können ein wichtiges Signal für Verbraucherinnen und Verbraucher sein. Dabei sollte die Bundesregierung vor allem auf preiswertere und energieeffizientere Modelle setzen, neben dem Kauf auch Leasing berücksichtigen und nach Einkommen differenzieren. So kann es gelingen, bezahlbare E-Pkw schnell in die Breite zu bringen. In den oberen Preissegmenten sind E-Pkw im Gesamtkostenvergleich schon heute meist günstiger als vergleichbare Verbrenner. Um Kaufzurückhaltung zu vermeiden, sollte die Förderung rückwirkend greifen, spätestens ab Ankündigung des Förderprogramms. Kaufanreize für den Privatwagenmarkt müssen außerdem in eine Gesamtstrategie für Elektromobilität eingebettet sein. Dazu gehören Maßnahmen für Dienstwagen und Unternehmensflotten, Energie- und Ladepreise, Ladeinfrastruktur und steuerliche Regelungen wie die Kfz-Steuer. In Kombination mit den europäischen Flottengrenzwerten kann die Bundesregierung so den Grundstein legen für einen starken Heimatmarkt für Elektroautos. Dieser unterstützt die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Automobilwirtschaft und zahlt auf die Klimaschutzziele ein.“
Passend dazu hat Agora Verkehrswende vor wenigen Tagen zusammen mit Zukunft KlimaSozial die Analyse „Bezahlbare Elektroautos in die Breite bringen“ veröffentlicht.
BDEW für nachhaltige Steueranreize für E-Autos
Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und Mitglied des Präsidiums beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), sagt zur Elektromobilität im Sondierungspapier: „Es ist richtig, dass CDU/CSU und SPD neuen Schwung in den E-Mobilitätsmarkt bringen möchten. Es ist wichtig, dass Deutschland auch in der Elektromobilität ein Leitmarkt ist. Ein starker Heimatmarkt für Elektromobilität ist die beste Standortpolitik! Das Abschwächen des europäischen Flottengrenzwertinstruments benachteiligt diejenigen, die im Sinne des Leitmarktes in E-Mobilität investiert haben. U.a. für die Ladesäulenbetreiber muss Planungssicherheit für ihre Investitionen gewährleistet werden. Daher ist der Absicht der Sondierer, den Fahrzeugabsatz von E-Autos zu unterstützen, richtig.“
Die Reduktion der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß fordert der BDEW schon lange. Und der Verband unterstützt auch einen Zuschuss zu den Übertragungsnetzbetreiberentgelten. Der BDEW fordert für einen starken Elektromobilitätsmarkt:
- Europäisch denken – keine deutschen Sonderregeln, Elektromobilität endet nicht an der Landesgrenze.
- EU CO2-Flottengrenzwerte weiter beibehalten, sie sind aktuell die verlässlichste Rahmensetzung für die Elektromobilität.
- Nachhaltige Steueranreize für E-Fahrzeuge setzen statt teurer Förderprogramme.
- Ladesäulenausbau entbürokratisieren: Flächen öffnen, Genehmigungen entschlacken.
- Staatliche Ladesäulen-Förderung beenden – der Wettbewerb liefert schneller und besser.
ADAC verlangt Bekenntnis zur individuellen Mobilität
Auch der Automobilclub ADAC hat sich bereits zum Sondierungspapier geäußert: „Wir haben nach dem plötzlichen Ende der E-Auto-Förderung erlebt, wie rasant das Vertrauen der Menschen verschwunden ist und sich deswegen auch viele kein E-Auto kaufen wollten. Auch das anhaltende Gezerre um die Zukunft des Deutschlandtickets verstärkt das Unbehagen und beeinträchtigt die individuelle Planbarkeit. Ziele, die nicht durch verlässliches politisches Handeln unterstützt sind, erzeugen keine Akzeptanz für Veränderungen bei Verbrauchern“, sagt ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. Um die Akzeptanz für klimafreundliche Mobilität zu verbessern, wünscht sich der ADAC bessere Rahmenbedingungen. Nach Ansicht des ADAC muss sich die neue Bundesregierung zudem verstärkt auf den Erhalt und den Ausbau der Straßeninfrastruktur konzentrieren. Angesichts der Vielzahl maroder Autobahnen und Autobahnbrücken sowie knapper Haushaltsmittel muss klar priorisiert werden, wo anstehende Arbeiten am dringendsten sind. Die Dringlichkeit erfordere zudem, dass langjährige Planungs- und Genehmigungsphasen der Vergangenheit angehören müssen.
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